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Tödliches Orakel

Tödliches Orakel

Titel: Tödliches Orakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Sabalat
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eigenen Pool werfe.«
    »Doch. Damit Sie genau das jetzt sagen können.«
    »Wenn Sie schon an meinem Alibi rumnörgeln: Ich halte meine Angabe für besser als Ihre. Sie waren Trinken.«
    »Ja.«
    »Was natürlich viele Leute für Sie bezeugen könnten.«
    Sam verzog den Mund, wie die Fensterscheibe belegte. »Hoffentlich.«
    »Will heißen: wenn die nicht noch mehr gesoffen haben als Sie.«
    Er hob die Arme in einer Geste, die eine Mischung aus Beschwörung und Hilflosigkeit war, wies dann auf das letzte Standbild des Videos.
    »Haben Sie auch eine Kamera zur Straße? Dann könnte man das Auto sehen, mit dem der Typ gekommen ist.«
    »Öffentlicher Grund darf von Privatpersonen nicht überwacht werden.«
    »Ha, ha.«
    Ich beugte mich über Sams Schulter, klickte zum nächsten Video: Es zeigte meine Einfahrt. Die war etwas von der Straße zurück versetzt und daher genau genommen kein öffentlicher Grund. Von dem heranfahrenden und scharf abbremsenden Auto konnte man allerdings nur ein Stück von den Türen auf der Seite sehen, von dem Mann Hosenbeine und Schuhe.
    »Hm«, machte Sam. »Keine Kennzeichen im Blickfeld. Was Großes. Irgendein Van. VW Sharan, Ford Galaxy. In Silber oder Weiß.«
    »Ein Chrysler Voyager.«
    »Kenne keinen, der einen hat.«
    »Wie schade, das würde das Ganze sehr vereinfachen. Geht es Ihnen besser?«
    Sam nickte halbherzig und gab mir das iPad wieder.
    »Dann bringen Sie jetzt Ihren Freund weg.«
    Sam stemmte sich aus dem Sessel hoch, wandte mir immer noch den Rücken zu.
    »Würden Sie bitte mal die Augen zumachen?«, fragte er, ich schüttelte den Kopf.
    »Nein.«
    »Ich möchte was sagen, aber Ihnen, und nicht Ihren Terrassenfliesen. Ich möchte Sie dabei ansehen.«
    »Das ist Marmor, vom Block geschnitten.«
    »Scheißegal. Bitte. Machen Sie die Augen zu, ich tue Ihnen schon nichts.«
    »Ich werde auf Ihren Körper schauen. Und sobald Sie auch nur zucken, bin ich weg.«
    Sam drehte sich langsam um, ich starrte auf seine Gürtelschnalle: Silber, alt.
    »Ich ... ich glaube Ihnen immer noch kein Wort«, setzte er an. »Dass Sie mich nur ansehen. Und alles wissen.«
    »Ich weiß nicht alles. Ich sehe nur Ihre Zukunft.«
    Er machte eine wegwerfende Handbewegung, ich einen Schritt nach hinten. Zur Sicherheit, denn wenn man das Gesicht der Leute nicht sieht, weiß man nicht, was sie fühlen oder denken. Oder vorhaben.
    »Entschuldigung.« Er schob die Hände in die Hosentaschen, ballte sie dort zu Fäusten. »Ich glaube Ihnen nicht, dass Sie meine Zukunft sehen können. Aber mit einer Sache haben Sie auf jeden Fall recht: Ich habe mittlerweile Angst. Eine Scheißangst. Ich habe keine Lust, mich erschießen zu lassen, ich hänge an meinem Leben.« Pause. »Irgendjemand spielt da ein Spielchen mit mir. Und wenn Sie es nicht sind ...« Er stockte, scheinbar, damit ich jetzt nicken konnte und alles gestehen. Ich schwieg. »Wenn Sie es nicht sind, dann hat man Sie da mit reingezogen«, fuhr Sam fort. »Dann spielt man auch mit Ihnen. Jemand hat den Termin gemacht, denn ich war es nicht. Jemand hat Sie benutzt, um mir zu sagen, dass ich sterben werde. Hat Tobias in Ihren Pool geworfen. Gefällt Ihnen das? Finden Sie das Okay? Wenn nicht, sollten Sie mir helfen. Damit dieser ganze Scheiß auch für Sie vorbei ist.«
     
    ***
     
    »Dieser Mensch ist in Sie verliebt«, diagnostizierte Frau Berger, ich lachte nur.
    »Warum ist er dann schon wieder hier?«
    »Weil er Hilfe braucht«, antwortete ich, »und er hat sich rasiert. Extra für Sie.«
    Das war korrekt, zumindest den Fakten nach: Sam hatte ein paar Stunden geschlafen, danach scheinbar geduscht und seinen Bartschatten beseitigt, jetzt wartete er mit einer Tüte in der Hand vor Frau Bergers Haustür. Ich war schon in meinem Arbeitszimmer, Frau Berger stand unter der Lampenkamera im Konsultationsraum und brachte ihre Entrüstung mal wieder mit in die Hüfte gestemmten Armen zum Ausdruck.
    »Wasser für den Herrn?«, fragte sie, ich nickte.
    »Ja, wir sind heute nett zu ihm. Es ist heiß, und er macht ganz schön was mit.«
    Frau Berger schnaubte und ließ Sam ein. Der begrüßte sie so nonchalant, als wären sie alte Freunde und ging vor ihr ins Konsultationszimmer – was sie nicht mochte, wie ich wusste: Sie war hier zu Hause, nicht die Kunden.
    »Sushi«, sagte Sam und ließ die Tüte vor dem Monitor auf dem Tisch und damit in mein Blickfeld baumeln.
    »Ich kümmere mich darum«, sagte Frau Berger knapp, nahm Sam die Tüte ab und

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