Tödlicher Schnappschuss
sein, Wut über seine Gier, zu jeder Tag- und
Nachtzeit Geschäfte machen zu wollen. Und er wurde wütend auf
sein Gegenüber.
»Was soll das?«
Die fremde Stimme ging nicht
auf seine Frage ein. »Es ist eine schöne Nacht, findest du
nicht?« Spott klang in der Stimme mit. »Wunderschön und
romantisch.«
»Können wir dann
zum Anlass unseres Treffens kommen?«
»So ungeduldig?«
Die Person lachte leise.
»Ich will wissen, warum
wir hier sind.« Vorberg gewann seine Selbstsicherheit zurück.
»Dann möchte ich
dich auch gar nicht länger auf die Folter spannen. Du bist zu einer
Gefahr geworden.« Wieder folgte leises Lachen. »Es ist mir
auch lieb, wenn wir es schnell hinter uns bringen. Wie gesagt - du bist zu
einer Gefahr geworden, Christian Vorberg.«
»Wer sagt das?«
»Jeder, den man danach
fragt. Aber ich bin nicht jeder, und deshalb werde ich jetzt und hier die
Konsequenzen daraus ziehen.«
Vorberg schaltete einen Gang
zurück. Die Hoffnung, zu später Stunde noch ein lukratives Geschäft
machen zu können, schwand. So aber hatte es ihm der rätselhafte
Anrufer am Abend versprochen. Und da er für ein Geschäft immer
ein offenes Ohr hatte, war Vorberg kurz vor Mitternacht noch einmal
aufgebrochen und hatte sich zur Burg Polle begeben, um hier seinen Geschäftspartner
zu treffen. Offenbar war er auf einen billigen Vorwand hereingefallen,
unter dem man ihn hierher gelockt hatte.
»Wovon redest du?«
Panik kam in ihm auf. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass ihn hier oben
niemand hören würde. Er war seinem Gegenüber ausgeliefert.
Der Wind frischte auf, und die Wolken krochen in östliche Richtung
weiter. Der Mond schimmerte durch das Gebilde und tauchte die Szenerie in
ein unwirkliches, kaltes Licht.
»Fast könnte man
glauben, du hättest Angst.«
Wieder dieser Sarkasmus.
»Unsinn.« Er schüttelte
energisch den Kopf und hoffte, dass seine Schwäche nur ihm auffiel.
Doch als das Licht des Mondes einen metallisch schimmernden Gegenstand in
der Hand seines Gegenübers traf, zuckte er zusammen. Er blickte in
die Mündung einer Waffe und hatte die Hoffnung, dass es sich hier um
einen schlechten Scherz handelte, längst aufgegeben. Mit einem leisen
Klicken wurde die Waffe entsichert, der Zeigefinger seines Gegenübers
krümmte sich um den Abzug.
Seine Augen weiteten sich in
Todesangst. Nein, das hier war kein Spaß, das war bitterer Ernst. Tödlicher
Ernst. »Mach keinen Scheiß!«, gellte seine Stimme durch
die Nacht. Er wich einen Schritt zurück und spürte das kalte
Gestein der Mauer in seinem Rücken.
»Du hast damit
angefangen, Scheiß zu machen, um deinen Wortschatz zu gebrauchen.«
Die Gestalt schälte sich
nun ganz aus dem Schatten des Bergfriedes und trat zwei Schritte näher.
»Du hast es zu weit getrieben und bist zu einer Gefahr geworden - es
gibt keinen Ausweg, das verstehst du doch sicher?« Geheucheltes
Mitgefühl.
»Nichts verstehe ich,
also: Was soll der Quatsch?«
»Ich will nicht mit dir
streiten.«
Vorberg starrte auf die Mündung
der Waffe, sah, wie sich der Zeigefinger anspannte, glaubte in Zeitlupe zu
sehen, wie der Abzug durchgezogen wurde. Dann löste sich der Schuss,
er sah das Mündungsfeuer aufblitzen, spürte fast zeitgleich
einen brennenden Schmerz in der Brust und glaubte von innen heraus zu
explodieren. Es war, als würde sein Körper in Flammen stehen.
Christian Vorbergs Herzschlag setzte aus, ihm wurde schwindelig, und
instinktiv riss er die Hände hoch, zu der Stelle, wo ihn die Kugel
getroffen hatte. Er spürte etwas Warmes,
Klebriges und wusste, dass es sich bei der Flüssigkeit um sein Blut
handelte. Kraftlos taumelte er nach hinten, ruderte mit den Armen und
kippte über die Mauer. Der Schmerz in seiner Schulter war, als er rücklings
gegen die Steine prallte, eine Wohltat gegenüber dem Schmerz, der
sich rasend schnell in seiner Brust ausbreitete. Dann fiel er ins
Bodenlose, sah den Mond und den Fluss weiter unten. Vergeblich versuchte
er, irgendwo Halt zu bekommen, doch er hatte längst verloren und stürzte
in die Tiefe. Den Aufprall spürte er schon nicht mehr. Er würde
kein Foto mehr machen. Nie wieder.
ZWEI
Burg Polle, 8.05 Uhr
Kein Auto nahm ihm den
Parkplatz weg. Nur ein Sportwagen parkte trotz früher Stunde hier.
Ein knallrotes Porsche Cabriolet, nicht älter als ein halbes Jahr.
Oft schon hatte er davon
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