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Tödlicher Steilhang

Tödlicher Steilhang

Titel: Tödlicher Steilhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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geht mehr in die feinherbe Richtung. Er wirkt aber nicht süß, weil die Säure ziemlich kräftig ist.«
    »Ich habe keine Vorstellung vom Geschmack. Kommt es nicht darauf an, was wir essen?« Mit dieser Frage konnte er sich aus der Affäre ziehen und seine Unkenntnis verbergen und Wissen demonstrieren. Auf Dauer würde das jedoch nicht funktionieren.
    »Stimmt«, meinte Frau Wackernagel wohlwollend. »Ich glaube, wir haben noch ein wenig von der Selleriesuppe von gestern übrig. Dazu nehmen wir den Classic, wegen der Sahne in der Suppe, der Classic ist stärker in der Säure. Zu dem Frikassee, das sowieso ein wenig säuerlich ist, nehmen wir dann den anderen, Carola, einverstanden?«
    »Wie immer«, sagte Frau Ludwig und stellte beide Flaschen in einen Flaschenkühler. »Wo bleiben die Männer? Brauchen die ’ne Extraeinladung, wie immer? Bischof kann sich mal wieder nicht von seiner Arbeit trennen.«
    An den Kellermeister des Weingutes sollte Georg sich halten, wie Sauter gemeint hatte. Aber es würde ihm schwerfallen, er mochte den Mann nicht, der im grauen Kittel mit schwerem Schritt durch die Tür trat, die Anwesenden streng musterte und den Gast aus dunklen Augen einer kritischen Prüfung unterzog. Georg hatte den Eindruck, sie nicht bestanden zu haben.
    »Sie sind der angekündigte Privatdetektiv?«, fragte er gedehnt, setzte sich, ohne Georg die Hand zu geben, und griff nach dem Brotkorb.
    Klaus, ein schlaksiger Junge von nicht einmal zwanzig Jahren, der den Kopf etwas schief hielt, damit ihm das lange blonde Haar nicht ins Gesicht fiel, freute sich hingegen überein neues Gesicht am Tisch, ging neugierig auf Georg zu  – der Junge hatte einen festen Händedruck  – und setzte sich links neben ihn, weit weg von seinem Ausbilder.
    Das geschäftliche Lächeln kam automatisch, als Georg dem Kellermeister sachlich erwiderte, dass er zwar eine Ausbildung zum Detektiv, aber nie Gelegenheit gehabt habe, diesen Beruf zu praktizieren. Er sei Geschäftsführer einer Sicherheitsfirma gewesen, er habe sich um die Finanzen der Firma gekümmert, um Verträge, Einsatzpläne und Neueinstellungen, von Haus aus sei er Betriebswirt. Dass man ihm nach dem Verkauf der Firma an die Amerikaner wegen tief greifender Differenzen nach und nach sämtliche Kompetenzen entzogen hatte, musste er dem Mann nicht auf die Nase binden. Der würde bei passender Gelegenheit zur Retourkutsche ansetzen.
    »Von Wein verstehen Sie gar nichts?«
    Als Bischof den tadelnden Blick von Frau Wackernagel bemerkte, der seine Grobheit offensichtlich missfiel, machte er einen Rückzieher: »Das hat der Chef gesagt – woher sollte ich das auch wissen?«
    Das klang auch nicht verbindlicher.
    »Es ist ganz richtig, was Ihr Chef gesagt hat.«
    Georg ließ sich die Verärgerung nicht anmerken. Mit dem Mann würde er es nicht leicht haben.
    Schmallippig und grau im Gesicht, lehnte der Kellermeister sich in seinem Stuhl zurück, den Kopf ein wenig zu hoch, erfreut, jemand gefunden zu haben, dem er sich überlegen fühlte und dem er das auch zeigen konnte. Der kurze Seitenblick zu Frau Wackernagel zeigte Georg allerdings, dass er die beiden Frauen respektierte. Sie würden ihm Kontra geben.
    »Ich weiß lediglich, wie man eine Flasche aufmacht, und wenn ich das nicht wüsste, dann hätten Leute wie … Menschen wie Sie nichts zu tun. Aber zum Lernen bin ich ja hier!«
    Jetzt verdrehte Klaus die Augen. »Na, dann viel Spaß …«
    Bischof hätte sicher lieber vor hundert Jahren gelebt, dannhätte der Kellermeister dem Lehrling ungestraft eine Maulschelle verpassen können.
    »Jetzt wird gegessen, streiten könnt ihr nachher. Unser Bischof ist ein harter Brocken.« Frau Ludwig stellte die Terrine mit der Selleriesuppe auf den Tisch, und alle machten sich schweigend darüber her.
    Ein kurioses Biotop, dachte Georg, löffelte die schmackhafte Suppe in sich hinein und warf einen heimlichen Blick in die Runde. Jeder ist auf den anderen angewiesen, aber Freunde sind sie nicht, höchstens die beiden Frauen, obwohl alle mehr oder weniger am gleichen Strang ziehen sollten. Zumindest schienen sie ehrlich zu sein, jeder auf seine Art. Es würde spannend werden, wie sich die Strukturen veränderten, wenn der Chef abwesend war und keine Richtung vorgab.
    »Schmeckt es Ihnen?«, fragte die Haushälterin. Die Stille beim Essen bedrückte sie offenbar. »Ich hoffe, Sie mögen unsere Küche. Wir bieten keine Menüs wie in den Großstadtrestaurants, die unsere besten Weine

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