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Tödlicher Mittsommer

Tödlicher Mittsommer

Titel: Tödlicher Mittsommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viveca Sten
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hatten. Wir sind vor zwei Jahren mal zusammen nach Mariehamn gefahren.«
    Thomas machte sich eine kurze Notiz auf seinem Block über Kristers Schwimmkünste. Er beschloss, das Thema zu wechseln.
    »Wie hielt er es mit dem Alkohol? Trank er viel, Ihrer Meinung nach?«
    Kicki Berggren nickte, während sie immer intensiver an ihrem Nagel kaute. Aus den Taschentüchern, die Thomas ihr gegeben hatte, war ein Haufen Papierfetzen geworden. Ein Fetzen nach dem anderen segelte zu Boden und landete neben den Stuhlbeinen. Es sah aus wie ein Häufchen Daunen von einem Vogelküken.
    »Eigentlich hat er ganz schön gesoffen. Er arbeitete ja im Systembolaget, es war also nicht schwer für ihn, sich mitzunehmen, was er wollte. Außerdem hatte er nicht viele Interessen, und Bekannte auch nicht, offen gesagt. Er war gern mit sich allein, wenn er genug zu trinken hatte und es was Gutes im Fernsehen gab.«
    Thomas kratzte sich im Nacken und dachte nach.
    Falls Krister sehr betrunken gewesen war, konnte er durchaus an Deck gegangen sein, um Luft zu schnappen, und ins Wasser gefallen sein. Das passierte viel öfter, als man glaubte, aber die Reedereien wollten solche Vorfälle aus verständlichen Gründen nicht an die große Glocke hängen.
    »Gibt es irgendeinen Grund zu der Annahme, dass er absichtlich ins Meer gesprungen ist? Sich also bewusst das Leben nehmen wollte?«
    Er dachte an die Seilschlinge und musterte Kicki nachdenklich. Die Worte hingen noch in der Luft. Es war keine leichte Frage, abersie musste gestellt werden. Falls ihr Cousin lebensmüde gewesen war, konnte das eine Menge erklären.
    Kicki Berggren öffnete den Mund, als wollte sie etwas sagen, dann überlegte sie es sich anders und sank auf dem Stuhl zusammen. Die Wimperntusche war ihr in die Augenwinkel gelaufen. Sie nahm noch ein Papiertaschentuch aus der Packung und wischte sich die Augen sauber, so gut es ging.
    Thomas sah sie fragend an.
    »Wollten Sie etwas sagen?«
    »Seine Mutter ist im Februar gestorben. Es war ein schwerer Schlag für ihn. Er hat sie nicht oft besucht, als sie im Krankenhaus lag, aber trotzdem hat er es hinterher sehr schwer genommen. Er ist wirklich daran zerbrochen.«
    »So sehr, dass er vielleicht nicht mehr leben wollte?«
    Kicki schlug die Augen nieder.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er von einer Finnlandfähre springen würde. Er hat nie angedeutet, sich umzubringen, auch wenn er fand, dass er viel Pech im Leben hatte. Er war der Meinung, er hätte nie eine richtige Chance gehabt.«
    Ihre Augen füllten sich wieder mit Tränen, und ein weiteres Papiertaschentuch zerkrümelte in ihren Händen.
    Sie tat Thomas leid. Es war offenkundig, dass sie keine Ahnung gehabt hatte, welche Nachricht sie hier erwartete.
    »Es kann ja auch ein reiner Unfall gewesen sein. Ich möchte nur wissen, ob Sie glauben, dass er möglicherweise selbstmordgefährdet war. Es ist überhaupt nicht gesagt, dass er versucht hat, sich umzubringen. Es kann durchaus eine Kombination von Alkohol und unglücklichen Umständen gewesen sein.«
    Thomas beendete das Gespräch damit, dass er Kicki bat, ihn anzurufen, falls ihr noch etwas einfallen sollte. Als sie gegangen war, schrieb er ein Gedächtnisprotokoll über das Gespräch und heftete den Ausdruck in die Akte.
    Als Kicki die Wache verließ, wirbelten ihr die Gedanken im Kopf herum. Mein Gott, wie wütend sie auf Krister gewesen war. Aber sie hatte es einfach nicht fertiggebracht, dem Polizisten zu erklären, warum sie in den letzten Monaten keinen Kontakt gehabt hatten. Sie konnte ihm nichts von dem Streit bei ihrem letzten Treffen erzählen. Sie schämte sich so sehr für ihren Wutausbruch damals, dass sie nicht wusste, wohin mit sich. Wie es aussah, waren ihre harten Worte Kristers letzte Erinnerung an sie. Wie hatte es nur dazu kommen können?
    Sie blieb auf der Straße stehen und holte die Zigarettenschachtel aus der Handtasche. Endlich. Während das Nikotin ihren Körper durchflutete, fragte sie sich, ob es nicht doch einen Zusammenhang gab. Hatte Krister vielleicht beschlossen, ihre Idee in die Tat umzusetzen? Ohne ihr etwas davon zu sagen?
    Aber das war wohl kaum möglich. Nie hätte er gewagt, so eine Sache auf eigene Faust durchzuziehen, schon gar nicht, während sie verreist war. Oder doch?
    Sie schob ihre Gedanken mit einem Schulterzucken beiseite, während sie einen weiteren tiefen Zug aus ihrer ersehnten Zigarette nahm.
    Bestimmt hatte er einen Wochenendtrip nach Helsinki gemacht und zu viel

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