Toedlicher Hinterhalt
die Scharfschützin von ihrem Beobachtungsposten im Kirchturm aus. »Mit bloßen Händen. Glauben Sie mir, Sir, wenn ich freie Schussbahn hätte …«
»Kelly«, sagte Charles. »Wo bist du?«
»Sie ist hier«, antwortete David dem alten Mann. »Bei Sam. Das Mikrofon an ihrem Headset ist ausgefallen. Sie hört zwar alles, kann sich aber nicht einschalten.«
Er stieg über den am Boden liegenden SEAL hinweg und versuchte, nicht auf das blutige Handtuch zu schauen, dass Kelly dem Mann auf die Schulter presste. Oh Gott, auf Sam Starrett war geschossen worden. Im Lieferwagen hatte die ganze Situation noch so surreal gewirkt, doch das war kein Spiel. Es war real.
»Raus«, erklang Toms kratzige Stimme über das Headset. »Bring sie verdammt noch mal raus, sofort! «
»Ich werde Sam nicht zurücklassen«, gab Kelly ruhig zurück. »Er hat schon zu viel Blut verloren.«
David wiederholte ihre Worte, während er seinen Laptop und die Webcam in Zimmer 435 trug.
Und da war sie.
Die Bombe.
Sie sah viel echter aus, als die Sprengsätze, die er im Fernsehen und in Kinofilmen gesehen hatte. Sie verfügte über einen Timer, auf dem die verbleibenden Minuten und Sekunden angezeigt wurden. Noch dreizehn Minuten und siebenundvierzig Sekunden. Sechsundvierzig. Fünfundvierzig. Vierundvierzig …
Jazz war schweißgebadet. Er hatte sich den Telefonhörer zwischen Schulter und Kinn geklemmt und begutachtete die ganzen Drähte.
»Gott«, entfuhr es David. »Die haben ja alle dieselbe Farbe. Woher wissen Sie, welcher welcher ist?«
Jazz schaute zu ihm hoch. »Was denn? Dachtest du etwa, der Kaufmann würde sie farblich kennzeichnen, damit wir das Scheißteil leichter entschärfen können?«
»Aber in Filmen …«
Der SEAL warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
Also startete David seinen Laptop. »Ich habe meine Webcam geholt. Sie sagten, WildCard solle die Bombe sehen. Na ja, jetzt kann er das.«
Der vernichtende Blick verschwand.
Kelly betete zu Gott, sie möge Sam nicht retten, nur damit dann die Bombe hochging, und er möge Tom beschützen.
Sie konnte hören, wie Locke vom Kirchturm aus dessen Kampf mit dem Kaufmann beschrieb. »Ich habe keine freie Schussbahn«, wiederholte sie immer wieder. »Sie sind überall. Ich kann das Risiko nicht eingehen.«
»Oh-oh«, machte sie dann. »Wir haben ein Problem. Der Pilot ist aus dem Helikopter gestiegen. Er ist bewaffnet.« Sie klang angespannt. »Ich brauche einen Befehl.«
Doch von Tom kam nichts. Kelly drückte weiter auf die Wunde an Sams Schulter und wusste, dass dies kein gutes Zeichen war.
Mallory rannte in die Mitte der Lobby und kletterte auf einen Tisch, als sie hörte, wie ein Schuss fiel.
Sie nutzte die plötzlich eintretende Stille.
»Entschuldigt mich, reiche Leute, ich brauche eure Aufmerksamkeit! Oben in Zimmer 435 dieses Hotels befindet sich eine Bombe, die in ungefähr zwölf Minuten explodieren wird! Das Geräusch, das Sie da eben gehört haben, war ein Schuss. Jemand muss bitte die Polizei rufen. Und alle anderen, denen ihr Leben lieb ist, sollten sich ihre Brieftaschen schnappen, sich zur Tür begeben und –«
Sie konnte nicht erkennen, wer sie schnappte und von dem Tisch herunterzog. Doch um wen auch immer es sich handelte, ihr gefiel nicht, wie derjenige ihr den Mund zuhielt, ihr einen Arm über die Brust legte und sie dann quer durch die Lobby in einen Fahrstuhl zerrte.
Sie versetzte ihm einen Stoß in die Rippen und biss ihm in die Hand, woraufhin sie losgelassen wurde. Doch die Türen des Aufzugs hatten sich bereits geschlossen, und sie fuhren nach oben.
Als sie sich kampfbereit umdrehte, blickte sie in die Mündung einer sehr gefährlich aussehenden Waffe.
Und sie erkannte das Gesicht des Mannes wieder, der diese in der Hand hielt. Der Kerl war mit auf dem Foto gewesen, das sie vom Kaufmann gemacht hatte. Es handelte sich um jenen Typen, den sie dabei abgelichtet hatte, wie er gerade mit dem Terroristen sprach. Sein Gesicht war hässlich und wutverzerrt. Auf seinem Handrücken befand sich ein kleines Tattoo, das genauso aussah, wie das, das Tom beschrieben hatte – es zeigte ein einzelnes, starrendes, scheißgruseliges Auge.
»Wer zum Teufel bist du?«, fragte er. »Ich sollte dich sofort umlegen!«
Mallory zwang sich, nicht loszuheulen. Stattdessen stand sie kerzengerade da und reckte das Kinn vor, wie es Nightshade tun würde. »Ergib dich, du Arschloch, dann verschone ich dich.«
Tom wurde schwindlig.
Der Kaufmann war kräftig, und
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