Tödlicher Steilhang
geologischen Gutachten hören Sie nichts. Dass der Berg in Bewegung ist, wird verschwiegen. Wir hören aber von Planfeststellungsbeschlüssen, von Gerichtsurteilen und von den festen Überzeugungen der Politiker, dass alles gut wird. Das mit der ›festen Überzeugung‹ stammt übrigens von Josef Goebbels. Und wenn wir uns den Fall des korrupten Büroleitersder CDU-Fraktion vor Augen führen, dann wissen wir, dass uns auch von der Opposition nichts Gutes winkt.«
Nächster Redner war ein Geologe, der über das Gutachten eines Dr. Feuerbach referierte, das die Bürgerinitiative bei seinem Institut in Mainz in Auftrag gegeben hatte. Georg verstand wenig von dem Thema, er hörte auch nicht gut zu, denn die Winzerin vom grünen Tor, wie er sie nannte, war erschienen. Immer wieder wandte sich sein Blick ihr zu, wobei er sich sagte, dass er nach dem Jungen und nicht der Frau Ausschau hielt.
Dann wurde zur Pause geläutet, die Würstchen, Steaks und Gemüsespieße dufteten appetitanregend, und die gerösteten Kartoffeln bekamen ihren Schlag Kräuterquark obendrauf.
Georg drängte sich durch die Menge, in der mittlerweile die Touristen in der Mehrzahl waren, und stellte sich in der Schlange vor dem Getränkeausschank an, wo der Empörung über die Pläne der Regierung lautstark Luft gemacht wurde. Diese Worte verhallen, dachte Georg, es sind Worte, denen keine weiteren Proteste folgen. Hier tummeln sich nicht die Wähler aus Rheinland-Pfalz, die mit dem Stimmzettel über Politikereinkommen entscheiden.
Es war egal, was man wählte, alle Parteien waren für die Brücke. Georg sah, dass Frau Berthold den Geologen sehr herzlich begrüßte, und er wunderte sich, dass es ihn störte, und während er noch darüber nachsann, ob er sich nun ein Glas Wein oder Wasser oder eine Schorle holen sollte, stand Klaus wieder neben ihm – an seiner Seite der Hausherr. Der nahm ihm die Entscheidung ab und drückte ihm ein Glas von seiner Riesling Spätlese aus dem vorletzten Jahr in die Hand. Klaus übernahm die Vorstellung, wie es aussah, hatte er seinen Ärger überwunden.
»Sie haben einen interessanten Beruf, sagte mir dieser junge Mann.« Menges wies auf Klaus. »Sie sind Sicherheitsberater?«
Darauf angesprochen zu werden war Georg unangenehm.
»Da hat er leider etwas falsch verstanden.« Er stellte es richtig und fügte hinzu: »Das gehört inzwischen der Vergangenheit an.«
»Sie kennen sich also in dem Metier aus, in Bezug auf Ermittlungen und alles, was dazugehört?«
Die führen etwas im Schilde, vermutete Georg, besonders Klaus konnte seine Spannung schlecht verbergen. »Mehr theoretisch als praktisch. Ich kann Ihnen mehr über betriebswirtschaftliche Auswertungen und Kalkulationen erzählen und über Personaleinsatz. Da bleibt es nicht aus, dass man von den Dingen, für die man Leute einsetzt, auch etwas mitbekommt.«
»Ich hab’s gesagt«, meinte Klaus triumphierend, was ihm einen tadelnden Blick des Vorsitzenden einbrachte und Georg die Gelegenheit, den angebotenen Wein zu probieren. Er duftete gut, fruchtig, grüner Apfel, wenn man denn unbedingt etwas herausriechen musste; er empfand ihn als üppig und reif, aber längst nicht so elegant wie die von Busch.
»Eine Granate«, sagte ein Mann, der mit einem Glas in der Hand hinzugetreten war, Georg konnte ihn nirgends unterbringen. »Zuerst hat man die Sensation von Süße …«
»Ja. Durchaus, sie ist jedoch leicht«, warf ein anderer Bewunderer des Weins ein, »überhaupt nicht klebrig oder pappig. Fast ein wenig an Karamell erinnernd. Eine Spätlese?«
»Ich finde, man merkt sofort, dass es eine Auslese ist. Könnte fast in die Richtung einer Beerenauslese gehen, da sieht man mal, was dieser Weinberg hervorbringt.«
Georg schnupperte an seinem Glas und konnte die Meinung nicht teilen.
»Die Süße wird direkt von der Frucht aufgefangen, getragen, dahinter steht eine deutliche Dichte, und die Säure lässt ihn jung wirken. Sehr gelungen, sehr harmonisch finde ich diesen Wein. Der stammt vom Ürziger Würzgarten?«
Die Frage war nicht an ihn gerichtet. Der Mann nahm dieFlasche in die Hand. »Nur 7,5 Prozent Alkohol? Das ist ja gar nichts.« Das Erstaunen war echt.
»Der Wein stammt nicht von mir«, erklärte Menges zu Georgs Erleichterung.
»Sagt ja auch keiner«, meinte der Fremde.
»Er kommt vom Weingut Christoffel junior. Es ist eine Kunst, so voll wirkende Weine mit so wenig Alkohol hinzukriegen. Und er ist typisch für den Würzgarten.«
Es würde
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