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Toedliches Erbe

Toedliches Erbe

Titel: Toedliches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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die Falle des Bedürfnisses nach Selbstdar-stellung laufen lassen. Er reagierte auf Kates dümmliche Einleitung 132

    nur mit einem Nicken, und sie mußte von vorn anfangen. Sie mied Reeds Blick.
    »Ich war zwei Wochen in Oxford«, sagte sie. »Der größte Teil der Papiere von Dorothy Whitmore liegt im Somerville, dem Ihre Mutter sie ja vermacht hat. Aber die Briefe, die die Whitmore an Cecily Hutchins geschrieben hat, nachdem diese nach Amerika gezogen war, sind natürlich in dem Haus in Maine geblieben. Eigentlich hatte ich erwartet«, fügte sie lahm hinzu, »sie bei den Hutchins-Papieren in Wallingford zu finden.«
    »Ohne Zweifel hat Cecily sie vernichtet«, sagte Max. »Hätten Sie das an ihrer Stelle nicht auch getan?«
    »Nein«, sagte Kate. »Nicht, wenn ich bestimmt hätte, daß der Kram der Nachwelt erhalten bleiben soll. Cecily war viel zu intelligent, um wie Swinburnes Schwester alle harmlosen Briefpassagen drucken zu lassen und den Rest zu verbrennen. Ich glaube, diese Briefe waren da, Max, und mehr noch, ich glaube, Sie wissen das auch. Mehr noch«, sagte sie und versuchte vergeblich, keine Emotion in ihrer Stimme mitschwingen zu lassen, »Sie waren derjenige, der sie vernichtet hat.«
    »Vielleicht hat mich Cecily zum Verwalter ihres literarischen Nachlasses gemacht, damit ich all das vernichte, was ich für vernich-tenswert halte.«
    »Auf dem Weg nach Maine und auch in New York haben Sie aber etwas anderes gesagt. Sie sagten, es ginge Ihnen darum, das Material vor Ausbeutung zu bewahren und – unausgesprochen –
    auch vor Vernichtung. Sie als Literat und Wissenschaftler könnten das besser entscheiden als ihre Kinder.«
    »Das stimmt. Es war dumm von mir, etwas anderes sagen zu wollen. Zudem habe ich als Kunsthistoriker ein profundes Gefühl dafür, wie wichtig es ist, die Dinge zu konservieren. Unterlagen zu vernichten widerspricht allem, woran ich glaube, selbst wenn, wie in diesem Fall, Diskretion walten sollte. Verzeihen Sie, wenn ich nun meinerseits eine Frage stellen muß. Worauf wollen Sie hinaus, Ka-te?«
    »Worauf ich hinaus will?« Kate spürte, daß Max die Gesprächs-führung übernommen hatte und sie sie nur schwer zurückgewinnen würde. Immerhin habe ich noch alles in der Hand, sagte sie sich. Er blufft. Er will herausbekommen, was ich weiß. »Ich unterstelle, daß diese Briefe existiert haben, daß Gerry Marston sie irgendwie entdeckt hat und daß… daß Sie gezwungen waren, sie ihr wieder abzu-133

    nehmen.«
    Max beugte sich über den Tisch, als wolle er auf keinen Fall die Pointe einer Anekdote verpassen.
    »Und was stand in den Briefen, die Miss Geraldine Marston gefunden hat?« fragte er und streckte ihr die offenen Hände fast fle-hentlich entgegen.
    »Ich weiß, was darin stand, Max.«
    »Tatsächlich, Kate? Sagen Sie es mir.«
    »Die Wahrheit über Ihre nicht ganz so feinen Vorfahren«, sagte sie, stand auf und fing an, in der Hütte auf und ab zu gehen. »Die Tatsache, daß Ihr Vater nicht der jüngere Sohn des jüngeren Sohns eines Herzogs war, sondern ein Niemand im Rang eines Unteroffi-ziers, den Dorothy Whitmore während des Krieges in Frankreich getroffen und später in London wiedergesehen hat. Dort hat sie sich in ihn verliebt oder vielleicht auch nur Mitleid mit ihm gehabt. Sie waren das Resultat. In all den Briefen muß es um die Frage gegangen sein, was aus Ihnen werden und was die Whitmore unternehmen sollte. Es könnte sogar noch spätere Briefe geben, in denen es, als die Whitmore wußte, daß sie dem Tod nahe war, darum ging, ob sie Sie in ihrem Testament als ihren Sohn anerkennen sollte. Am Ende hat sie es dann natürlich nicht getan. Sie hatten ja eine Identität und ein Erbe. Sie waren voll und ganz ein Reston, der jüngere Sohn des jüngeren Sohnes eines jüngeren Sohnes.«
    Dann drehte sie sich zu Max um und sah, daß auch Reeds Augen auf ihn gerichtet waren. Max saß schweigend auf seinem Stuhl und schien objektiv über die Wahrscheinlichkeit nachzudenken, daß er ein Mörder sei. Man konnte fast hören, wie sein ausgezeichneter Verstand arbeitete und die Möglichkeiten abwog. Er schlug das eine elegant gekleidete Bein über das andere und nahm eine Zigarette aus dem Etui in seiner Jacke. Umständlich zündete er die Zigarette an und schob Etui und Feuerzeug in die Tasche zurück. »Ich brauche wohl kaum zu fragen, ob ich rauchen darf«, sagte er, »da Reed mir darin vorausgegangen ist. Möchten Sie auch eine Zigarette?« fragte er Kate und griff

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