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Toedlicher Blick

Titel: Toedlicher Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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spüre es.«
    »In den Knochen?«
    »Das ist nicht sehr witzig.«
    »Okay, wir müssen also herausfinden, von welcher Website im Internet er die Vorlagen für seine Zeichnungen hat. Sehr vage, aber wenn wir sie finden, können wir sie vielleicht zu seinem Computer zurückverfolgen. Wir haben Fotos, die er aufgenommen hat. Wir haben eine Beschreibung von ihm. Wir vergleichen Listen aller Personen, die die – wie nennen wir sie … Opfer? – okay, die die Opfer seiner Zeichnungen gekannt haben. Was haben wir sonst noch?«
    »Ware meint, er könnte Priester sein.«
    »Das macht aber keinen Sinn«, sagte Del. »Ein Priester, der mal Kunststudent war? In Menomonie? Ware bindet uns einen Bären auf – oder wir wissen wirklich nicht, was eigentlich los ist.«
    »Ware ist sich ja selbst nicht sicher, dass der Mann ein Priester war; er hat nur irgendwas gesagt, das Ware zu der Annahme brachte, er
könnte
ein Priester sein.«
    »Das ist nicht sehr hilfreich.« Del häufte Kartoffelbrei auf seinen Löffel und betrachtete ihn nachdenklich. Nach langen Sekunden der Kontemplation sagte er: »Okay. Beantworte mir mal folgende Frage: Die Zeichnungen von einer dieser Frauen wurden ja an der Wand der Fußgängerbrücke über den Fluss aufgehängt, nicht wahr?«
    »Ja. Und?«
    »Warum hat der Kerl es bei ihr anders gemacht als bei den anderen Frauen? Was hat sie ihm angetan, dass er versuchte, sie auf diese Weise in der Öffentlichkeit bloßzustellen? Warum wurde sie anders behandelt?«
    Lucas lehnte sich zurück. »Verdammte Scheiße!«, stieß er aus. »Warum haben wir nicht eher daran gedacht? Da muss tatsächlich was dahinter stecken.«
    »Wir müssen diese Frau intensiv befragen«, sagte Del.
    »Ja. Und wir sollten uns bei der Erzdiözese nach Priestern erkundigen, die früher mal Kunst studiert haben.«
    »In Menomonie …«
    Eine Kellnerin kam mit einer Kaffeekanne vorbei. Sie war eine rundliche Frau mit hoch aufgetürmtem honigblondem Haar. »Gehören Sie zu den Cops, die Harrelsons’ Wald da oben umgraben?«
    Del nickte: »Ja.«
    »Wir hören, Sie hätten einen ganzen Haufen Skelette gefunden.« Sie wartete mit offenem Mund auf die erhoffte Insiderinformation.
    »Wir wissen noch nicht, worauf wir gestoßen sind«, sagte Lucas höflich. »Wir sind immer noch in der Phase des Ausgrabens.«
    »Ein einsamer Ort da oben«, sagte sie. »Manchmal benutzen Teenies ihn, verstehen Sie, als Schmuseplätzchen. Parken unten am Fuß des Hügels und klettern dann mit ’ner Wolldecke den Hang rauf in den Wald. Aber es ist irgendwie gespenstisch da oben …«
    »Ja, wirklich«, sagte Del. »Haben Sie’s auch mal gemacht?«
    »Kann sein«, antwortete sie. »Möchten Sie ’nen Nachschlag von dem Kartoffelbrei? Wir haben noch genug davon.«
    Um sechs rief Lucas vom Hügel aus bei Weather an und sagte ihr, dass er erst sehr spät nach Hause kommen könne. »Du versuchst wohl, deinen Verpflichtungen zu entkommen, wie?«, fragte sie.
    »Du klingst wie verdammter ausgetrockneter Kanada-Balsam«, knurrte er. »Aber vielleicht komme ich hier weg, ehe er
ganz
eintrocknet …«
    Ein halbes Dutzend lichtstarker Lampen erhellte den Hügel. Dazu kamen weniger lichtstarke Leselampen in einem Kommandozelt aus Armeebeständen. Ein Dieselgenerator dröhnte auf dem Feldweg, und in seiner Nähe roch es wie an einer Bushaltestelle.
    Über jedem Grab hatte man ein großes Zelt errichtet, und zunächst wurden drei der sechs Gräber von Zwei-Mann-Teams ausgegraben. Es ging nur langsam voran; man arbeitete nicht mit Schaufeln, sondern mit Maurerkellen. Auf dem Feldweg standen drei Fernsehaufnahmewagen im Regen. Die Aufnahmeteams saßen zwar warm und trocken im Inneren, waren aber nicht glücklich darüber: Sie hätten es in Kauf genommen, nass zu werden, aber die Cops ließen sie nicht an den Ort des Geschehens.
    Lake kam zu Lucas, als es bereits dunkel war. »Wir sind mit der Überprüfung des Plots fertig, jetzt durchsuchen wir die nächsten fünfundzwanzig Meter in jede Richtung. Ich denke jedoch, wir haben alle Gräber identifiziert. Es gibt noch zwei Stellen, die als Gräber in Frage kommen, aber sie sind weit weniger deutlich als die anderen.«
    »Gut so. Sechs sind genug. Wenn es denn sechs sind.«
    Lake sah Lucas ernst an. Wasser tropfte vom Rand seines Hutes. »Ich will Ihnen was sagen, Lucas: Wir werden in jedem dieser sechs Gräber menschliche Knochen finden.«
    Im ersten Grab, in dem der Fingerknochen gefunden worden war, stieß man auch auf das

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