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Tödlicher Staub

Tödlicher Staub

Titel: Tödlicher Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wie hinter einer Milchglasscheibe. Dann wieder das verfluchte Bild: Natalja eng an einen Mann gedrückt, seinen Rücken streichelnd, ein Kuß, der alles vergessen ließ … Sie wird nicht ins Hotel kommen, sie wird sich aus Angst vor mir verkriechen, sie wird Paris verlassen und sich irgendwo verstecken. Sie wird ahnen, warum ich nach Paris gekommen bin, und sie weiß, daß kein Weinen und kein Flehen mehr hilft. Wer einen Sybin verletzt, hat das Recht verloren, zu leben.
    »Wann gehst du zu dieser Madame?«
    »Heute abend, sobald ich mit Ducoux gesprochen habe. Morgen früh kann ich dir sagen, wer vier Kilo Plutonium gekauft hat. Dann hat jeder von uns hundert Millionen Dollar in der Tasche.« Sendlinger bestellte einen neuen Pernod. »Und nicht nur das. Ich werde Aufträge für Sprengköpfe und Raketenzündstoff mitbringen. Wieviel kann ich anbieten?«
    »General Lucknetschow hat mir zwanzig Sprengköpfe versprochen. Von einem Verschrottungsplatz für SS-20-Raketen werden bis Ende des Jahres fünfundzwanzig Treibsätze abgezweigt werden.« Sybin zählte unlustig seine Warenlager zusammen. Er durchschaute Sendlingers Taktik, vom Thema Natalja abzulenken. »In Sewerodwinsk, einem Hafen der Nordmeerflotte, liegen auf der Werft ›Swjesdotschka‹ vierundzwanzig Atom-U-Boote, die nicht abgewrackt werden können, weil die Werft die Stromrechnungen nicht bezahlt hat und man den Strom deshalb abgestellt hat. In allen U-Booten sind die Kernreaktoren noch an Bord. Keiner kümmert sich darum. Sie werden jetzt heimlich ausgebaut und liefern Uran 237 mit einem Anreicherungsgrad von sechzig Prozent. Das ist typisch für Atom-U-Boot-Reaktoren.«
    »Igor! Davon weiß ich ja nichts!« rief Sendlinger. Es klang anklagend, aber Sybin winkte ab.
    »Es ist auch eine Quelle. Die Wachtürme rund um das Werftgelände sind nicht besetzt; früher standen da schwerbewaffnete Soldaten. Der Elektrozaun ist an vielen Stellen aufgeschnitten, denn er kann wegen Strommangel nicht geladen werden.« Sybin gab sich Mühe, sich auf die Informationen zu konzentrieren. »Ich habe aus dem Marinestab erfahren, daß über hundert Atom-U-Boote in russischen Häfen herumliegen und nicht ausgebaut werden können, weil die Wiederaufbereitungsanlage Tscheljabinsk-65 völlig überlastet ist. Die Firma ›Majak‹ arbeitet mit halber Kapazität, weil die Arbeiter seit drei Monaten keinen Lohn mehr bekommen haben. Für uns ist das gut … wer hungert, verkauft alles, was sich verkaufen läßt. Bei Majak liegt in erster Linie Nuklearmaterial. Deshalb hat unser Mann Timski auch über ein Kilo Plutonium heranschaffen können. Dabei hat er einen neuen, sicheren Transportweg gefunden: Jeder männliche Arbeiter in Tscheljabinsk-65 wird mit Detektoren beim Verlassen des Werksgeländes abgetastet … aber nicht die schwangeren Frauen! Was tut der listige Timski? Er steckt jeder Schwangeren ein paar Gramm Plutonium unter den Rock … und draußen ist die Ware! Wie die Ameisen schleppen die Frauen das Plutonium ins Freie. Diesen Trick geben wir jetzt auch an die anderen Atomwerke und Forschungsinstitute weiter. Zehn Weiber mit je zehn Gramm im Kleid, das sind schon hundert Gramm. Auf diese Weise bekommen wir schnell die Menge zusammen, die wir brauchen.«
    »Und haben Hunderte von Mitwisserinnen! Igor, das ist ein gefährlicher Weg, den dieser Timski da entdeckt hat.«
    »Der sicherste! Jede Frau erhält für einen Transport ein Pfund Fleisch oder eine luftgetrocknete Wurst oder einen halben Liter Sonnenblumenöl. So etwas schlägt man nicht aus … zu Hause warten die hungrigen Mäuler. Und wenn eine den Mund aufmachen sollte – warum sollte sie, so patriotisch ist keiner, den man um den Lohn betrügt –, aber gut, eine macht den Mund auf, dann werden die anderen dafür sorgen, daß sie schnell keinen Ton mehr herausbringt. Frauen sind da anders als Männer. Ein Mann kann – idiotisch die meisten – politisch denken … eine Frau denkt an die Kinder und an das Geschrei: ›Mamutschka, ich habe Hunger!‹ So muß man das sehen … dann schläft man ruhiger.«
    »Ich kann das alles anbieten?« fragte Dr. Sendlinger. In diesem Augenblick war ihm Sybin unheimlich. Wo überall hatte er seine Finger hineingesteckt, was und wer stand unter seiner Kontrolle, arbeitete für ihn oder knüpfte Verbindungen?
    »Du kannst alles verkaufen, was aus Militärbeständen stammt.«
    »Das hast du bisher verschwiegen.«
    »Lenin sagte: Glauben ist gut, Kontrolle ist besser. Als ich dich

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