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Tödliches Paradies

Tödliches Paradies

Titel: Tödliches Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Warum treten wir diese Reise nicht an? Was meinst du? Und du wirst staunen, wie einfach das ist …« Sein Kinn hüpfte, als er nun wieder zu kichern begann. Und seine Augen! Diese schrecklichen Augen, über denen ein sonderbarer, goldener Glanz zog, Augen, die im Fieber zu schwimmen schienen.
    »Wirklich. Sieh mal, hier … Keine Taste und kein Knopf, dieser kleine Hebel – hübsch, nicht wahr? Ja, komm näher. Ich drücke ein wenig – und schon ist es geschehen. Die Reise geht ab. Unsere Reise, Melissa! Hier verlieren wir nichts. Das haben wir doch nicht nötig! Zu fliehen? Du oder ich? Uns ist Größe vorgezeichnet. Die Größe der Vollkommenheit … Doch wer wird das schon verstehen …? Gehen wir doch … Kein goldener Schuß, Melissa, die goldene Detonation, der wirkliche, der große Knaller, der Big-Bang, mit dem das Leben in dieser Welt …«
    »… in dieser Welt.« Es war das letzte Wort des gespenstischen Appells, das sie aufnahm. Und auch das letzte, das Fred Fischer in seinem Leben sprach. Selbst später noch, als ihr Verstand gelernt hatte, zu begreifen, was in dieser Sekunde geschah und wie es geschehen konnte, erlebte sie immer wieder dieses eine einzige Bild.
    Sie sah nur, daß Fischers Brille aus seinem Gesicht verschwand. Die Brille flog durch die Luft. Sie zersplitterte an der Bar? Sie wollte darauf zugehen, die Hand ausstrecken und drehte sich noch einmal um. Fischer? Sein rechtes Auge … Das Auge, das sie gerade angesehen hatte?!
    Dort öffnete sich, wie eine schreckliche Blume, ein dunkelgezacktes, rotes Loch …
    »Fred!« Schrie sie es, dachte sie es.
    Sein Oberkörper begann nach vorne zu sinken, der Sessel hielt ihn, aber der Kopf pendelte über den Knien, als das Boot überholte …
    18 Uhr 23
    Melissas Nerven drehten durch. Was sie tat, sie wußte es nicht. Was geschehen würde, es war ihr vollkommen gleichgültig. Irgendwo war eine Stimme, irgend jemand schrie. Die Frau, die nicht mehr sie selbst war, schrie, fiel vornüber, zog sich an einem stählernen Türrahmen wieder hoch – weg, raus! Die Reise der Reisen …
    Ein greller Schmerz brachte sie zur Besinnung. Sie hatte sich das Knie angeschlagen. Sie blickte mit tränenden Augen nach oben.
    Ein Abendhimmel, so lodernd wie ein Steppenbrand. Schäumendes Wasser. Eine weiße Sitzbank. Und schräg, fast zum Greifen nah, plexiglasfunkelnd der große Insektenkopf des Hubschraubers …
    »Achtung: Drehen Sie bei!«
    Eine Hand schleuderte sie auf die Polster. Eine Stimme sagte: »Dreh bloß nicht auch noch durch!«
    Matusch.
    Er hielt eine große Pistole in der Hand. Das blonde Haar wirbelte um seinen braungebrannten Totenschädel. Doch die Augen waren ganz ruhig.
    »Ich mußte das tun!« brüllte er durch den Aufruhr. »Er war verrückt! Immer war er das! Vielleicht weißt du das noch besser als ich … Aber daß da unten im Rumpf neben all dem anderen noch ein paar Kilo Sprengstoff liegen, das hast du nicht gewußt. Und auch nicht, daß er die Funksteuerung für den Zünder in der Hand hatte.«
    Das hörte sie. Und verstand es nicht. Sie kauerte sich zusammen, als er ihr jetzt die Hand auf die Schulter legte: »Was ist los mit dir? Was regst du dich noch auf? Hör mal: Du zumindest hast es jetzt doch hinter dir – oder?«
    Matusch betrachtete nachdenklich die Pistole. Er warf sie in einem flachen Bogen über die Reling ins Wasser.
    Der Hubschrauber sank noch tiefer. Die Kufen schienen den Radarmast zu berühren. Und dann drang vom Himmel wieder die Lautsprecherstimme, übertönte Lärm, Wasserrauschen, das Rotorschlagen und das Kreischen der Motoren.
    »Ich wiederhole: Drehen Sie bei und stellen Sie die Maschinen ab! Und noch was: Wir haben Sie genau im Visier. Lassen Sie die Frau in Frieden! Machen Sie keinen Unsinn, sonst wird geschossen!« Die Worte wurden deutsch gesprochen!
    Matusch warf nicht einmal einen Blick zum Hubschrauber. Gebückt lief er zum Cockpit hoch und verschwand.
    Die Motoren verstummten.
    Und wieder fiel die blecherne Erzengelstimme vom Himmel: »Sei ganz ruhig, Kleine«, klang sie. »Es ist vorbei …«
    »Die Reise der Reisen …«, sagte Tim versonnen.
    Eigentlich wollten Melissa und Tim Tee trinken, Helene Brandeis jedoch bestand auf Champagner: »Also das ist ja nun wohl das mindeste, was ihr mir schuldig seid!«
    Und so tranken sie im Pavillon, wie es damals vorgesehen war, zu einer Zeit, die nicht mehr wahr war, weil sie Jahrhunderte zurückzuliegen schien – tranken aus geschliffenen Kristallgläsern

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