Tödlicher Steilhang
physischen Welt und gingen über zur virtuellen, sie bauten einen Sender ein. Wie dumm von ihnen. Er wusste, wie man Störsender verwendete, sie konnten sich noch so viel Mühe geben, das Ding zu verstecken. Und er würde ihnen ein Schnippchen schlagen. Noch war alles Spielerei, noch war es nicht ernst. Er musste darüber nachdenken, was er tun könnte, damit es nicht real wurde. Sollte er mit Baxter verhandeln? Vielleicht, aber sein Faustpfand durfte er nicht aus der Hand geben, und genau darum ging es Baxter.
Während seine Verfolger beschäftigt waren, gelangte er ungesehen an seine Haustür. Er blieb kurz stehen und lugte durch den Spalt, bevor er sie schloss. Es war Viertel vor elf. Er konnte Edgar Bach auch zu dieser Zeit noch anrufen. Sein ehemaliger Kontaktmann zur hannoverschen Kriminalpolizei war womöglich im Dienst. Sie hatten häufig zusammengearbeitet, selbstverständlich nur informell.
Bach war einer jener Beamten, die eine Privatisierung der Sicherheit und die damit verbundene Abgabe staatlicher Souveränität ähnlich kritisch sahen wie er – und wegen der mangelnden demokratischen Kontrolle darin auch eine Gefahr für die Allgemeinheit erkannten: »Je unsicherer die Situation wird, desto besser für die Sicherheitsfirmen. Sie produzieren den Dreck, den sie anschließend wegfegen, und verdienen daran. Je mehr Dreck, desto mehr Geld. Oder sie verbreiten Angst – und jeder zahlt.«
Seit Georg aus Hannover verschwunden war, hatte er nicht mehr mit Edgar Bach gesprochen. Georg nutzte Mobiltelefon 3, es war für die kritischen Fälle reserviert, die Gespräche von Mobiltelefon 1 landeten sicher direkt bei den Auswertern.
Bach hatte Nachtdienst, es gab nichts zu tun, daher war er über die Abwechslung erfreut, allerdings weniger über das, was Georg berichtete. Bach hatte Ähnliches befürchtet, dennes hatte ein Gespräch mit seinem Vorgesetzten stattgefunden, weil COS ihm als Georgs Kontaktmann auch das Vertrauen entzogen hatte.
»Was hast du angestellt?«
»Nichts – ich habe nur die Schnauze voll. Ich mache bei den Sachen nicht mehr mit. Die Amis unterwandern die europäischen Dienste.«
»Das haben sie schon immer getan. Aber das wird nicht alles sein.« Bach hatte ein feines Gespür.
»Ich habe etwas, das sie wollen.«
»Kriegen sie’s?«
»Niemals, es ist meine Versicherung.«
»Dann pass gut auf dich auf – und auch auf die Mädchen!«
»Ich brauche deine Hilfe.«
»Rat oder Tat?«
»Rat«, sagte Georg kurz angebunden.
Bach war kein Mann vieler Worte. »Ich rufe dich in zwei Stunden an.« Er würde ein sicheres Telefon benutzen.
Das Schnurren seines Telefons riss Georg genau zwei Stunden später aus dem Schlaf, er war sofort hellwach. Georg erzählte vom Tod des Winzers am Steilhang und dass er dessen Bitte nach Aufklärung ausgeschlagen habe, was ihm erhebliche Schuldgefühle bereite. Er kümmere sich jetzt darum und wolle wissen, wonach er die Polizei in Wittlich fragen könne, die mit der Aufklärung betraut gewesen sei. Papier und Stift hatte er zur Hand.
»Um wen geht es? Was ist mit Motiven?«
»Der Tote ist Vorsitzender der Bürgerinitiative gegen den Bau der Hochmoselbrücke, ein Dreihundertsiebzig-Millionen-Euro-Projekt …«
»Ach du Scheiße … sie werden dir garantiert nichts sagen«, meinte Bach, »das Eisen ist heiß, erinnere dich an den Fall von Uwe Barschel, dem Ministerpräsidenten Schleswig-Holsteins: unfähige Ermittler, Fremde am Tatort, keine internationale Zusammenarbeit. Ich stelle mir die Ermittlungenfolgendermaßen vor: Wer hat den Winzer in den Weinberg gelockt und womit? Telefonverbindungen? Er muss auf seinem Weg dorthin beobachtet worden sein, damit der Täter rechtzeitig im Weinberg war, oder es waren mehrere, die miteinander in Verbindung standen. Das Zeitfenster um die Tatzeit muss geklärt werden. Gibt es einen Ansatzpunkt, einen Kandidaten?«
Georg dachte an Manfred. »Möglicherweise, wir sind dran.«
»Wir?«
»Mach weiter«, sagte Georg, er würde Klaus aus der Sache heraushalten.
»Was ist mit der Telefonüberwachung? Wer war zuerst am Tatort, wer fand den Toten? Wer alles war vor den Einsatzkräften dort? Wie fanden diese Leute den Tatort vor? Wo haben sie sich bewegt? Sind Spuren vorhanden? Welche Spuren lassen welche Vermutungen zu? Der Mann könnte sich festgehalten haben. Was ist mit Anhaftungen an Händen oder an der Kleidung – sowohl bei ihm wie auch bei denen, die den Toten entdeckt haben? Gibt es Abwehrspuren? Wurde
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