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Tödliches Rätsel

Tödliches Rätsel

Titel: Tödliches Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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Ihr müßt mit all Eurer Autorität diesen Orifab ausfragen, Sir John. Stellt fest, woher Pesleps Reichtum stammt.«
    Cranston sah ihn betrübt an. »Bleibst du nicht noch auf einen Becher Ale?«
    »Nein, Sir John, und Ihr solltet es auch nicht tun. Lady Maude und die Kerlchen warten.«
    Athelstan erhob sich, machte ein Kreuzzeichen in der Luft und verließ das Wirtshaus. Er schlug sich die Kapuze über den Kopf, schob die Hände in die Ärmel seiner Kutte und wanderte mit gesenktem Kopf durch die Menge, den Blick zu Boden gerichtet. Als er in die Poultry einbog und nach Walbrooke hinaufging, fühlte er sich heiß und klebrig, und er überlegte, ob er nicht zum Fluß hinuntergehen sollte. Moleskin, der Bootsmann, könnte ihn nach Southwark hinüberfahren. Auf dem Fluß würde ein kühler, frischer Wind gehen, und Athelstan mochte seine salzige Schärfe. Außerdem war er stets neugierig, welche Schiffe gerade in den Hafen kamen. Wenn es eine venezianische Karavelle war, suchte er gern den Navigator auf, denn in seinem Orden munkelte man, die Venezianer besäßen geheime Seekarten und segelten auf Meeren, die keine englische Kogge zu befahren wagte. In märchenhaften Geschichten war davon die Rede, wie sie durch die Säulen des Herkules hinausfuhren und dann, statt nach Norden in die Biskaya einzuschwenken, südwärts an der Westküste Afrikas hinuntersegelten.
    Vor einer kleinen Statue Unserer Lieben Frau neben dem London-Stein in der Candlewick Street blieb Athelstan stehen. Er schloß die Augen und sprach sein Avemaria, aber er war immer noch abgelenkt. Zu gern unterhielt er sich mit diesen Navigatoren. Wenn die Erde eine flache Scheibe war, warum erreichten sie dann nie ihren Rand? Und veränderten sich die Sterne am Himmel, je weiter man nach Süden kam?
    Ein kleiner Junge mit schmutzigem Gesicht kam herbeigelaufen. »Gib mir deinen Segen, Pater!« krähte er und sprang von einem Fuß auf den anderen.
    »Aber gern«, sagte Athelstan und schlug seine Kapuze zurück.
    »Einen richtigen Segen, Pater«, bat der Junge mit funkelnden Augen.
    »Warum denn?« fragte Athelstan neugierig.
    »Weil ich gerade meine Schwester gekniffen habe«, antwortete das Bürschchen. »Und meine Mutter wird mich verprügeln, aber wenn du mir deinen Segen gegeben hast...«
    Athelstan legte dem Kleinen die Hand auf die heiße Stirn. »Möge der Herr dich segnen und beschützen«, betete er. »Möge Er dir Sein Antlitz zeigen und dir Seine Barmherzigkeit schenken.« Er hob die rechte Hand zum Kreuzzeichen. »Möge Er über dir lächeln und dir Frieden gewähren. Möge der Herr dich segnen und bewahren alle Tage deines Lebens.« Ohne den Jungen loszulassen, wühlte er einen Penny aus seiner Börse. »Jetzt geh und kaufe deiner Schwester ein bißchen Zuckerwerk. Und gib auch deiner Mutter welches. Sei immer gut, und der Herr wird auch gut sein zu dir.«
    Der Junge griff nach der Münze und huschte davon. Athelstan fühlte sich besser. Ich werde doch nicht zum Fluß gehen, dachte er. Ich besuche lieber die alte Harrowtooth.
    Also ging er die Candlewick Street weiter, bis er zur Bridge Street kam. Am Torhaus traf er Master Robert Burdon, den zwergenhaften Konstabler der Brücke und stolzen Vater von neun Kindern. Der Kleine stolzierte auf und ab und musterte die langen Stangen, die über dem Fluß aufragten und auf denen die abgeschlagenen Köpfe von Verrätern steckten.
    »Guten Tag, Master Burdon — habe ich die Erlaubnis, Eure Brücke zu überqueren?«
    »Ihr habt den Freibrief der Heiligen Mutter Kirche«, erwiderte Burdon scherzhaft. »Von dem des Lord Coroner gar nicht zu reden — der Herr segne seine Reithosen und alles, was darinsteckt. Was wollt Ihr denn wirklich, Pater?«
    Athelstan holte tief Luft, doch dann mußte er würgen. Ein Haufen fauler Fische, der sich am Brückengeländer auftürmte, verströmte Verwesungsgeruch. Burdon folgte seinem Blick.
    »Ich weiß schon, Pater. Ich schmeiße das Zeug ins Wasser, und das unverschämte Schwein, das es da hingekippt hat, gleich mit.«
    »Wo wohnt die alte Harrowtooth?« fragte Athelstan.
    Burdon schnippte mit den Fingern. Athelstan folgte ihm auf die Brücke. Er hatte das merkwürdige Gefühl, das er hier immer verspürte: Die Brücke war eigentlich eine Straße mit Häusern und Geschäften zu beiden Seiten, und doch war ihm das Wasser bewußt, daß da unter ihm hindurchrauschte, gefangen wie eine arme Seele zwischen Himmel und Erde.
    Burdon blieb an der Tür neben einer Tuchhandlung

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