Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödlicher Steilhang

Tödlicher Steilhang

Titel: Tödlicher Steilhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
Vom Netzwerk:
Friedhofsgesicht, wie er es empfand, das er inzwischen sogar selbst an seinem inneren Zustand erkannte. Er hob den Kopf und versuchte, normal auszusehen. Ihm kam zugute, dass Klaus die Aufmerksamkeit auf sich zog, da er die Teller zusammenräumte, was er sonst wohl nur nach Aufforderung tat. Frau Ludwig bemerkte es freudig.
    »Sie scheinen einen positiven Einfluss auf ihn zu haben, Herr Hellberger.«
    Der Hauptgang war ein schmackhaftes Hühnerfrikassee mit duftigem Basmatireis.
    »Ich zeige Ihnen wirklich gern, wie man es macht«, sagte Frau Ludwig, »mir hat meine Mutter das Kochen beigebracht. Mein Mann lernt es nie.«
    Ein Bild baute sich in Georgs Erinnerung auf und ließ ihn still in sich hineinlächeln, er erinnerte sich daran, wie er selbst als Kind seiner Mutter beim Kochen zugesehen hatte und an den guten Duft des Essens früher bei ihnen zu Hause.
    »Wir werden nach dem Essen den Scheibenfilter setzen, Herr Hellberger.« Klaus’ Worte rissen Georg aus seinen Erinnerungen, »danach machen wir den Rundgang.«
    Georg bemerkte erst jetzt, dass er den zweiten Wein völlig gedankenlos getrunken und weder auf Geschmack noch auf den Duft geachtet hatte, geschweige denn darauf, ob er zum Essen passte. Wäre es ihm aufgefallen, wenn ihn etwas gestört hätte?
    Bischof brummte wieder. »Hoffentlich hast du die Filterplatten diesmal richtig sauber gemacht und nicht so herumgepfuscht wie letztes Mal.«
    Diesmal sprang Frau Ludwig für Klaus in die Bresche. »Lassen Sie den Jungen endlich mal in Ruhe, Herr Bischof, Sie werden ihn noch vergraulen.«
    »Den? Der ist zäher als wir alle.«
    Einen Moment lang glaubte Georg, dass Bischof den Azubi insgeheim bewunderte. Oder neidete er ihm, dass er sich Frechheiten herausnehmen durfte, wie er es selbst in seiner Jugend nie gewagt hätte?
    »Wenn die Platten nicht sauber sind, versaust du uns den Wein, außerdem schließt der Filter nicht. Ich will ja nur, dass alles korrekt abläuft.« Es war klar, dass das Ganze dem Grantler nicht gefiel. »Ich habe noch nie gehört, dass Auszubildende im zweiten Lehrjahr einen Betrieb vorführen. Wenn der Chef hier wäre, hätte er das selbst gemacht – oder ich!«
    »Sie irren, mein Lieber, die Idee dazu stammt von Sauter«, sagte Frau Wackernagel. »Jetzt sind Sie wieder dran.«
    Es war klar, dass Bischof seinen Unmut bei nächster Gelegenheit an Klaus auslassen würde, ohne Zeugen.
    Zum Abschluss des Dreigangmenüs wurde Schokoladenpudding gereicht, sehr schaumig, fast eine Mousse au Chocolat. Die Masse zerging im Munde und war in Sekunden verschlungen, Bischof hatte am kräftigsten hingelangt.
    Frau Ludwig bot ihm das Rezept an. »Ihre Frau kann ihn dann machen. Vielleicht stimmt Sie das Süße gnädig.«
    Nach dem Essen hielt Frau Wackernagel den Jungen am Ärmel fest. »Helmut Menges hat angerufen. Die Brückengegner treffen sich bei ihm in Ürzig auf dem Gut, um zwanzig Uhr.«
    »Danke.« Mehr sagte Klaus nicht dazu. Bei Tisch hatte er geschwiegen und Georg heimlich beobachtet.
    Bischof brauste ein letztes Mal auf. »Keine Ahnung vom Weinbau und spielt sich auf als der … wie ein … Volkstribun.Versteht nichts vom Weinbau und meint zu wissen, dass sich durch den Brückenbau der Wasserhaushalt im Weinberg verändert. Da haben die Protestler noch einen Dummen eingefangen. Wir brauchen die Brücke! Und eines sage ich dir, Klaus«, sein Ton wurde schärfer, »wenn der Scheibenfilter bis heute Abend nicht funktioniert, gehst du nirgendwohin. Wir reparieren das Ding, und wenn es bis Mitternacht dauert. Ich werde morgen abfüllen. Nachmittags holt der Spediteur drei Paletten ab, eintausendachthundert Flaschen, nicht wahr, Frau Wackernagel?«
    »Er ist ein Sozialmuffel«, sagte Frau Ludwig leise, nachdem Bischof und Klaus den Raum verlassen und die Haustür ziemlich laut ins Schloss hatten fallen lassen. »Mit uns legt er sich nicht an, da kriegt er Zunder. Klaus wollte anfangs partout wieder weg, der Chef hat ihn nur unter größten Mühen zum Bleiben bewegen können. Der Junge hat das absolute Händchen für Weinstöcke, er hört sie wachsen, er weiß, was sie brauchen, wo sie stehen wollen, er weiß Sachen, von denen Bischof nicht einmal weiß, dass es sie gibt. Das ist sein Problem. Der Chef vertraut auf Klaus’ Urteil, das ärgert Bischof maßlos. Der hingegen kennt jedes Fass, der hört am Blubbern, wie die Gärung verläuft, und repariert jede Maschine mit verbundenen Augen. Der Chef arbeitet lieber draußen oder

Weitere Kostenlose Bücher