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Toedlicher Blick

Titel: Toedlicher Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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da passiert?«
    Lucas hatte da so eine Ahnung. Er kämpfte sich, gefolgt von Del, den Hang entlang zu dem Grab vor. Als sie ins grelle Licht der Strahler traten, sah Lucas, dass am Boden der Ausschachtung ein Stück rotes Tuch aufglänzte. Terry Marshall legte die Hand auf die Schulter des großen Mannes und stemmte sich hoch. »Es ist Lauras Bluse … Wir glauben, es ist die Bluse, die sie am Tag ihres Verschwindens getragen hat.«
    »Ja, es ist ihre … ihre Bluse«, schluchzte der große Mann. Er drückte beide Hände gegen die Seiten seines Kopfes, als ob er ihn vor dem Bersten bewahren müsse. »Wir haben gehofft … wir haben gehofft …«
    »Das ist Jack Winton, Lauras Vater«, stellte Marshall jetzt vor, ohne sich für seine vorherige Unterlassung zu entschuldigen.
    Lucas war wütend. »Warum zum Teufel haben Sie nicht …«
    »Ich konnte ihn nicht zurückhalten«, sagte Marshall. »Hab’s nicht mal versucht. Er gehört zur Familie.«
    »Ach was«, knurrte Lucas. »Das ist …«
    »Ja, das ist schmerzlich«, fiel ihm Marshall ins Wort. Er klopfte dem großen Mann auf die Schulter. »Komm, Jack. Lass sie ihre Arbeit machen. Komm weg von hier …«
    Zehn Minuten später verließen Lucas und Del den Ort des Grauens. Da man in den ersten drei georteten Gräbern tatsächlich Leichen gefunden hatte, bestanden kaum noch Zweifel, dass es bei den drei anderen ebenso sein würde. Auf der Heimfahrt fragte Del: »Bist du immer noch sauer auf Marshall?«
    »Lässt langsam nach«, sagte Lucas. »Aber die Sache mit Winton war schon ein dicker Hund …«
    »Ja, Marshall hätte ihn nicht ranlassen sollen.«
    »Er gehört zur Familie, und die hält zusammen wie Pech und Schwefel. Marshall konnte nicht nein sagen.«
    »Ja … Ist ein gutes Zeichen, dass du bei so was sauer wirst. Fokussiert den Geist.«
    »Kann sein.« Sie fuhren schweigend ein Stück weiter, hörten dem Brummen der Heizung zu, dann sagte Lucas: »Ich hoffe nur, dass Weather mental mit diesen Scheußlichkeiten zurechtkommt.«
    »Sie weiß, womit du dein Geld verdienst«, sagte Del. »Ich denke, sie hat diese widerliche Sache damals nicht verkraften können, weil sie mitten reingezogen wurde … Sie ist ein prima Kerl. Ich bin froh, dass ihr wieder zusammen seid.«
    Lucas hängte seinen Regenmantel an einen Haken in der Garage und ging ins Haus. Weather war noch wach, las in einem Roman von Barbara Kingsolver. Lucas küsste sie auf die Stirn und sagte: »Ich mache mir eine Suppe.«
    »Ein Mann hat angerufen – McGrady? Er hat mir seine Handynummer gegeben und gesagt, du sollst ihn gleich nach deiner Ankunft anrufen.«
    »Okay.« Lucas holte eine Dose Suppe aus dem Küchenschrank, leerte sie in eine Mikrowellenschale, streifte eine Folie darüber und stellte sie für zwei Minuten in die Mikrowelle. Dann wählte er die von McGrady angegebene Nummer; McGrady meldete sich sofort.
    »Sie erinnern sich an den ersten Schädel, den wir aus der Erde geborgen haben?«
    »Ja.«
    »Wir haben inzwischen das ganze Skelett freigelegt. Erste Erkenntnis: Es ist definitiv das Skelett einer Frau. Zweite Erkenntnis: Wir haben das Zungenbein gefunden; es ist gebrochen, und die Bruchstelle sieht aus, als ob sie zum Zeitpunkt des Todes entstanden sei. Es ist kein nachträglich entstandener Bruch.«
    »Sie ist also stranguliert worden …«
    »Der Pathologe wird es natürlich letztlich beurteilen, aber ich wette darauf.«
    »Prüfen Sie das auch bei den anderen Schädeln, wenn Sie noch welche finden.«
    »Wir haben schon andere gefunden«, sagte McGrady. »Zwei Schädel werden gerade ausgegraben.«
    Lucas holte seine Suppe aus der Mikrowelle, rührte sie um, stellte sie für weitere zwei Minuten zurück in den Herd und rief Rose Marie an, um sie auf dem Laufenden zu halten. Er berichtete auch von der Sache mit Marshall und Winton, und Rose Marie sagte: »Sie sollten diesen Marshall besser im Auge behalten …«
    »Ja, sicher. Aber es ist in gewisser Weise sein Fall. Er hat die entscheidende Akte zusammengestellt.«
    »Scheint aber ein bisschen aufdringlich zu sein, oder? Er kann ja meinetwegen den Fall begleiten, aber halten Sie ihn an der kurzen Leine.«
    Er berichtete Weather von der ganzen Sache, aß seine Suppe dazu. Sie war in die Küche gekommen, hatte einen Stuhl hinter seinen gezogen und die Arme um seinen Hals gelegt. »Du siehst recht … unglücklich aus.«
    »Du hättest den Aufschrei des Mannes hören sollen«, sagte Lucas. »Er klang, als ob … als ob ihn jemand

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