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Tödlicher Staub

Tödlicher Staub

Titel: Tödlicher Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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fünfzehntausend Atombetriebe und Forschungsinstitute, in denen über eine Million Wissenschaftler und Facharbeiter beschäftigt waren. Eine geradezu unerschöpfliche Geldquelle, wenn man verstand, sie anzuzapfen.
    In Tscheljabinsk erwartete ihn bereits ein Kontaktmann des ›Konzerns‹. Es war ein ehemaliger KGB-Hauptmann mit Namen Bogdan Leonidowitsch Grimaljuk, der den Geheimdienst verlassen hatte, um in die ›freie Wirtschaft‹ zu wechseln. Auch das, früher undenkbar, war jetzt möglich. Er war Angestellter einer großen Immobilienfirma, die erst vor einem Jahr in Tscheljabinsk gegründet worden war und natürlich dem ›Konzern‹ gehörte, auch wenn amtlich eine Gruppe Privatunternehmer eingetragen war.
    Grimaljuk erschien am Morgen nach Sybins Ankunft zum Frühstück im Hotel und setzte sich an Sybins Tisch. Er bestellte zwei Spiegeleier mit gebratenem Speck und Sauergurken und eingelegten Zwiebeln, tippte mit dem Messer auf die Eier und sagte:
    »Auch die sind verstrahlt. Zwar gering, aber sie sind verstrahlt.«
    »Und du ißt sie trotzdem?« Sybin betrachtete seinen Frühstücksteller. Schinken, Wurst, Käse, Schwarzbrot, Butter, Tee … hier in diesem Gebiet lebte man besser als in Moskau, die Bewohner bekamen besondere Vergünstigungen und Privilegien. Neidvoll nannte man deshalb die von vielen kleinen Seen umgebene Gegend die ›Schokoladen-Stadt‹, aber die meisten der Arbeiter wären gern in andere Städte umgezogen, auch wenn sie als Privilegierte das Doppelte eines russischen Normalbürgers verdienten. Man brauchte sich nur vor das Portal des Hotels 09RF zu stellen, um zu wissen, was keiner aussprach und was auch nie nach draußen dringen würde: Auf einer Tafel über dem Hoteleingang wurde mit elektronischen Leuchtziffern nicht nur die Temperatur angegeben, sondern auch die tägliche radioaktive Strahlung. Das Hotel lag in Ozjorsk, der geheimen Stadt, in der das Kernkraftwerk und Forschungszentrum Majak errichtet worden war.
    »Was soll man machen?« sagte Grimaljuk und stocherte in den Spiegeleiern herum. »Man muß leben, und um zu leben, muß man essen. Es ist doch gleichgültig, was man ißt, alles ist verstrahlt.«
    Sybin schob seinen Frühstücksteller zur Seite. Er war eigentlich ein mutiger und skrupelloser Mensch, aber vor Krankheiten hatte er eine höllische Angst. Man las jetzt viel von neuen Viren und Bakterien, nicht nur von Aids, sondern von teuflischen Mikroben, die irgendwo in den Urwäldern Afrikas und Südamerikas entdeckt wurden und gegen die es noch keine Heilmittel gab. Das erzeugte bei Sybin eine Art Hysterie, jeden Monat ließ er sich von einem ›Konzern-Arzt‹ untersuchen, und wenn es an einer Stelle auf seiner Haut juckte, rannte er voller Panik in eine Klinik, die natürlich auch von dem ›Konzern‹ kontrolliert wurde.
    Grimaljuk lächelte verhalten, als er Sybins Reaktion sah. »Wie lange wollen Sie bleiben, Igor Germanowitsch?« fragte er.
    »So lange, wie es nötig ist.«
    »Das kann eine Woche dauern, aber dann sind Sie verhungert.«
    »Ich werde mir von auswärts Lebensmittel beschaffen.«
    »Die sofort die Strahlung aufnehmen, wenn sie ausgeladen werden. Hier kann man nicht mehr davonlaufen.« Grimaljuk holte ein paar Bogen Papier aus seiner Tasche und entfaltete sie. »Kann ich berichten?«
    »Ja. Fang an.« Sybin legte die Hände übereinander auf den Tisch. Kann man die Strahlenbelastung wieder loswerden? fragte er sich. Natürlich muß man das können, sonst wären alle Atomarbeiter rettungslos verloren. Nur keine Panik, Igor, du wirst es überleben … und vergiß nicht: Wer zum Teufel geht, muß die Hitze der Hölle ertragen können.
    Grimaljuk räusperte sich, bevor er mit seinem Vortrag begann:
    »Zuerst die Allgemeinlage. Das Zentrum der Plutoniumfabrik Majak ist das Städtchen Ozjorsk, das einmal Tscheljabinsk-65 hieß. Es steht auf keiner Landkarte, gehörte zum Geheimnisvollsten, was es in Rußland gab, und war für Personen ohne Passierschein unerreichbar. Und es war völlig undenkbar, daß irgendwelche Informationen nach draußen drangen. Majak ist heute die größte und problematischste Plutoniumfabrik der Welt!«
    »Das weiß ich«, fiel ihm Sybin grob ins Wort. »Sonst wären wir nicht hier.«
    »In Majak sind über vierzehntausend Experten und Arbeiter beschäftigt, die vor allem dafür zuständig sind, den größten Teil der in Rußland anfallenden Brennelemente der Atomkraftwerke von Nowo-Woronesch, Saporoschje, Kalinin, Balachowo und

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