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Tödlicher Staub

Tödlicher Staub

Titel: Tödlicher Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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das ist fast wie ein Wunder!«
    »Vielleicht hat man ihn doch ins Haus gelassen?«
    »Einen Fremden, einen Unbekannten … niemals. Das würde Madame nie zulassen.«
    »Wenn er sich als Nataljas Mann ausgibt? Oder er hat denjenigen, der öffnete, einfach niedergeschlagen und tobt jetzt im Haus herum.«
    »Dann wäre längst die Polizei hier.«
    »Was tun wir also?«
    »Wir fahren zum Hotel zurück. Vielleicht ist Sybin längst zu Hause und hat nur einen Spaziergang gemacht.« Dr. Sendlinger wischte sich über die Stirn, auf der kalter Schweiß perlte. »Was mich beruhigt, ist, daß er nicht da ist. Es hätte auch anders kommen können.«
    Hier irrte Dr. Sendlinger.
    Es hätte nicht schlimmer kommen können.
    Sybin war wenige Minuten nach acht Uhr mit einem Taxi vor der Villa am Bois-de-Boulogne angelangt und bewunderte mit zusammengekniffenen Augen das feudale Gebäude.
    Hier also wohnt sie, dachte er. Natalja, ich werde dir ein Schloß schenken, gegen das diese Villa ein Gesindehaus ist. Ich weiß jetzt, was du brauchst und wie geizig ich war. Du bist eine Kaiserin der Schönheit, und wie eine Kaiserin sollst du auch leben.
    »Warten Sie hier«, sagte er zu dem Chauffeur. Der verstand ihn natürlich nicht, aber als Sybin ihm zweitausend Francs hinhielt und eine Geste macht, hierzubleiben, verstand ihn der Taxifahrer sofort. Die Sprache des Geldes ist international, da gibt es keine Grenzen.
    Kurz vor neun Uhr kam ein Taxi angefahren und hielt vor der Villa. Sybin beugte sich vor. Als er Natalja aus dem Wagen steigen sah, wollte er die Tür aufreißen, aber dann umklammerte seine Hand den Griff.
    Ein Mann stieg hinter Natalja aus, umarmte sie, zog sie an sich und küßte sie ungeniert und lange. Während der Umarmung streichelte sie seinen Rücken und drückte ihren Körper an ihn, und er griff in ihr schwarzes Haar, zerwühlte es und bedeckte ihr Gesicht mit Küssen, von der Stirn über die Wangen, zu den Ohren und dann hinunter bis zur Halsbeuge, und sie bog sich in seinen Armen zurück und krallte ihre Finger in seinen Rücken, als habe die Nacht nicht gereicht, ihre Leidenschaft zu bändigen.
    Sybin starrte durch das Fenster und war blaß geworden. Der Taxifahrer vor ihm schnalzte mit der Zunge und sagte: »Das ist Liebe! Man kann nie genug kriegen. Mademoiselle ist wunderschön.«
    Da er französisch sprach, verstand Sybin ihn nicht, aber der Klang der Stimme sagte ihm genug. Die Worte trafen ihn wie Peitschenhiebe. Es war ihm unmöglich, wegzusehen, wie Natalja nach dieser Kußorgie die Treppen hinauf zur Tür sprang, mit dem Schlüssel aufschloß und dem Mann noch einen Handkuß zuwarf, ehe sie in der Villa verschwand.
    Fulton stieg wieder ins Taxi und zog die Tür hinter sich zu.
    »Hinterher!« sagte Sybin mit kaum wiedererkennbarer Stimme. »Hinterher!« Er zeigte auf den wegfahrenden Wagen und hielt seinem Fahrer noch einmal zweitausend Franc hin. Auch jetzt verstand der Fahrer … viertausend Francs an einem ruhigen Morgen, da fährt man gerne einem Kollegen hinterher.
    Während der Fahrt durch Paris hatte sich Sybin weit in das Polster zurückgelehnt und die Augen geschlossen. Er fühlte keine Wut, keine Mordlust, keinen Vernichtungswillen … Er kam sich nur leer vor, hineingestoßen in eine unendliche Einsamkeit, in einen luftleeren Raum, in dem er schwerelos herumschwebte. Und da war eine Stimme, die rief: Du hast sie verloren! Sie braucht kein Schloß mehr von dir. Nicht einmal eine Hütte … sie ist glücklich auf einem kleinen Fleck dieser Erde … ein Fleck, so groß wie ein Bett. Natalja Petrowna hat ihre Seele entdeckt.
    Sybin verkrampfte die Finger ineinander, so fest und unkontrolliert, daß die Gelenke knackten. Aber er spürte keine Schmerzen. Er sah nur immer wieder das Bild der sich leidenschaftlich Küssenden, diesen angedeuteten Beischlaf in aller Öffentlichkeit, diese Hingabe ohne Zeit und Raum.
    Er schrak hoch, als das Taxi bremste. Der Fahrer drehte sich zu ihm um. »Da sind wir.«
    Sybin drückte das Gesicht gegen die Autoscheibe. Er sah den Mann, der ihm Natalja weggenommen hatte, aus dem Wagen steigen und ein Haus betreten. Auf einem vergilbten Schild stand: Hotel Monique.
    Hier wohnt er also. Hier, in einem kleinen, alten Hotel … nicht in einer Luxusherberge … in einer schäbigen Absteige am Rande des Vergnügungsviertels. Mit einem solchen Mann, mit einem solchen Niemand, mit einem solchen Penner geht sie ins Bett. Ihr könnte die Welt zu Füßen liegen, und sie legt sich

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