Toedlicher Blick
wahr? Das hätt’ ich beinahe vergessen …«
Sandy Hu im Juwelierladen »The Diamond Collective« erzählte ihm, nichts würde zum »kleinen Schwarzen« einer Frau besser passen als eine schwarze Perlenkette samt schwarzen Perlen-Ohrringen in Tränenform, und auf ein solches Set könne sie ihm einen speziellen Polizeirabatt einräumen – vier Raten à 3499,99 Dollar.
»Warum so kompliziert? Warum bieten Sie das Zeug nicht einfach zu vier Raten à dreitausendfünfhundert Dollar an?«
»Weil der Preis bei meiner Kalkulation gerade noch unter der magischen Grenze von vierzehntausend Dollar bleibt.«
»Aha. Und wem soll ich es zum Geschenk machen?«, fragte er.
Hu hob die Schultern. »Keine Ahnung. Aber man sieht einen Knutschfleck wie den da an
Ihrem
Hals, und dann versucht man natürlich, was Teures zu verkaufen …«
Sie hatte nichts Neues über irgendjemanden gehört; den Witz mit dem Äffchen
hatte
sie jedoch schon gehört.
Svege Tanner vom Fitnesscenter »Strength and Beauty« berichtete, übers Wochenende seien fünfundzwanzigtausend Dollar in bar aus einem Appartement gestohlen worden, das Alex Truant, ein Abgeordneter aus einem Nachbarstaat, gemietet hatte. »Wie ich gehört habe, hat Truant eine Freundin in der Stadt, und er ist mit ihr immer wieder durch die Casinos gezogen und hat eine Menge Geld verspielt. Die Sache wuchs ihm über den Kopf, und so ließ er sich von ein paar windigen Anwälten in seinem Heimatstaat bestechen, um im Gegenzug seinen politischen Einfluss für sie geltend zu machen. Die fünfundzwanzigtausend Dollar stammten von diesen Anwälten.«
»Von wem haben Sie das gehört?«, fragte Lucas.
»Von dieser Freundin«, sagte Tanner. »Sie hält sich hier im Studio fit. Hat eine Jahreskarte.«
»Glauben Sie, sie würde auch mit einem von uns reden?«
»Könnte sein. Wenn jemand jetzt gleich zu ihr geht. Truant hat sie schlimm verprügelt, als das Geld verschwunden war. Er meinte, sie hätte es geklaut. Mit dem himmelblauen Veilchen unterm Auge sieht sie im Moment nicht besonders attraktiv aus.«
»Hat sie’s getan? Das Geld geklaut?«
Tanner hob die Schultern. »Ich hab sie gefragt, und sie hat
nein
gesagt. Sie ist der Typ von Frau, die, wenn sie montags fünfundzwanzigtausend Bucks geklaut hätte, dienstags in einem Nerzmantel rumlaufen und in einem feuerroten Mustang rumfahren würde. Wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Also geistig nicht gerade eine große Leuchte.«
»Richtig.«
»Haben Sie Ihre Telefonnummer?«
»Ja, hab ich.«
Ein Winkeladvokat namens Cole hatte sich zur Ruhe gesetzt und war nach Arizona gezogen … Ein altbekannter Drogenabhängiger namens Coin war von einem Wagen überrollt worden, als er mehr oder weniger bewusstlos auf der Staße gelegen hatte. Man hatte ihn ins Zentralkrankenhaus des Hennepin County gebracht, und dort war er jetzt zum ersten Mal wieder clean, seit er in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts an einer Antikriegsdemonstration teilgenommen hatte; was ihm im Übrigen keinen Spaß gemacht hatte … Ein enorm fetter Mann namens Elliot, der einen Metallwarenladen besaß, aber nur wegen seiner Körperfülle weithin bekannt war, war an Prostatakrebs erkrankt und würde daran sterben …»Half Moon Towing«, ein kleines Abschleppunternehmen, war bankrott, und der Besitzer, ein Waffensammler, war gefährlich schlechter Laune und schob der Stadt die Schuld zu, weil sie den Kontrakt mit ihm zum Abschleppen von Falschparkern nicht erneuert hatte …
Fast alles Routine. Ein paar Notizen, ein paar melancholische Gedanken, dass er sich einen neuen Job suchen musste. Wer würde ihm für so viel Spaß auch noch Geld bezahlen?
Lucas ging zurück zu seinem Büro. Marcy, Del, Lane und Rie vom Sittendezernat sowie Swanson und Tom Black vom Morddezernat warteten bereits auf ihn. Am Anfang praktisch jeder Morduntersuchung – bis auf die einfachen, bei denen der Mörder von Anfang an bekannt ist – steht die Auswertung von Papierkram: Einzelheiten vom Tatort oder vom Fundort der Leiche, Anhörungen von Zeugen oder Verhöre von Verdächtigen, Berichte von den verschiedenen Labors und so weiter. Swanson und Black fassten das alles für die anderen zusammen.
»Das Problem ist«, sagte Swanson schließlich, »dass Aronson weder einen Freund noch eine Mitbewohnerin im Appartement hatte, und die beiden Ex-Freunde, die wir aufstöbern konnten, machen nicht den Eindruck, als ob sie als Täter in Frage kämen. Der eine von ihnen ist inzwischen
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