Toedlicher Blick
und fotografierte und machte alles Mögliche sonst, aber man sagte mir, dass sie nichts wirklich gut beherrschte. Sie war einfach nur eine … aus dem Lot geratene arme Seele, die sich nach Größerem sehnte, als ihre Persönlichkeit hergab.«
»Eine wahre Künstlerin«, meinte Lucas.
»Ja, scheint so«, sagte Marshall. »Ich habe in der Sache vom Dunn County aus so viel Druck gemacht, wie ich nur konnte, aber es hat sich nichts ergeben, und es bestand ja die Möglichkeit, dass sie tatsächlich nach L. A. abgehauen war. Oder dass sie bei einer einsamen Wanderung ein Insulin-Problem kriegte und irgendwo im Wald zusammenbrach. Es gibt in der Gegend um New Richmond genug Möglichkeiten, sich zu verirren und für immer und ewig zu verschwinden.«
»Ihr Wagen?«
»War in der Stadt geparkt. Man hat ihn am Tag nach der Durchsuchung des Wohnwagens gefunden.«
»Ich sehe einen Unterschied zwischen Ihren und unseren Ermittlungsergebnissen«, sagte Lucas. »Bei Ihren Fällen stammen die Mädchen alle aus Kleinstädten, bei uns ist das anders. Vielleicht sucht Ihr Mann sich Mädchen aus, die ein wenig naiv sind. Aronson hat jedoch hier in Minneapolis gewohnt, und sie war …«
»Aber in der Zeitung steht, dass sie in einer Kleinstadt aufgewachsen ist. Vielleicht ist das ein Kriterium, das ihn anlockt.«
»Ja, vielleicht …« Lucas legte die Füße für einen Moment auf den Schreibtisch, dachte dann jedoch an eingeklemmte Nerven und nahm sie schnell wieder runter. »Fahren Sie heute noch zurück?«, fragte er.
»Frühestens heute Abend. Mal seh’n. Es hat wie verrückt geschneit, als ich durch Hudson kam. Ich fürchte, man macht die Interstate über den Fluss dicht. Ich würde mir heute Nachmittag gern ansehen, was bei Ihnen so läuft. Ich kenne unseren Teil des Falles auswendig, und vielleicht ergibt sich was, bei dem ich helfen kann.«
»Bleiben Sie hier, so lange Sie wollen. Lassen Sie Marcy den Namen – Tom Lang? – in den Listen, die wir zusammenstellen, überprüfen. Und vielleicht sollten Sie rüber zu unseren Docs gehen und mit ihnen reden, ob an Aronsons Leiche fehlende Fingernägel oder Hautabschürfungen an den Händen festgestellt wurden.«
»Was halten Sie von meiner Liste der vermissten Mädchen?«
»Interessant. Vielleicht macht sich tatsächlich da draußen jemand mit finsteren Absichten an solche Mädchen ran.«
»Das tut immer jemand«, sagte Marshall.
Del kam fünf Minuten nach Marshalls Aufbruch herein und fand einen an die Zimmerdecke starrenden Lucas vor. Del sagte: »Ich habe die beiden Typen von den Werbeagenturen überprüft. Einer von ihnen bezahlt seine Bußgelder für Falschparken nicht. Der andere hat anscheinend noch nie mit einem Polizisten auch nur mal gesprochen, wie der Computer ausweist.«
»Hast du die Namen mit denen in den Listen verglichen?«, fragte Lucas.
»Noch nicht. Marcy war gerade dabei, weiteres Material einzugeben …« Lucas hatte sich auf seinem Stuhl gedreht und während Dels Antwort an ihm vorbei ins Leere gestarrt. »Heh, was ist los?«, fragte Del.
»Was …?«
»Du scheinst gerade einen Geist gesehen zu haben.«
Lucas berichtete ihm von dem Gespräch mit Marshall. »Ich habe einen Blick in die Akte geworfen, die er mir gegeben hat. Sie stinkt, Del.«
»Du meinst, er ist da auf was gestoßen?«
»Ich fürchte, es könnte so sein«, sagte Lucas.
»Hat er irgendwelche Hinweise, bei denen wir ansetzen können?«
Lucas stand auf. »Nein, zunächst noch nicht. Also, lass uns jetzt einen Besuch beim Kinderfreund Morris Ware machen.«
Del nickte. »Dieser Mistkerl. Ich hatte gehofft, er hätte sich an eine der verdammten Küsten abgesetzt, zusammen mit dem Rest der Perverslinge in seinem Umfeld. Wer hat dich auf ihn hingewiesen?«
Lucas zog den Mantel an. »Lori vom Hot Feet Jazz Dance, unten an der …«
»… Lyndale Avenue. Ja. Seltsames Mädchen.«
»Ich war vorgestern bei ihr. Sie hat eine dieser Übungs-Posen eingenommen, bei der man sich an einer Stange festhält, den Kopf auf den Boden aufsetzt und ein Bein hoch über den Kopf streckt. Ich habe fünf Minuten lang mit ihrer Schamgegend geredet.«
»Und die Schamgegend sagte, Morris Ware …«
»… sei mit seiner Kamera zurück im Geschäft und halte Ausschau nach jungem Gemüse.«
»Mich überrascht das nicht«, sagte Del. »Diese Typen kommen nicht von ihrer Perversion los.«
»Hat Ware sich nicht auch mal in der Künstlerszene rumgetrieben, drüben im Walker-Kunstzentrum?«
»Ja, eine
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