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Toedlicher Sumpf

Toedlicher Sumpf

Titel: Toedlicher Sumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Castro
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will was klauen? Wie oft bin ich in solchen Läden schon auf Schritt und Tritt verfolgt worden!
    »Ich bin gleich so weit«, sage ich in dem aufgesetzt fröhlichen Ton, den reiche Frauen anschlagen, wenn sie meinen: Verzieh dich .
    Es dauert einen Augenblick, dann höre ich die Absätze davonklappern.
    Als ich um eins bei Marisols Wohnblock vorfahre, steht sie schon draußen auf dem Fußweg und wartet. Zwei Typen, siebzehn vielleicht oder achtzehn, reden auf sie ein. Dunkle, muskulöse Arme, weiße Muskelshirts, weite Jeans, die gerade so noch auf den kleinen Hinterteilen sitzen. Neben ihnen wirkt sie winzig in ihren Shorts und dem rosa T-Shirt, mit den Strohsandalen an den Füßen. Ich lasse mein Fenster herunter.
    »Hey, Marisol«, rufe ich. »Fahrn wir oder was?«
    Wir biegen wieder in den I-10 ein und fahren in Richtung Stadt. Es ist wenig Verkehr, die Sonne scheint. Sprinkleranlagen befeuchten staubige Baustellen.
    »Wer waren denn diese Jungs?«
    »Jungs eben.«
    »Wohnen die da?«
    Sie zuckt die Achseln. »Weiß nicht.«
    »Bisschen alt für dich, oder?«
    Sie verdreht die Augen und wirft sich genervt im Beifahrersitz zurück.
    Ups, das ging daneben. Ich fange einfach noch mal von vorn an. »Und was würdest du heute gern machen?«
    »Weiß nicht.«
    »Ich hab mir was überlegt. Wie wär’s, wenn wir ins Quarter fahren und uns Beignets bestellen? Hast du schon mal welche gegessen?«
    Sie schüttelt den Kopf.
    »Und dann könnte ich dir die Kirche zeigen, wo ich demnächst zu einer Hochzeit eingeladen bin. Die ist da gleich.«
    »Oh«, sagt sie teilnahmslos. »Eine Kirche.«
    »Ach, komm. Das ist nicht einfach nur eine Kirche, es ist eine Kathedrale. Du wirst schon sehen.« Sie sagt nichts dazu, und wir rollen eine Weile schweigend dahin. »He«, rufe ich schließlich, »ich hab was für dich. Kannst du mir mal meine Handtasche geben?«
    Sie reckt sich nach hinten und holt die Tasche nach vorn. Ich stelle sie mit meiner freien Hand zwischen uns und wühle darin herum. Sie schaut hinein und keucht plötzlich auf.
    » Chingado «, sagt sie. »Du hast eine Waffe?«
    Scheiße . »Ach so, ja.« Ich schiele zu ihr hinüber. »Ich habe eine Berechtigung. Nur zur Verteidigung.« Sie mustert mich mit ganz neuem Interesse. Und Respekt. »Aber hier«, sage ich und schwenke die orangefarbene Einwegkamera. »Die hab ich dir mitgebracht.« Sie nimmt sie mir aus der Hand. »Die Woche über fotografierst du alles, was du cool findest, und am Samstag lassen wir die Bilder bei einem Schnellservice entwickeln, und du kannst mir was dazu erzählen.«
    »Hey.« Sie dreht die Kamera hin und her. »Cool«, sagt sie schließlich.
    »Auf die Weise kannst du mir zeigen, was dich so interessiert.«
    Sie starrt schon wieder auf die Waffe.
    Ziemlich lange kreisen wir in meinem Pontiac auf der Suche nach dem unerreichbaren Gral – einer Parklücke im French Quarter an einem sonnigen Samstagnachmittag –, bis ich schließlich aufgebe und die zehn Dollar Gebühr für einen offiziellen Parkplatz zahle. Híjole , dieses Große-Schwester-Ding geht richtig ins Geld. Wir steigen aus, überqueren die Straße und gehen zwischen ganzen Horden von Touristen die Decatur Street hinunter. Von den Ausflugsschiffen klingt Dampforgelmusik herüber.
    »Komm.« Unter der grün-weiß gestreiften Markise des »Café du Monde« bahnen wir uns einen Weg zwischen den dicht beieinander stehenden Tischen hindurch zu einem, der frei ist, und setzen uns. Es ist laut hier und proppenvoll, ein einziges Stimmengewirr und ein Meer von bloßen Schultern.
    Marisol schaut sich neugierig um. »Wieso sind hier so viele Leute? Ist das Essen so toll?«
    »Das weiß ich nicht. Es ist sicher gut, aber ich glaube nicht, dass die Leute deswegen kommen.«
    »Warum dann?«
    »Weil das hier was Besonderes ist. Einmalig. Der Laden ist weltberühmt. Jeder, der nach New Orleans kommt, um sich die Stadt anzuschauen, kommt garantiert auch hierher.«
    »Wie heißt es noch mal?«
    »›Café du Monde‹. Das ist Französisch. Bedeutet so viel wie café del mundo .«
    »Café der Welt.«
    »Ja. Hier ist jeder willkommen.«
    Sie schaut sich um, und tatsächlich, einige blonde, von der Sonne verbrannte Leute unterhalten sich auf Deutsch; zwei Verliebte, die ihre Finger ineinander verhakelt haben, auf Spanisch; und an einem Tisch etwas weiter weg, an dem sechs heftig gestikulierende Leute sitzen, wird eine afrikanische Sprache gesprochen.
    »Cool«, sagt Marisol.
    Die Speisekarte ist unter

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