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Toedlicher Blick

Titel: Toedlicher Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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ins Vorzimmer, holte eins von Marcys Willis- Phantombildern, ging zurück und zeigte es Marshall. »Wir haben also gestern Abend einen alten Freund von Aronson befragt, der unseren Mann vermutlich mal mit ihr gesehen hat, wenn auch nur zufällig und ganz kurz. Und nach seiner Beschreibung könnte er etwa so aussehen.«
    Marshall sah sich das Bild einen Moment an, schaute dann hoch zu Lucas, schüttelte den Kopf. »Genau das Gegenteil von dem Mann, den Laura ihren Mitbewohnerinnen geschildert hat. Das genaue Gegenteil …«
    »Ja, so ist es«, bestätigte Lucas.
    Marshall betrachtete das Bild noch einmal ausführlicher, seufzte dann und sagte: »Vielleicht bin ich ja auf dem falschen Dampfer. Aber in der Akte da stehen ein paar andere Dinge, die vielleicht doch hilfreich sind. Ich habe Nachforschungen über andere Frauen angestellt, die Opfer des Killers geworden sein könnten. Wir hatten nicht viele Einzelheiten, auf die wir uns dabei stützen konnten, und so sind eine ganze Reihe von möglichen Kandidatinnen aufgeführt – Fälle von Frauen, die plötzlich verschwinden, sind ja nicht gerade selten. Aber da war dieses Mädchen hier aus Minnesota, das zwei Jahre nach Lauras Ermordung … ehm … Verschwinden, ebenfalls verschwand: Linda Kyle. Stammte aus Albert Lea und besuchte das Carlton College in Northfield. Sie verschwand jedenfalls eines Tages von der Bildfläche und tauchte nicht wieder auf. Sie war Kunststudentin und hat häufig Kunstgalerien hier in Minneapolis aufgesucht. Sie hat sich ein paarmal mit einem Mann in der Stadt getroffen, aber keine ihrer Freundinnen hat ihn je gesehen. Keine anderen Verdächtigen.«
    »Hmmm«, brummte Lucas. »Keine ihrer Freundinnen hat ihn je gesehen … Sieht nach einem Vorgehensmuster aus. Ich kann mich an den Fall allerdings nicht erinnern.«
    »Das kann ich verstehen – ist schließlich sieben Jahre her, man hat keine Spur von ihr oder einem möglichen Mörder gefunden, und sie stammte ja nicht von hier«, sagte Marshall. »Dann ist da noch dieser andere Fall, geschehen vor drei Jahren in New Richmond, Wisconsin, auf der anderen Seite des St. Croix-Flusses.«
    »Ich kenne die Stadt«, sagte Lucas. Sie lag auf dem Weg zu seiner Ferienhütte.
    »Eine Frau namens Nancy Vanderpost, verheiratet, aber getrennt lebend, zweiundzwanzig Jahre alt, verschwand eines Tages. Tauchte nie wieder auf. Sie hatte davon gesprochen, nach Los Angeles zu gehen und Schauspielunterricht zu nehmen. Auch sie hatte einen Freund in Minneapolis/St. Paul, aber man konnte ihn nicht identifizieren. Sie lebte in einem Wohnwagen, und als man ihn polizeilich duchsuchte, fand man keine Spuren eines Kampfes oder sonst was, nur … abgerissene Fingernägel. Zwei Stück. Ihre Handtasche stand neben dem Sofa, und alle ihre Kleider waren vorhanden, soweit man feststellen konnte. Am wichtigsten aber war, dass man ihren gesamten Insulin-Vorrat fand. Den hätte sie bestimmt nicht zurückgelassen, wenn sie sich einfach irgendwohin abgesetzt hätte.«
    »Die Verbindung, die Sie sehen, sind die Fingernägel und die Kunstszene in Minneapolis/St. Paul?«, vergewisserte sich Lucas. »Und dass niemand den jeweiligen Freund der Frauen je zu Gesicht bekommen hat?«
    Marshall nickte; die Gläser seiner Lennon-Brille reflektierten das Licht, verbargen seine Augen. »Noch eine weitere Sache – wenn auch nur eine Vermutung. Alle Wohnwagen auf diesem Caravan-Gelände stehen dicht nebeneinander. Rund drei Meter Zwischenraum. Da man ihre Handtasche, die ganze Kleidung und den Insulin-Vorrat im Wohnwagen fand, gehe ich davon aus, dass der Killer sie sich dort gegriffen hat …«
    »Wenn sich überhaupt jemand an ihr vergriffen hat.«
    »Ja, sicher. Wenn und wenn …
Wenn
es aber so ist, hat der Killer sie nicht erschossen, hat sie nicht totgeschlagen, gab ihr keine Möglichkeit zu schreien, hat sich nicht laut mit ihr gestritten, hat keine Zechgelage mit ihr veranstaltet, und er hat sie nicht erstochen. Die Spurensicherung hat den Wohnwagen gündlich durchsucht, und man hat keinerlei Blutspuren gefunden. Ich gehe davon aus, dass der Killer sie stranguliert hat. Über diese theoretischen Überlegungen hinaus sind die abgerissenen Fingernägel ein Beweis dafür, dass die Frauen ihre Finger in den Bodenbelag gekrallt haben …«
    »Keine Zeichnungen?«
    »Nur ihre eigenen. Nancy Vanderpost beackerte ein weites künstlerisches Feld: Sie zeichnete und komponierte und tanzte und schauspielerte und dichtete und schrieb Zeitungsartikel

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