Toedliches Fieber
lackiert.
Nach dem Frühstück stellte er den Teller und den Becher auf den Beistelltisch und stützte sich darauf, um aufzustehen. Das ging nicht ohne Schmerzen ab und ihm wurde schwindelig, doch als er endlich stand, war er sehr zufrieden mit sich. Er machte versuchshalber zwei Schritte, aber eine Welle der Übelkeit warf ihn augenblicklich wieder auf die Bettstatt. Dort blieb er aber nur so lange wie nötig, ehe er tief Luft holte und noch einmal aufstand.
Da er an seine Grenzen gehen musste, wenn er jemals wiederso stark werden wollte wie zuvor, zwang er sich, im Zimmer herumzulaufen. Sobald seine Knie zitterten, lehnte er sich an die kühle blaue Wand; jedes Mal, wenn ihm schwarz vor Augen wurde, hockte er sich auf den Boden, bis es ihm besser ging. Auf diese Weise hatte er bereits drei Runden geschafft und ruhte sich gerade wieder an der Wand aus, als Flavia unversehens eintrat.
Sie schnappte erschrocken nach Luft, doch dann lächelte sie. »Sethos! Welch Wunder, dich aufrecht zu sehen!«
»Wenn die Götter es wollen, falle ich dir bald nicht mehr zur Last!« Er spürte ihren Blick und wollte ein freundliches Lächeln aufsetzen, doch sein Mund spielte nicht mit.
»Sethos«, flüsterte Flavia und kam sehr nah heran. Dann legte sie einen Finger auf sein Kinn. »Wie schön, das Feuer des Gladiators brennt wieder in deiner Brust.«
Sie fuhr mit ihrer Hand weiter über seinen Oberkörper. Sethos ertrug es, ohne mit der Wimper zu zucken, bis Flavia zur Klingel griff und Vibia rief.
»Bring ein Becken mit warmem duftendem Wasser, Handtücher und Wacholderöl.«
Die Aussicht auf ein Bad ließ Sethos’ Herz höher schlagen, doch er befürchtete, dass Flavia ihn dabei nicht allein lassen würde. Ihre Hand lag auf seinem Arm.
Er überlegte, was er tun sollte. War er schon gesund genug, um auf der Stelle von hier zu verschwinden? Der Arzt würde diese Frage natürlich mit Nein beantworten, doch Seth wusste aus Erfahrung, wie zäh er war. Aber dann fiel ihm wieder ein, dass Tychon berichtet hatte, es würden noch mindestens zwei Wochen vergehen, bis die übrigen Gladiatoren in dieKaserne zurückkehrten. Ganz allein würde er noch nicht zurechtkommen. Und er wusste auch, dass Flavia ihm hier das Leben zur Hölle machen würde, wenn er sie abwies. Verschmähte Römerinnen rächten sich gern.
Wie er es drehte und wendete, er saß in der Falle.
Vibia klopfte und schleppte ein großes Becken ins Zimmer, das augenblicklich von einem herrlichen Duft erfüllt wurde. Doch wider Erwarten stellte sie das Becken nicht auf den Tisch, um dann zu gehen, sondern wies zur Tür.
»Ich habe Ochira gebeten, mir zu helfen, den Gladiator zu waschen, Herrin«, sagte Vibia mit einem vielsagenden Lächeln. Ochira, ein großes Mädchen mit vollem Gesicht, kam auf Zehenspitzen herein und brachte Handtücher und eine saubere Tunika mit.
Flavia schäumte. Die alte Sklavin hatte sie ausgetrickst, und um den Schein zu wahren, musste sie Sethos jetzt mit den beiden allein lassen.
»Danke, Vibia«, fauchte sie und stürmte hinaus.
Seth bedankte sich im Stillen bei den Göttern und lächelte die alte Köchin an. Auf einmal war er wider besseres Wissen optimistisch. Warum sollte es Livia und ihm mit Vibias Hilfe nicht doch gelingen, Londinium zu verlassen? Er spannte die gute Schulter an und schloss die Augen. Wenn er hart trainierte, würde er bald stark genug sein, es mit Cassius aufzunehmen.
Das warme duftende Wasser beruhigte seine Haut, und als Vibia ihm das Elend seiner Plackerei abwusch, atmete er tief und träumte von dem Tag, an dem er endlich mit Livia vereint sein würde.
Hitze
St. Magdalene’s
2012 n. Chr.
Ich schloss die Tür des Biologieraums und wandte mich wieder dem Bildschirm zu. Die Sache faszinierte mich. Befallene Zellen verschwanden doch nicht einfach. Ich hatte schon gesehen, wie Zellen explodierten, doch immer blieben wenigstens die Zelltrümmer sowie die freigesetzten Viren oder Bakterien zurück, die sich dann auf den Weg machten, um in weitere Zellen einzudringen. Eine derartige Verflüchtigung hatte ich noch nie erlebt.
Das musste ich noch mal sehen. Ich spielte den Vorgang um fünfhundert Prozent langsamer ab – noch langsamer ging es nicht.
Doch auch die Verlangsamung lieferte keine neuen Informationen. Genau wie zuvor verschwand plötzlich alles, nur eben noch langsamer.
Als ich mich enttäuscht abwandte, wäre ich beinahe über den offenen Koffer gestolpert, den Professor Ambrose dagelassen hatte. Er
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