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Toedlicher Sumpf

Toedlicher Sumpf

Titel: Toedlicher Sumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Castro
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sind Sie das nicht, Mr. Anderson. Es tut mir sehr leid, wenn ich mich missverständlich ausgedrückt habe.« Mein Ton ist honigsüß. »Ich wollte keineswegs sagen, dass Sie mehr tun sollten. Ich dachte lediglich, falls Sie einen karitativen Beitrag leisten, würde ich das gern schreiben, damit meine Leser davon erfahren.«
    »Nun gut.«
    »Entschuldigen Sie bitte.«
    »Natürlich. Keine Ursache.«
    »Gut, dann war’s das, denke ich.« Ich beginne, meine Sachen einzusammeln, lasse das Diktiergerät aber noch an und schiebe es unauffällig in das Fach außen an meiner Handtasche. Wer weiß, was sie noch von sich geben, während sie mich zur Tür bringen? »Es war sehr großzügig von Ihnen beiden, mir so viel Zeit zu opfern, und ich weiß es zu schätzen, dass ich Ihre Sicht auf dieses schwierige Thema kennenlernen konnte.« Wenn ich will, kann ich auch so reden.
    Wir erheben uns, und beide – George und seine Mutter – eskortieren mich aus dem Raum. Ich sehe gerade noch, wie Dahlia hineinschlüpft, um unsere Gläser abzuräumen und jegliche Spur, die wir hinterlassen haben könnten, wegzuwischen und zu -wedeln.
    Langsam bewegen wir uns durch die Flucht luxuriös eingerichteter Räume in Richtung Haustür.
    »Das Haus ist wirklich großartig«, sage ich und sauge die letzte Dosis kühler, geruchsneutraler Luft ein. »Sie waren sicher froh, dass Katrina nicht bis hierher gekommen ist.«
    »Oh, wir hatten durchaus Schäden, meine Liebe«, belehrt Mrs. Anderson mich. »Absolut. Hinten im Garten hatten wir einen schönen asiatischen Birnbaum – der hat gleich mehrere Äste verloren.«
    Ich starre sie sprachlos an. Schließlich schütteln wir einander die Hand, und ich werde sacht nach draußen geschoben, hinaus in das grelle Licht und die stickige Luft.

14
    »Nola! Alles in Ordnung bei dir?«
    Es ist finster. Ich liege im Bett. Uri steht im Gegenlicht in der offenen Zimmertür. Er hat einen Baseballschläger in der Hand.
    »Was ist los, Nola?«
    »Nichts. Ich schlafe.« Meine Stimme ist belegt.
    »Du hast geschrien.«
    »Was? Mir geht’s gut.« Mühsam setze ich mich auf. Ich bin völlig ausgelaugt – so als wäre ich im Schlaf gerannt. »Mir geht’s gut«, sage ich noch einmal deutlicher.
    »Ganz bestimmt?«
    »Bestimmt. Hab wohl schlecht geträumt oder so. Geh ruhig wieder ins Bett.«
    »Mein Gott«, sagt er, »du hast mir eine Scheißangst eingejagt.« Langsam wendet er sich ab. »Ich lasse die Tür offen, nur für den Fall.« Dann dreht er sich noch einmal um. »Bist du wirklich sicher, dass du allein zurechtkommst?«
    »Absolut. Ich schwör’s bei Gott. Alles okay. Geh schlafen.« Ich bin zwar gar nicht ganz bei mir, aber dass Uri gut aussieht in seinen engen Boxershorts – und zwar von allen Seiten –, registriere ich trotzdem.
    Er geht, und ich liege eine Weile wach und versuche mich zu erinnern, was zur Hölle gerade los war, bis der Schlaf mich zurückholt.
    Nachdem ich spät am Samstagmorgen aufgewacht bin, nehme ich meinen Laptop, das Diktiergerät und Kopfhörer mit runter ins »Fair Grinds«. Es nieselt, deshalb schlage ich mein Lager an einem der blanken Holztische im Innern auf. Bailey hat mir für das Stück keinen Termin gesetzt, aber ich möchte es hintermich bringen. Ich will die Geschichte gedruckt sehen, ich will weiterkommen.
    Als ich mich mit meinem Kram und einem riesigen Cappuccino eingerichtet habe, lade ich die jüngsten Interviews herunter, stöpsele die Kopfhörer ein, lege die Finger auf die Tasten und stürze mich in die Arbeit. Gleich beim Tippen formatiere ich alles, was zum Zitat taugen könnte, fett. Als die Interviews aus dem Garden District und dem Neunten Bezirk sowie das mit George Anderson transkribiert sind, habe ich so viele potenzielle Zitate beisammen, dass die Seiten tiefschwarz aussehen.
    Wörter wirbeln in meinem Kopf durcheinander, und ich verspüre plötzlich einen unheimlichen Hunger, also gehe ich zum Tresen und bestelle ein Stück Pralinen-Cheesecake. Ich nehme das süße Teil mit an meinen Tisch und löffele es, während ich noch mal überfliege, was ich geschrieben habe, in mich hinein. Es ist so cremig-weich, dass ich kaum zu kauen brauche.
    Die Torte ist schnell gegessen, aber ich finde noch keine Ruhe. Das Frühstück habe ich weggelassen – also was soll’s? Ich hole mir ein zweites Stück und verzehre es geradezu rituell, indem ich an der Spitze anfange und mich zum knusprigen Rand vorarbeite. Als Erstes kratze ich die braune Pralinenverzierung

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