Tödlicher Vatertag
Man hatte mich weggelockt und gehofft, daß mir einer der Zombies das Leben nehmen würde. Inzwischen hatten die anderen beiden freie Bahn…
***
Am schlimmsten hatte es Silvie getroffen. Sie starrte ihren Mann an und war unfähig, auch nur den kleinsten Finger zu rühren. Dieser Anblick schaffte sie.
Ein Mensch, der auf den Tag genau ein Jahr in der Erde gelegen hatte, kam nun zurück, um das Finale eines mörderischen Vatertags einzuläuten.
Auf seine Weise!
Er ging vor. Jeder Schritt kam den Frauen tastend und überlegend vor, was er aber nicht war, denn ein Zombie konnte nicht so geschmeidig laufen wie ein Mensch.
Dafür war er gefährlicher.
Nach seinem Eintritt waren vielleicht erst fünf Sekunden vergangen. Bisher hatten ihn nur die Frauen entdeckt, das änderte sich, denn die anderen Gäste sahen ihn ebenfalls und sprangen von ihren Stühlen hoch.
Ein älterer Mann streckte so heftig einen Arm aus, daß ein Weinglas umkippte. Die Stimme dröhnte durch den Raum. »Verdammt, wer ist das? Ober, werfen Sie den Kerl raus!«
Ein blonder junger Mann eilte herbei, während die Gäste ihm zuschauten und durcheinandersprachen.
Nur die Frauen begriffen die Gefahr, als sich der Ober zwischen sie und den Zombie schob.
»Nicht, Helmut, nicht!« rief Evelyn Binussek und sprang auf. Der Mann hörte nicht.
Und Jerome Woeber hob mit einer schwerfällig wirkenden Geste seinen Revolver.
Genau in dem Augenblick wollte Helmut ihn an der Schulter packen, zuckte aber zurück, starrte auf die Waffe und hörte den Schuß. Er war das Zeichen zu einer nachfolgenden Stille, die sich lähmend über die Gäste legte.
Der Ober ächzte leise. Er kniete sich hin und preßte die Hände gegen den Körper, während er den Kopf in den Nacken gelegt hatte und Jerome Woeber ungläubig anblickte. Einige sahen, daß Blut aus dem Mund des jungen Mannes lief, der von Jerome Woeber einen Stoß bekam und zwischen leere Stühle kippte, wo er regungslos liegenblieb. Woeber aber ging vor. Er hatte sich längst ein Ziel ausgesucht. Es war der Tisch, an dem auch seine Frau saß. Sein rechter Arm, der auch die Schußwaffe hielt, schwang auf und nieder, aber nie zielte er direkt auf Silvie, möglicherweise wollte er sie auch auf eine andere Art und Weise umbringen.
Silvie Woeber rührte sich nicht. Es war ihr einfach unmöglich, die Gefahr zu begreifen, in der sie schwebte. Sie starrte ihren Mann an, der Mund bewegte sich, wollte Worte aussprechen, doch mehr als ein zischendes Atmen drang nicht daraus hervor.
Brigitte Buchwald erging es ebenfalls nicht anders. Die Augen hinter den Brillengläsern hatten sich geweitet. Beide Hände lagen neben dem Eßgeschirr flach auf der Tischplatte, und ihr Gesicht glich einer Maske aus Talg.
Jerome Woeber, der Untote, störte sich nicht an ihm im Weg stehenden Stühlen oder Tischen. Wenn sie ihn behinderten, riß er sie kurzerhand mit. Dann zerbrach das kostbare Geschirr.
Ihm machte es nichts.
Und er hastete weiter. Nur mehr wenige Schritte trennten ihn von seinem eigentlichen Ziel.
Sein Gesicht war zerschlagen, zerbeult, zum Teil auch blutig. Er hatte, in der Hütte etwas abbekommen, und der rote Saft war auch in seinen Bart gelaufen und zwischen den Haaren getrocknet.
Noch schwang sein Arm auf und nieder. Bis er die richtige Entfernung erreicht hatte.
Dann stach die Waffe vor, und die Mündung zielte wie ein dunkles Auge auf das Gesicht von Silvie Woeber.
Er wollte es zerstören.
Silvie tat nichts, Brigitte auch nicht. Nur Evelyn Binussek behielt in diesem schrecklichen Augenblick die Nerven. Sie hatte genau gesehen, daß der Zombie nicht so fließend und rasch reagierte wie ein Mensch, es blieb ihnen noch eine hauchdünne Chance.
Noch nie im Leben hatte sie nach ihrer Freundin getreten. Das tat sie jetzt.
Unter dem Tisch hob sie das Bein an, und einen Moment später schnellte es vor, während sich Evelyn selbst nach hinten drückte, um eine bessere Position zu erreichen.
Und sie traf genau.
Ihr Fuß hämmerte so kräftig in Silvies Hüfte, daß die Frau vom Stuhl katapultiert wurde und zu Boden schlug. Der Zombie drückte ab.
Er hatte die berühmte Sekunde zu lange gewartet, denn das Geschoß wischte über die fallende Silvie hinweg und schlug in die Wand. Dieser Schuß war das Zeichen!
Bisher hatten die Menschen voller Entsetzen auf ihren Stühlen gehockt und einfach nicht gewagt, sich zu rühren oder etwas zu unternehmen. Das änderte sich blitzartig.
Die Panik kam wie eine Welle.
In das
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