Toedliches Geheimnis
aber ich bin zwischen dem Regal und Spencer eingeklemmt.
Im nächsten Augenblick höre ich, wie sich die Tür mit einem Klingeln öffnet. Spencer beugt sich vor, um die Tassen aufzuheben, die vom Regalbrett gefallen sind, und dreht dann den Kopf, um zu sehen, wer da ist.
Es ist Matt, und ich bin mehr als froh, ihn zu sehen.
Mit zwei Bechern Kaffee in der Hand kommt er vorsichtig näher und schaut immer wieder zwischen Spencer und mir hin und her, so als hätte er das Gefühl zu stören.
»Komm rein«, sage ich zu ihm.
Er schiebt einen Kaffeebecher über den Tisch zu mir herüber - da meine Hände ganz mit Ton verschmiert sind. »Ich war grad in der Nähe.« Er schaut wieder zu Spencer. »Ich dachte, ich schau mal vorbei.«
»Das freut mich«, sage ich mit einem breiten Lächeln und hoffe, dass Spencer den Wink mit dem Zaunpfahl kapiert und sich wieder nach unten verzieht.
Aber stattdessen bleibt er da, stellt sich vor und fängt an, Matt zu erzählen, wie begabt ich seiner Meinung nach bin. »Dieses Mädchen wird es noch weit bringen«, sagt Spencer. Schließlich macht er kehrt und lässt uns allein, und ich kann mich wieder sortieren.
Matt sieht heute ganz besonders gut aus - sonnengebleichte Haare, ein anthrazitfarbenes Sweatshirt als
Kontrast zu seinem leuchtenden Teint und ein paar goldene Stoppeln auf dem Kinn.
»Danke für den Kaffee.« Ich wische mir die Hände ab und nehme einen Schluck, dabei bemerke ich den Haselnussgeschmack mit genau der richtige Menge Zucker und Milch. »Du weißt noch, wie ich meinen Kaffee mag.«
»So lange ist es nun auch wieder nicht her.«
»Stimmt«, sage ich und denke daran, dass unsere Beziehung eigentlich mit Kaffee angefangen hat - damit, dass wir uns jeden Donnerstag bei Press & Grind , einem Coffeeshop in der Stadt, getroffen haben, um zusammen zu lernen.
»Das waren gute Zeiten«, sagt er. Seine grünblauen Augen heften sich fest auf meine. »Erinnerst du dich noch an Philippe?«
Bei der Erinnerung an den verrückten Barista, der mit Espressotassen jongliert und Zaubertricks mit Cappuccino-Schaum vorgeführt hat, muss ich kichern. »Ob er wohl noch da arbeitet?«
»Das sollten wir unbedingt mal irgendwann überprüfen.«
»Oh ja, das wäre cool«, sage ich und hoffe, dass endlich das peinliche Gefühl zwischen uns nachlässt. Es ist wirklich komisch, was drei kurze Wochen einer Beziehung in einer zuvor wunderbar platonischen und guten Freundschaft anrichten können. Ich hatte versucht, ihm das bei einem unserer letzten Treffen als Paar klarzumachen - dass es besser zwischen uns funktioniert hatte, als es nur um Kaffee, Bücher und witzige Baristas ging. Aber er hatte
es nicht so recht kapiert, und ich wusste nicht, was ich sonst noch hätte sagen sollen.
Und was wäre da zu sagen gewesen? Er war der perfekte Freund, wie er im Buche steht - gut aussehend, rief ständig an, kaufte mir nette kleine Geschenke und erinnerte sich an alles, was ich ihm erzählte. Kimmie hielt mich für verrückt, aber mit Matt Schluss zu machen war für mich wie eine wirklich gute Tasse Kaffee gewesen - es war genau das, was ich brauchte und was mir die Augen öffnete. Ich war einfach noch nicht bereit für eine derart intensive Beziehung. Ganz anders als jetzt.
Ich schaue auf meinen Tonklumpen und denke an Ben - an das intensive Gefühl, das ich bei jeder seiner Berührungen spüre.
»Und, was will dein Chef von dir, dieser Fiesling?«, fragt Matt.
Ich schüttele den Kopf und frage mich, wohin Spencer verschwunden ist. Ich habe nicht gehört, dass er wieder nach unten gegangen ist.
»Es scheint ja eine Menge fieser Typen in deinem Leben zu geben«, fährt Matt fort.
»Hast du mit Kimmie gesprochen?«
»Nur kurz.« Er grinst.
»Hat sie dich zu mir geschickt?«
»Sie macht sich Sorgen um dich«, sagt er. »Und ich übrigens auch.«
»Was hat sie gesagt?«
Er zuckt die Schultern. »Irgendwas wegen diesem Ben - dass er die ganze Zeit um dich rumschleicht.«
Ich schürze die Lippen. Es überrascht mich nicht, dass
sie geplaudert hat, aber ich bin erleichtert, dass sie offenbar nichts von der ganzen Berührungsgeschichte erzählt hat. »Mit Ben werde ich schon fertig.«
»Bist du sicher? Du weißt ja, was ich von dem Typen halte.«
»Ich weiß, was ich tue.«
»Und was genau tust du? Ich meine, der Typ hat sich einen ganz schönen Ruf erworben, findest du nicht?«
»Das kapierst du nicht.«
»Na, dann erklär’s mir doch.«
Ich schüttele den Kopf, weil ich nicht weiter
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