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Tödliches Orakel

Tödliches Orakel

Titel: Tödliches Orakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Sabalat
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zusätzlich ein paar schillernde Schlieren auf ihre Oberfläche, wie ein Ölteppich auf einem kochenden Meer.
    »Was haben Sie Tobias denn dann erzählt?«, fragte ich.
    »Er arbeitet ... arbeitete bei einer Telefonfirma. Er hat mir Ihre Nummer besorgt.«
    »Wie? Die Nummer ist nirgendwo registriert.«
    »Über den Anschluss von Frau Berger. Die hat immer brav bei Ihnen angerufen, wenn ich vor der Tür stand. Und so was wird aufgezeichnet. Wer telefoniert mit wem. Frau Berger steht im Telefonbuch.« Sam stockte. »Hat ihn das ... umgebracht? Dass ich ihn um Hilfe gebeten habe?«
    »Wenn es kein Blitz, ein umstürzender Baumstamm oder ein Virus ist, der einen Menschen tötet, dann ist es nie ein 'es' oder ein 'das'. Dann ist es ein Jemand. Und dieser Jemand ist schuld. Er hat das geplant. Er hat zugeschlagen, er hat abgedrückt.«
    »Ich. Ich war das.«
    Ich runzelte die Stirn. »Sie meinen das übertragend, oder? Sie haben nicht tatsächlich abgedrückt. Oder Ihren Freund verprügelt.«
    »Nein. Aber er ist gestorben, weil ich ihn angerufen habe. Warum denn sonst?«
    Ich wusste keinen anderen Grund. Hätte ich einen gewusst, hätte ich ihn geäußert, denn Sams Betrübnis war nicht schön anzuschauen: gesenkter Kopf mit nassen Haaren, hängende Schultern, die so noch viel schmaler aussahen.
    »Haben Sie noch andere Leute angerufen? Und um kleine Gefallen gebeten?«, erkundigte ich mich. Sam schüttelte erst den Kopf, was dann reibungslos in ein Nicken überging.
    »Nein. Na ja, doch. Meinen Chef. Ob ich den Rest der Woche freihaben kann.«
    »Das ist aber etwas anderes, als Tobias nach einer nicht registrierten Nummer suchen zu lassen.«
    »Hoffentlich.« Sam raufte sich die Haare. »Gott, ich habe ihn umgebracht«, presste er hervor, und er tat mir tatsächlich leid. Sehr sogar.
    »Sam, ich wiederhole es gern noch einmal: Sie haben Tobias eventuell ins Blickfeld von wem auch immer gerückt, aber Sie haben ihn nicht getötet.«
    Sam straffte sich, trank das Brausewasser aus.
    »Sie denn? Ihre Waffe. Ihr Pool. Ihr verdammtes Spielchen.«
    Als er das leere Aspirin-Glas auf den Tisch gestellt hatte, reichte ich ihm das iPad über die Schulter. »Die Aufnahme einer meiner Kameras. Die Zeit steht oben rechts.«
    »Drei Uhr, letzte Nacht«, las Sam vor und drückte auf den Play-Button.
    Die Kamera zeigte den halben Pool und die Mauer zur Straße. Das Bild war Schwarz-Weiß, aber mehr Schwarz als Weiß. Eine Gestalt kletterte von außen auf die Mauer, scheinbar mithilfe einer Leiter. Die Gestalt bewegte sich schwerfällig, denn auf ihren Schultern lag etwas, das im Nachtlicht nicht mehr war als ein Sack, halb Schwarz und halb Weiß. Schlenkernde Arme machten den Sack menschlich, und Sam sah stumm zu, wie die Leiche seines Freundes in meinen Garten geworfen wurde wie ein übervoller Müllsack, die Gestalt hinterher sprang und Tobias an den Füßen zum Pool zog. Als der Körper im Wasser versank, machte sie einen Schritt zurück, weil das aufgewirbelte Wasser in Richtung ihrer Schuhe leckte, dann wandte sie sich um und verschwand über meine vermeintlich Einbrecher-abwehrende Mauer - eine Sache von drei, vier Minuten.
    »Waren Sie um die Zeit zu Hause?«, fragte Sam.
    »Das geht Sie nichts an.«
    »Ach nein? Der Bengel von gegenüber sagte, Sie gingen nie weg und wären nachts oft sehr lange auf. Haben Sie nichts gehört?«
    »Nein.«
    »Haben Sie vielleicht absichtlich weggehört? Weil Sie mit diesem Typen unter einer Decke stecken?«
    »Ganz gewiss nicht.«
    »Also haben Sie kein Alibi.«
    Ich runzelte die Stirn, denn jetzt war mir Sam zu schnell. Wozu brauchte ich ein Alibi?
    »Nun, Sie waren allein«, wurde Sam bereitwillig deutlicher. »Sie können einfach sagen, Sie hätten nichts gesehen und gehört, ohne dass das jemand nachprüfen kann.«
    »Ich habe nicht gesagt, dass ich allein war.«
    »Sie nicht, aber Ihr jugendlicher Verehrer. Ihm schien das sehr nahe zu gehen. Wie mir.«
    »Dass ich kein Alibi habe?«
    »Dass Sie so allein sind. Vor allem nachts.«
    Was war das jetzt, ein Flirtversuch angesichts einer Leiche?
    »Sam, bleiben Sie beim Thema. Ich war hier, ich war allein, aber ich habe nichts gehört. Und ich brauche kein Alibi. Das war ein Mann, wie man deutlich sieht.«
    »Sie sind groß«, sagte Sam, sah in die spiegelnde Fensterscheibe und musterte mich. »Einsachtzig?«
    »Einsachtundsiebzig. Machen Sie sich nicht lächerlich. Ich würde mich wohl kaum selbst dabei filmen, wie ich eine Leiche in meinen

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