Toedlicher Blick
wird. Die Kollegen von der Sitte können uns bestimmt einen anderen Typen nennen, der sich in diesem schmierigen Geschäft auskennt.«
Del nickte. »Okay. Holen wir uns den Durchsuchungsbefehl.« Und einen Moment später fügte er hinzu: »Ich arbeite schon so lange im Straßenmilieu, dass ich manchmal ganz vergesse, dass es auch was anderes gibt, als mit Bösewichtern Deals auszuhandeln. Verstehst du?«
»Sehr gut.«
Sie verbrachten eine Stunde in einem Bio-Restaurant in Roseville, aßen schwarze Bohnen mit Käse, tranken Mineralwasser mit Zitronengeschmack und warteten auf den Anruf. Er kam von einer stellvertretenden Bezirksstaatsanwältin namens Larsen.
»Ich wär gerne mit dabei, habe aber leider einen Gerichtstermin«, sagte sie.
»Nächstes Mal«, tröstete Lucas.
Auf dem Weg zurück zu Ware erzählte Lucas Del, dass Larsen gerne mit dabei gewesen wäre. »Ich frage mich, warum sie das wollte«, sagte Del. »Will sie für irgendeinen Posten kandidieren? Ihr Bild in den Medien sehen?«
»Ich glaube, sie hat ganz einfach Spaß an solchen Aktionen«, sagte Lucas. »Sie hat schon öfter an so was teilgenommen.«
Kurz vor vier traf ein Chevy-Van mit dem Einsatzkommando ein und parkte auf einem Stellplatz zwischen Christmas Ink und Wares Büro; zwei Streifenwagenbesatzungen gingen an der Rückseite des Lagerhauses zur Sicherung des Hinterausgangs in Stellung. Lucas und Del stellten den Wagen am alten Platz ab und gingen wieder zu Christmas Ink. Die Frau, der sie geholfen hatten, telefonierte gerade. Einer der Männer war offensichtlich irgendwo unterwegs, während der andere Mann und die andere Frau an ihren Schreibtischen saßen.
»Da sind Sie schon wieder«, sagte der Mann. Er wirkte nicht besonders glücklich.
»Können Sie irgendwie feststellen, ob bei den Nachbarn jemand da ist?«, fragte Lucas. »Ich meine, ohne dort anzurufen.«
Die Frau sagte ins Telefon: »Ich muss Schluss machen«, legte auf und wandte sich an Lucas: »UPS hat vor zehn Minuten was da drüben abgeliefert, und es war jemand da. Ich hab’s gesehen.«
»Okay«, sagte Lucas. Er holte sein Handy aus der Tasche, rief den Einsatzgruppenleiter im Van an und sagte: »Wenn ihr bereit seid, kann’s losgehen!«
Lucas und Del sowie die Besatzung von Christmas Ink beobachteten vom Fenster aus, wie die Einsatzgruppe aus dem Van sprang. Carolyn Rie, die Kollegin vom Sittendezernat, stürmte in ihrer Lederjacke der Gruppe voraus auf den Eingang zu, dicht gefolgt von einem uniformierten Cop mit einem Vorschlaghammer. Ein weiterer Cop in Uniform sowie ein Computerspezialist kamen hinterher.
Rie drehte den Türknopf, schüttelte den Kopf, trat zur Seite, und der Cop hob den Vorschlaghammer. Als er ihn niedersausen ließ, verließen Lucas und Del gerade die Firma Christmas Ink, und nachdem Wares Tür aufgebrochen war, betraten sie im Gefolge des Teams das Gebäude.
Hinter dem Eingang lag das, was man erwarten konnte: ein Flur. Er war nur rund zweieinhalb Meter breit und entlang der Wand mit vier Stühlen und einem kleinen Schreibtisch samt Telefon möbliert. Eine geschlossene Tür führte nach hinten. Der Cop versuchte erst gar nicht, den Türknopf zu drehen, sondern trat ganz einfach dagegen, und die Tür flog auf.
Der dahinter liegende Raum war groß: eine Lagerhalle, deren Wände zur Dekoration für Fotoaufnahmen mit Papierrollen drapiert waren. Ein rotes Plüschsofa stand an einer Seitenwand, ein Messingbett mit einer Kingsize-Matratze in einer Ecke. Mehrere Lampen glitzerten auf einem Tisch, zwei Bodenlampen dahinter. Fünf Fotoleuchten waren auf Ständern montiert, zwei davon mit Tüchern abgedeckt. Auf einem Nebentisch stand weiteres Beleuchtungsgerät.
Ein kleiner Mann mit beginnender Glatze saß wie erstarrt auf dem Sofa. Er hielt eine Fotokamera von der Größe einer Schuhschachtel in der Hand. Ein anderer Mann, älter, größer, gekleidet in ein weißes Hemd und eine graue Hose, ging mit schnellen Schritten auf einen Schreibtisch mit einer Computeranlage zu. Der Computer-Cop schrie: »Heh, heh!«, und der Mann ging noch schneller, streckte die Hand nach dem Keyboard aus, aber der Computer-Cop riss ihn unsanft zurück.
Der Mann in dem weißen Hemd schrie nun seinerseits den Computer-Cop an:
»Lassen Sie mich los, lassen Sie mich los, hauen Sie ab, das ist unzulässig, das ist illegal, hauen Sie ab!«
Ein anderer Mann, der bisher hinter einem Beleuchtungsgerüst verborgen gewesen war, lief zur Hintertür und riss sie auf. Zwei Cops
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