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Tödlicher Irrtum

Tödlicher Irrtum

Titel: Tödlicher Irrtum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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tratschen würden.«
    »Das wäre noch nicht das Schlimmste.«
    Sie sah ihn fragend an.
    »Auch die Polizei wird sich wieder für den Fall interessieren.«
    »Die Polizei?« fragte Mary scharf. »Was hat denn die Polizei noch damit zu tun?«
    »Denk doch mal nach, Kind… jetzt zählt dieser Mord wieder zu den ungeklärten Verbrechen«, erläuterte Philip.
    »Was, nachdem sie den armen Clark zu Unrecht verurteilt haben, wollen sie den Fall noch einmal aufnehmen?«
    »Vielleicht wollen sie es nicht, aber es wird Ihnen gar nichts anderes übrig bleiben, als ihre Pflicht zu tun.«
    »Ich bin überzeugt davon, dass du dich irrst, Philip. Die Sache wird zunächst etwas Aufsehen erregen, aber das hält bestimmt nicht lange an.«
    »Und dann leben wir wieder herrlich und in Freuden«, sagte Philip ironisch.
    »Warum nicht?«
    Er schüttelte den Kopf. »So einfach ist das leider nicht. Dein Vater hat Recht. Wir müssen sobald wie möglich eine Zusammenkunft der Familie mit Mr Marshall arrangieren.«
    »Du meinst – im Sonneneck?«
    »Ja.«
    »Oh, das geht nicht!«
    »Warum nicht?«
    »Es wird sich nicht machen lassen. Du bist krank und – «
    »Ich bin nicht krank«, unterbrach Philip sie heftig. »Ich fühle mich sogar ausgesprochen kräftig und wohlauf – ich kann lediglich meine Beine nicht mehr bewegen…«
    »Ich glaube nicht, dass dir ein Besuch im Sonneneck gut tun würde. All diese unerfreulichen Dinge, die da jetzt geklärt werden müssen – «
    »Ich persönlich bin davon nicht weiter betroffen.«
    »Außerdem würde es nicht gut sein, das Haus unbewohnt zu lassen. Es hat hier in der Gegend in letzter Zeit eine Reihe von Einbrüchen gegeben.«
    »Dann engagier eben jemanden, der während unserer Abwesenheit hier schläft.«
    »Das sagst du so – als wär das die einfachste Sache von der Welt.«
    »Die alte Mrs Whatchername kann jeden Tag vorbeikommen und nach dem Rechten sehen. Lass diese Einwände der sorgenden Hausmutter, Polly. In Wirklichkeit willst du eben einfach nicht.«
    »Nein, das stimmt nicht.«
    »Wir müssen ja nicht lange bleiben«, versuchte Philip, ihr das Unternehmen schmackhaft zu machen. »Aber ich finde, wir sollten dabeisein, wenn es um so wichtige Dinge geht. In einem solchen Augenblick muss eine Familie der Welt geschlossen gegenübertreten und zeigen, wo sie steht.«
     
    Calgary aß im Hotel in Drymouth früh zu Abend, dann ging er auf sein Zimmer. Der Besuch im Sonneneck hatte ihn tief erschüttert. Er war auf eine schwere Aufgabe gefasst gewesen, zu deren Ausführung er sich nur mit größter Willenskraft durchgerungen hatte. Aber mit den Schwierigkeiten und Problemen, auf die er gestoßen war, hatte er nicht gerechnet. Er warf sich aufs Bett und zündete sich eine Zigarette an, während ihm die Gedanken durch den Kopf rasten.
    Am klarsten stand ihm Hesters Gesicht vor Augen, und ihre verächtlichen Worte: »Gerechtigkeit… was hat Clark jetzt noch davon?«, klangen ihm noch immer in den Ohren. »Es kommt nicht auf die Schuldigen an – nur auf die Unschuldigen. Begreifen Sie wirklich nicht, was Sie uns angetan haben?«
    Nein, er begriff es nicht.
    Und die anderen? Diese Dänin oder Norwegerin mit dem schottischen Namen Kirsty? Warum war sie so ablehnend, so vorwurfsvoll?
    Auch Leo Jacksons betont reservierte Haltung war merkwürdig. Keine Spur von freudiger Erleichterung. Wäre es nicht die natürliche Reaktion eines Vaters gewesen zu sagen: »Gott sei Dank, mein Sohn war unschuldig!«
    Und seine Sekretärin? Sie hatte sich bemüht, ihm gegenüber freundlich und hilfsbereit zu sein, aber auch ihre Reaktionen waren sonderbar. Er entsann sich, dass sie ihren Arm schützend und tröstend um Jackson legte, als er das Zimmer verließ. Warum wollte sie ihn trösten? Weil sich herausgestellt hatte, dass sein Sohn kein Mörder war? Und sicherlich war sie für ihn mehr als nur eine Sekretärin, daran zweifelte er nicht. Doch warum benahmen sich alle diese Menschen auf eine ihm unverständliche, unerklärliche Weise? Warum?
    Das Telefon auf seinem Nachttisch klingelte. Er nahm den Hörer ab.
    »Hallo?«
    »Dr. Calgary? Ein Herr wünscht Sie zu sprechen.«
    »Mich?«
    Er war sehr erstaunt, denn niemand wusste, dass er die Nacht in Drymouth verbrachte.
    »Wer ist der Herr?«
    »Ein Mr Jackson«, teilte ihm die Telefonistin nach einer kurzen Pause mit.
    »Bitte sagen Sie ihm, dass ich…« Arthur Calgary unterbrach sich. Nein – er würde nicht hinuntergehen, denn da Leo Jackson ihm nach

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