Tödliches Experiment: Thriller (German Edition)
einzugeben. Was immer Michael und Katherine und auch Burnleigh erwarten würde, wenn John hier erfolgreich wäre – sie würden die Lorbeeren ernten.
Eine Stunde später kam eine Schwester, um Beruhigungsmittel auszugeben und die Ruheperiode anzukündigen. Sie öffnete eine Phiole mit Thorazin und verabreichte John fünf Kubikzentimeter. Er grinste sie an. „Tun Sie Ihr Schlimmstes, meine Beste.“ Und blinzelte Susan zu, als die Schwester in das andere Zimmer hinüberging.
„Bitte, ich möchte noch ein wenig von unserem Mittelchen zu mir nehmen.“
„Nein, John.“
„Doch! Und zwar sofort.“
Susan sah die Wut in seinen Augen und schluckte ihre Einwände herunter. Ein Streit schadete ihm vielleicht mehr als das Medikament, aber sie beschloss, in Zukunft zu mogeln und ihm immer weniger zu geben, als er verlangte. Er konnte die Computeranzeige auf dem Medikamenteneingang nicht sehen, sie aber schon. Sie verabreichte ihm das Phenmetrazin; dann ließ sie einige Computerprogramme laufen, um John bei seiner Arbeit zu decken. Selbst um nur so zu tun, als arbeite sie, benötigte sie all ihre Kräfte, und als sie zwei Stunden später wegging, war sie deprimiert, ja beinahe verzweifelt.
John bemerkte kaum, dass Susan fort war. Eine seltsame Sache mit diesen Medikamenten, dachte er. Wenn man keinen Körper hatte, um sie zu absorbieren, konnte man buchstäblich spüren, wie sie im Gehirn ihre verschiedenen Funktionen erfüllten: wie sie beruhigten, stimulierten, gegeneinander kämpften – so empfindlich war sein Gehirn geworden. Er spürte, dass das Phenmetrazin zunächst die Oberhand behielt, aber würde es stärker sein als das Thorazin? Bald würde er es wissen.
Er dachte nun an Susan. Er hatte nicht das Herz, ihr seine wirklichen Befürchtungen mitzuteilen, und auch nicht, dass diese Ängste bloß sie betrafen. Wenn er nicht bald handfeste Ergebnisse in der Alternativbereichsentwicklung erzielte, würde er, wie alle EGs, ausbrennen, und Susan würde den Platz auf seiner Konsole einnehmen. War er aber erfolgreich, so würde sie dennoch das gleiche Schicksal ereilen. Sie wusste zu viel, als dass man je das Risiko eingehen würde, sie einfach gehen zu lassen.
Ihre Behauptung, niemand wisse offenbar davon, dass sie den Entsorgungsraum entdeckt habe, beunruhigte ihn. Das musste bedeuten, dass Katherine einen geheimen Plan hatte und diesen wahrscheinlich rasch in die Tat umsetzen würde. Das aber wiederum hieß, dass er seine Anstrengungen verdoppeln musste.
Der Tod gab vor, der Wissenschaft und der Menschheit zu dienen, trug Operateurskleidung und hatte ein Skalpell. Der Tod legte einen behandschuhten Finger auf einen Schalter. Knips – und man war nicht mehr. Man hatte aufgehört zu sein. Das war eigentlich alles. Das oder eine letzte Fahrt zu den anderen, die schon früher in den Entsorgungsraum gebracht worden waren. Du hast keine andere Wahl, dachte John. Dein Schicksal hängt von deinen Kerkermeistern ab.
30
Der Empfangschef des exklusiven Restaurants La Rive Droite nahe der L Street, auf halbem Weg zwischen dem Weißen Haus und dem Du Pont Circle, hatte in der erlesenen Atmosphäre des Hauses bereits so gut wie alle Reichen und Schönen willkommen geheißen und zu den von Kerzenlicht erhellten Tischen geleitet. Mit seinem erfahrenen Auge schätzte er das Paar, das einen Tisch für 20 Uhr 30 reserviert hatte, als Intellektuelle ein, Rechtsanwälte oder Ärzte, dachte er.
Die sehr attraktive Frau trug ein schlichtes Seidenkleid im Stil der zwanziger Jahre und teuren Schmuck: kleine Ohrringe mit einem Brillanten in einem Kreis von Smaragden sowie einen mit Brillanten und Smaragden verzierten Anhänger an dem Collier, das vollkommen zu dem schlanken Hals und dem rotbraunen Haar passte, das sie für den Abend zu einem klassischen französischen Chignon zusammengefasst hatte. Einen ihrer Arme schmückte ein schwerer Goldreif, der in der Farbe zu ihren ungewöhnlichen, bernsteinfarbenen Augen und der leichten Sonnenbräune des perfekt geschminkten Gesichts passte. Während der Empfangschef sie zu ihrem Tisch führte, registrierte er auch den verführerischen Duft ihres sehr teuren Parfums, „Joy“ von Patou. Auf die meisten Männer wirkte sie wohl unwiderstehlich.
Ihr Begleiter, hochgewachsen und athletisch, trug einen maßgeschneiderten grauen Anzug. Er wirkte wohlerzogen und intelligent und seine Augen und seine Miene spiegelten eine freundliche Selbstsicherheit wider, die manchmal an Rücksichtslosigkeit
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