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Toedliches Erbe

Toedliches Erbe

Titel: Toedliches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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wirklich so in den Briefen steht.«
    »Und was jetzt, Reed?«
    »Da gibt es nur eines, mein Liebling. Vergiß die ganze Geschichte. Wir können überhaupt nichts beweisen. Zweifellos ließe sich durch eindringliche und systematische Zeugenvernehmungen herausbekommen, daß er in Maine war und nicht, wie er behauptet und wir ihm allzu leichtfertig abgenommen haben, in seiner Klasse in New York. Vielleicht fänden wir durch ebenso eindringliches Nach-forschen in Maine auch jemanden, der ihn zur sogenannten Tatzeit dort gesehen hat. Aber vor einer Anklagejury würde das nicht reichen, und schon gar nicht vor Gericht. Es würde also erst gar nicht zu einem Verfahren kommen. Und du würdest ganz nebenbei eine hervorragende Karriere ruinieren.«
    »Ich hatte an Erpressung gedacht«, sagte Kate.
    »Tatsächlich? Es gibt doch keine Moral mehr auf dieser Welt!
    Ich erinnere mich, daß das einmal als das schlimmste Verbrechen galt, als das, moralisch gesehen, allerverwerflichste. Die Detektive in den Krimis lehnten es mit einer eleganten Handbewegung ab, Erpresser zu verfolgen, und meinten nur: ›Soll die Gerechtigkeit ihren Lauf nehmen. Ich mische mich da nicht ein.‹«
    »Nennen wir es eine vertretbare Erpressung.«
    »Nennen wir es lieber ein Verbrechen und vergessen das Ganze.«
    »Wie kann ich das, Reed? Ich weiß, es ist altmodisch und sentimental und überhaupt nicht up to date, von Wiedergutmachung zu reden, von Gerechtigkeit für Gerry Marston oder etwas derartigem.
    Aber ich habe Leo gesagt – wir beide haben das getan –, daß man tun muß, was man tun kann. Ich muß ja niemandem etwas erzählen.
    Man kann auch für sich selbst und insgeheim ehrenhaft bleiben.«
    »Nur wenn man der liebe Gott persönlich ist oder es zu sein glaubt.«
    »Das glaube ich nicht.« Kate sah einem Kardinalvogel zu, der zwischen Bäumen und Gebüsch hin und her flog. Sein leuchtendes Gefieder machte ihn mehr als seine Artgenossen zu einem Geschenk der Natur. Aber er schien sich dessen nicht bewußt und behandelte seine matter gefärbte Gefährtin mit einer Zuvorkommenheit, die 131

    sogar den Maßstäben eines Max gerecht geworden wäre. »Was man anfängt, muß man auch zu Ende führen. Man tut einfach, was man in dem Moment tun muß. Das muß Krishna wohl gemeint haben. Na ja, vielleicht werde ich nicht nur älter, sondern auch schrulliger. Du hast recht, du hast absolut recht. Wir vergessen die ganze Angelegenheit.
    Irgendwie wünschte ich nur, du hättest ihre Leiche gesehen und sie gekannt.«
    »In Ordnung«, sagte Reed und nahm sie in die Arme. »Max hat schon einmal hierhergefunden. Soll er es noch einmal tun. Wir fahren bald in die Stadt und rufen ihn an.«
    Es wurde recht spät, bevor sie losfuhren und mit Max sprachen.
    Ihre Einladung war kurz und knapp und ohne weitere Erklärungen, aber er hatte angenommen. Am Tag darauf kämpfte sich Max, der einzige Besucher, den die Hütte je erlebt hatte, wieder durch das ungemähte Gras. Diesmal blieb er nicht stehen, um nach einem Pfad zu suchen. Er hat begriffen, dachte Kate, und diesmal alle Bedingun-gen akzeptiert.
    Sie saßen am Tisch, denn Kate und Reed waren sich einig, daß dies der beste Platz für ihr Gespräch war. Sie hätten sich auch drau-
    ßen im ungemähten Gras niederlassen können, aber abgesehen davon, daß man sich Max nur schwer im Gras ausgestreckt vorstellen konnte, schien eine etwas formellere, gewissermaßen geschlossene Runde angemessen. Da es nur zwei ordentliche Stühle gab, saßen sich Kate und Max am Tisch gegenüber, während Reed zwischen ihnen auf der Fensterbank balancierte und sich an seiner Pfeife zu schaffen machte. Dadurch hatte seine Anwesenheit etwas Unbe-stimmtes, als könnte er bei Bedarf aus seinem Zustand der Zerstreut-heit auftauchen, hoffte aber, daß das nicht nötig würde.
    »Sie fragen sich wahrscheinlich, warum wir Sie hergebeten haben«, lautete Kates schwache Eröffnung. Sie hoffte, mit diesem zarten Hinweis Max zum Reden zu bringen, dazu, mit allem heraus-zurücken, so daß sie am Ende nur noch zu sagen brauchte: »Also gut, was machen wir jetzt?« und zur Sache kommen konnte. Doch Max war für solch ein Duell ein viel zu erfahrener Gegner. Kate hatte schon vor langer Zeit entdeckt, daß die meisten Menschen, gleich welchen Alters und welcher Position, über sich zu reden anfingen, sowie man ihnen eine Chance dazu bot. Doch Max besaß einen me-thodisch arbeitenden Verstand und Disziplin, und nicht einmal das Alterwerden hatte ihn in

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