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Toedlicher Blick

Titel: Toedlicher Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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erste Kleidungsstück – eine Polyesterbluse von einer Marke, die einmal bei Wal-Mart angeboten worden war, wie Marshall sagte. McGrady, der neben dem Grab kniete, sah zu Lucas hoch und sagte: »Es ist also kein Siedlerfriedhof.« Sie gingen zurück zum Kommandozelt, und Lucas rief Rose Marie an und berichtete ihr von den Funden. Er hatte das Gespräch gerade beendet, als einer der Ausgrabungs-Cops rief: »Jack, komm her, wir sind auf einen Schädel gestoßen!« Und noch als Lucas und McGrady über den Hang kletterten, ergänzte der Cop: »Und Haare!«
    Sie schauten in das Grab. Der Totenkopf sah fast aus wie eine schmutzig weiße Kaffeetasse. Der Mann, der in dem Loch kniete, deutete mit der Spitze seiner Kelle auf den Schädel und sagte: »Sieht nach blondem Haar aus.«
    McGrady ging in die Hocke, sah sich die Sache näher an, sagte dann: »Okay. Nehmt jetzt nur noch Pinsel und Messer. Seid vorsichtig mit dem Haar.«
    Lucas nickte zustimmend. »Wie lange dauert es noch, bis die drei Gräber ausgehoben sind?«
    »Wir arbeiten bis in die Nacht hinein weiter. Das Fernsehen sitzt uns im Nacken, wir geraten unter Druck … Wenn die drei Gräber nicht zu tief sind, können wir bis Mitternacht mit ihnen fertig sein. Der Rest folgt morgen. Bleiben Sie hier?«
    »Ich warte die Ergebnisse der ersten drei Gräber ab«, antwortete Lucas. »Wir müssen die Leichen so schnell wie möglich identifizieren. Ich habe da einen Verdacht hinsichtlich der Toten, und wir haben Unterlagen von einem Zahnarzt über diese junge Frau verfügbar.«
    »Wenn die Kieferknochen noch intakt sind, kann ich Ihnen morgen früh was dazu sagen«, meinte McGrady.
    Del fuhr in die Stadt und kam mit einer großen Thermoskanne Kaffee zurück. Während Lucas einen Becher trank, sah er einen großen Mann in einem Army-Regenmantel bei Marshall am Hang stehen. Die beiden Männer unterhielten sich eifrig, und der Unbekannte legte während des Gesprächs seinen Arm um Marshalls Schulter. Ein anderer Deputy aus dem Dunn County, dachte Lucas.
    In zweien der drei Gräber tauchten Kleidungsfetzen und Knochen auf. Lucas war von einem Grab zum anderen geklettert, hatte kurz mit Marshall gesprochen und neugierig den großen Mann bei ihm betrachtet, aber Marshall machte keine Anstalten, ihn vorzustellen. Lucas ging zum Kommandozelt, wo Del im Kreis Kaffee trinkender Deputys gerade das große Wort führte.
    »Es gibt zwei große Unterschiede bei den Weinen«, sagte Del.
    »Ja, ja, roten und weißen Wein, und diese Feststellung hat keinen besonders hohen Informationswert«, knurrte einer der Cops.
    »Ich meinte die Unterschiede bei den Verschlüssen«, sagte Del. »Korken und Kappen. Wobei es bei den Kappen eine Unterunterscheidung zwischen Drehkappen und Kronkorken zu beachten gilt.«
    »Du redest schon wieder über Weine?«, fragte Lucas. »Du entwickelst dich noch zu ’nem verdammten Franzosen.«
    »Nein«, widersprach Del. »Ich stinke nicht wie ein Franzmann, weil ich regelmäßig ein Deodorant benutze.«
    »Scheint bei dir aber nicht lange vorzuhalten«, sagte Lucas skeptisch.
    Del wandte sich wieder an die Deputys: »Wie ich vor dieser rohen Unterbrechung gerade darlegte …«
    »Korkverschluss und Kappenverschluss, letzterer unterteilt in Drehverschluss und Kronkorken«, fasste der Deputy zusammen. Er schien echt interessiert zu sein.
    »Richtig. Und nun gibt es im Bereich der Kappenverschlüsse drei verschiedene Wein-Familien: Erstens fruchtiger Geschmack, zweitens prickelnder Geschmack wie bei Kool Aid und drittens sonstige Geschmäcker.«
    »Ich glaube, ich bin da mal an die Familie ›sonstige‹ geraten«, sagte der Deputy. »Ich kam durch Tifton, Georgia, und hatte es eilig. Ich fuhr damals diesen dreiundsechziger Cadillac, rosarot …«
    Del unterbrach: »Wollen wir nun über die Geheimnisse des Weines reden oder über irgendwelche banalen Erlebnisse?«
    »Okay, Klugscheißer, dann erzähl ich halt nicht, was passiert ist …«
    In diesem Moment hallte ein schmerzvoller Aufschrei über den Hang, der Schrei eines Mannes, dem man die Augen aus dem Kopf zu reißen schien. Das Gespräch brach abrupt ab, und die Männer drängten zum offenen Ende des Zeltes; Lucas sah durch die Öffnung des Zeltes über dem dritten Grab, dass Marshall und der große Fremde vor der Ausschachtung auf die Knie gesunken waren. Die beiden Cops im Grab standen reglos da und starrten auf die beiden knienden Männer hinunter.
    »Jesus Christus«, sagte einer der Deputys, »was ist denn

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