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Toedliches Erbe

Toedliches Erbe

Titel: Toedliches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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und den der Miss Marston aus – auch wenn Ihrer gewiß nicht dazu führt, daß Sie in Häuser einbrechen und anderer Leute Briefe lesen – zumindest nicht außerhalb von Bibliotheken.
    Sie rutschte auf dem Felsen aus. Sie trug zwar Hosen, aber ziemlich ungeeignete Schuhe und wußte nicht, wie glatt die Felsen und die Algen waren. Sie rutschte aus, schlug mit dem Kopf auf und fiel mit dem Gesicht nach unten in eine der Mulden. Und selbst da wurde ich nicht zum Mörder. Ich habe versucht, sie hochzuziehen. Aber sie hatte ein ordentliches Gewicht, und ich fand keinen Halt. So ließ ich sie schließlich, wo sie war.«
    »Und beschlossen, mich wie ein dummes Kind dorthin zu locken, damit ich die Leiche fand und identifizierte. Wenn ich etwas nicht ausstehen kann, dann ist es das Gefühl, manipuliert zu werden.«
    »Das ist nicht wahr. Ich habe ganz einfach nur Ihre Gesellschaft für diese Fahrt gesucht. Aber das werden Sie mir niemals glauben.
    Und jetzt kommt wohl alles heraus. Alles über die Briefe.«
    »Nicht, wenn ich sie haben kann«, sagte Kate.
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    »Ich verstehe. Ich soll Ihnen die Waffe in die Hand geben, mit der Sie mich erpressen können, und Sie versprechen mir, sie nicht zu benutzen.«
    »Genau. Meine Vorfahren sind wohl so fein gewesen, daß Sie mir das glauben.«
    »Die Bemerkung habe ich verdient, und ich nehme sie hin. Was haben Sie denn mit den Briefen vor, wenn Sie sie bekommen?«
    »Sie der Sammlung in Wallingford einzuverleiben – versiegelt und mit einem späteren Öffnungsdatum. Niemand wird Ihr schreckliches Geheimnis erfahren, solange dieses Wissen Ihnen schaden könnte.«
    »Und wie vielen Menschen haben Sie die Geschichte schon er-zählt?«
    »Nur zwei Personen. Reed, auf dessen Diskretion Sie sich verlassen können und müssen, und einer Freundin, der ich vertraue und der auch Sie vertrauen müssen.«
    »Ich verstehe. Meinen Bruder Herbert haben Sie also nicht hi-neingezogen?«
    »Nein, Max, da habe ich mich zurückgehalten. Meine Fragen an Herbert strotzten zwar nicht gerade vor Diskretion, aber er hat mit Sicherheit keine Ahnung, wonach ich suchte. Bestimmt hat er alles als ziemlich hitziges amerikanisches Interesse an englischer Kultur-geschichte abgetan. Wahrscheinlich ist er lange genug in Amerika, um zu wissen, daß die meisten Amerikaner mit der größten Selbstverständlichkeit höchst persönliche Fragen stellen.«
    Sie kam zum Tisch zurück und setzte sich wieder. »Wissen Sie, Max, ich bin extra nach London in die Tate Gallery gefahren, um mir das Porträt von Dorothy Whitmore anzuschauen, das ich an jenem Tag in Maine zum erstenmal gesehen hatte. Sie wirkte wie eine Göt-tin, blond und stark und mutig. Anständig, wie Sie.«
    »Aber, aber, meine Liebe! Mein Vater – Reston meine ich – war auch anständig. Die Engländer lieben Fairneß, das wird Ihnen aufgefallen sein.«
    »Wie oft müssen Sie das Porträt gesehen haben, Max, wenn Sie als Junge aus England kamen und Cecily besuchten. Und all die Besuche später. Ist Ihnen nie der Gedanke gekommen, daß Sie stolz sein könnten auf diese Mutter?«
    »Nie. Selbst wenn ich gewußt hätte, daß sie meine Mutter war, was aber nicht der Fall war, denken Sie daran. Erst an dem Tag, als ich diese Briefe zusammen mit Ihrer Miss Marston las, erfuhr ich es.
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    Ich hatte nicht einmal einen Verdacht in der Richtung. Und hätte ich eine Ahnung gehabt, ich hätte sie so nachdrücklich wie möglich aus meinem Kopf verbannt. Wer wünscht sich schon eine Mutter, wie göttlich auch immer, die zugleich Feministin, Freidenkerin, Sozialistin und Pazifistin ist? Lauter Dinge, die ich hasse. Ich bin auch nicht zu bekehren, was Frauen angeht. Ich liebe sie als Damen, als Ehefrauen und Mütter oder, schlimmstenfalls, als exzentrische und nette alte Jungfern. Wenn sie, wie Cecily, Romane schreiben, sollten sie das erst tun, nachdem sie ihre Pflichten als Frau erfüllt haben. Noch besser wäre, sie schrieben überhaupt keine Romane, wie etwa meine Mutter – ich meine die Frau, an die ich als meine Mutter denke. Sie sprach bloß exzellent französisch und hat ihren Mann und ihre Kinder ungeheuer glücklich gemacht.«
    »Es muß ein Schock für Sie gewesen sein«, sagte Kate, die Zeit gewinnen wollte. Sie sah Reed an, aber er merkte offensichtlich nicht, daß sie Hilfe brauchte. Er spielte weiter die Rolle des stummen Zeugen.
    »Kein größerer als der, den ich hier erlebe«, sagte Max. »Also gut, Kate. Sie halten alle Trümpfe in der Hand.

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