Tödlicher Mittsommer

hatte. Ihm war Krister weder als besonders begabt noch aufgeweckt erschienen, eher als ein unruhiger Geist, der sich vom Leben ungerecht behandelt fühlte. Strindberg bestätigte, dass Krister Berggren den Tod seiner Mutter sehr schwergenommen und hinterher übermäßig getrunken hatte. Die Mutter hatte ebenfalls ihr Leben lang im Systembolaget gearbeitet, aber Kristers Chef war ihr nach eigener Aussage nie begegnet. Sie hatte in der Filiale in Farsta gearbeitet, wie er sich zu erinnern meinte.
    »Ich habe vorige Woche mit Krister Berggrens Chef gesprochen«, berichtete Thomas. »Kristers Arbeitsaufgabe bestand hauptsächlich darin, Lieferungen in ihrem großen Lager außerhalb von Stockholm entgegenzunehmen. Das war keine besonders qualifizierte Beschäftigung, aber mit seinem Betriebsausweis hatte er Zugang zum gesamten Lager.«
    »Ist es denkbar, dass Berggren Wein und Schnaps auf eigene Rechnung verkaufte und es aussehen ließ wie Schwund?«, fragte Margit.
    »Die Frage ist wohl eher, ob man so viel Schnaps aus dem Systembolaget verschwinden lassen kann, dass es den Mord an einem oder mehreren Menschen wert ist, um nicht aufzufliegen«, sagte Thomas und legte die Stirn in Falten.
    Der Alte strich sich übers Kinn und ergriff das Wort.
    »Die Leute begehen Morde aus den seltsamsten Gründen. Und fürwesentlich weniger Geld, als man sich gemeinhin vorstellt. Glaubt bloß nicht, dass man nicht jemanden für ein paar hunderttausend Kronen umbringen könnte. Ich schlage vor, dass wir untersuchen, ob es eine Verbindung zwischen Sandhamn und dem Systembolaget, dem Gaststättenmilieu oder anderen naheliegenden Umfeldern gibt.«
    »Klingt vernünftig«, sagte Margit.
    Der Alte räusperte sich wieder.
    »Wir setzen die Ermittlungen auf Sandhamn fort, sodass wir ein vollständiges Bild von Kicki Berggrens Aufenthalt bekommen, vom Moment ihrer Ankunft bis zum Auffinden ihrer Leiche.«
    Thomas schwieg. Das war genau die Art von Information, auf die die Ermittlungen bereits hinausliefen.
    »Thomas.« Der Alte wandte sich direkt an ihn und unterstrich die Wichtigkeit seiner Anordnung mit einem wedelnden Zeigefinger. »Wir müssen so schnell wie möglich diesen Jonny Almhult ausfindig machen. Ist er zur Fahndung ausgeschrieben?«
    »Ich wollte erst die Besprechung abwarten«, sagte Thomas.
    »Du veranlasst die Fahndung nach Jonny Almhult im Großraum Stockholm. Dann fährst du mit Kalle und Erik zurück nach Sandhamn. Stellt noch mal das gesamte Haus von Almhult auf den Kopf. Vielleicht verbirgt sich da noch irgendwas, das Licht in die ganze Sache bringt.«
    Er kratzte wieder an seinem Mückenstich.
    »Es ist doch wirklich zum Haareraufen, dass so was immer in der Urlaubszeit passiert.«
    Das Lautsprechertelefon rauschte.
    »Willst du, dass ich komme?«, fragte Margit hörbar widerwillig.
    Der Alte schüttelte den Kopf.
    »Ich glaube, erst mal geht es auch so. Thomas scheint die Sache ja ganz gut im Griff zu haben. Und seine Ortskenntnisse werden mit jedem Tag besser.«
    Er gluckste beinahe.
    »Kümmere du dich lieber erst mal um deinen Mann und deine Kinder. Ich sage Bescheid, wenn ich meine Meinung ändere.«
    Er sah wieder zu Thomas.
    »So, dann sind wir wohl fertig. Ach übrigens, hast du schon mit der Staatsanwaltschaft gesprochen? Ich glaube, Öhman hat wohl diesmal das große Los gezogen, oder?«
    Thomas nickte.
    Charlotte Öhman, Anklägerin am Amtsgericht Nacka, sollte die Voruntersuchungen leiten. Er kannte sie nicht näher, aber sie stand in dem Ruf, sachlich und umgänglich zu sein. Sie hatte sich bestimmt auch einen ruhigen Sommer mit überwiegend Büroarbeit erhofft.
    Noch jemand, der umdisponieren musste.
    »Ich treffe mich morgen früh mit ihr. Wir halten sie auf dem Laufenden.«
    Als Thomas das Besprechungszimmer verließ, fiel ihm ein, dass er Kontakt zu Agneta Ahlin aufnehmen musste, Kicki Berggrens Freundin, die sie überredet hatte, mit ihr nach Kos zu fliegen. Er musste herausbekommen, mit wem Kicki dort unten Kontakt gehabt hatte. Vielleicht wusste sie ja auch etwas darüber, wie das Verhältnis zwischen Kicki und Krister gewesen war.
    Möglicherweise konnte Agneta erklären, warum Kicki die Ansichtskarte an Krister geschickt hatte.
    Er erwischte Carina gerade noch auf dem Gang, bevor sie in ihrem Büro verschwand.
    »Könntest du mir helfen, diese Agneta Ahlin ausfindig zu machen, Kicki Berggrens Freundin? Versuch bitte, so schnell wie möglich eine Telefonnummer zu bekommen, und ruf mich dann an. Auch