Tödliches Rendezvous - Maxian, B: Tödliches Rendezvous
spartanisch, aber gemütlich eingerichtet. Nicht teuer, aber mit Stil und einem Händchen für Dekoratives. Im Wohn-Ess-Zimmer stand ein Tisch in der Nähe des Fensters, darauf eine weiße Tischdecke. Es war aufgedeckt. Kaffee, Brot, Butter, Milch, Marmelade, zwei Teller, zwei Tassen und eine Zigarettenpackung.
Die Stühle waren mit weißen Hussen überzogen. Im Eck stand ein blaues Dreiersofa mit einem weißen niedrigen Lacktischchen davor. Gegenüber stand ein nicht mehr neuer Fernseher auf einem gemauerten Sockel, der mit bunten Mosaikfliesen verziert war.
» Bitte, nehmen Sie Platz!«
Sarah setzte sich an den Tisch. Katharina Mohn nahm ihr gegenüber Platz, schenkte Kaffee ein.
» Sabine hat mich gestern Abend noch angerufen und mir erzählt, dass Sie bei ihr waren. Sie hat mir auch erzählt, dass Ihre Kollegin verschwunden ist. Das ist ja schrecklich.«
» Wahrscheinlich gibt es dafür einen triftigen Grund.«
» Wahrscheinlich«, wiederholte Katharina Mohn wenig überzeugt. » Aber was kann ich für Sie tun?«
» Ich will ehrlich sein, Frau Mohn.«
» Bitte, nehmen Sie doch.« Sie deutete auf das aufgeschnittene Brot.
Sarah griff nach einem Stück, beschmierte es mit Butter und Marmelade. » Wir wissen, dass Hilde Jahn derzeit an einer sehr brisanten Story arbeitet. Wir wissen aber nicht genau, woran.« Sarah wählte bewusst das Präsens und nicht die Vergangenheit, wenn sie über Hilde Jahn sprach. » Deshalb suche ich ihre letzten Interviewpartner auf und hoffe, Antworten zu bekommen, die mich weiterbringen.«
Katharina Mohn sah sie kauend an. » Und da kommen Sie ausgerechnet zu mir?« Sie nahm einen Schluck Kaffee.
» Laut der Aufzeichnungen hatte Hilde Jahn mit Ihnen und Sabine Bender öfter Kontakt.«
» Ja, das stimmt schon. Und Sie erreichen Ihre Kollegin nicht einmal übers Handy?«
Katharina Mohn legte ihr Messer quer über den Teller. Sie hatte ihr Frühstück offenbar nach nur einem Marmeladebrot beendet.
Sarah überlegte kurz, womit sie beginnen sollte.
» Worüber hat Hilde Jahn mit Ihnen gesprochen?«
» Über nichts Besonderes. Mein Leben halt.«
» Ihr Leben?«
» Sie hat mich gefragt, wie lange ich meinen ehemaligen Beruf ausgeübt habe. Sie müssen wissen, ich war Kellnerin.«
Sarah erinnerte sich, in Hildes Aufzeichnungen gelesen zu haben, dass Katharina Mohn 52 war. Ihr kurzes blondes Haar und die sportliche Figur ließen sie etwas jünger erscheinen. Natürlich hatten das Alter und die jahrelange Arbeit als Bedienung ihrem Körper viel abverlangt, und der Rauch hatte ihrer Haut sichtlich zugesetzt, sie war grobporig geworden. Aber Sarah fand sie hübsch.
» Warum? Hatte sie vor, ein Porträt über Sie zu machen?«
» Glaube ich nicht. Es ging um etwas anderes.«
Sarah setzte alles auf eine Karte.
» Ging es um Brigitte Hauser?«
Katharina Mohn griff nach der Zigarettenpackung, fingerte eine hervor, steckte sie an. » Stört Sie doch nicht?«
Sarah schüttelte den Kopf.
Katharina Mohn stand auf, ging zum Fenster, öffnete es und blies den Rauch in die Morgenluft, so wie Sarahs Kollegen in der Redaktion.
» Hat sie mit Ihnen über Brigitte Hauser gesprochen?«, hakte Sarah nach.
» Ja«, kam es leise zurück. » Brigitte ist vor einem halben Jahr gestorben«, sagte sie dann so, als ob das alles erklären würde.
» Es war Selbstmord.«
» Sagt man«, erwiderte Katharina Mohn.
» Glauben Sie nicht daran?«, fragte Sarah.
Die ehemalige Kellnerin stand schweigend vor dem geöffneten Fenster mit Blick auf das Riesenrad. Großstadtlärm drang in den Raum. Die Ausstellungsstraße wurde um diese Zeit vermehrt von Menschen in Autos belebt, die entweder auf dem Weg zur Arbeit waren oder ihr Vergnügen beim Spiel und bei den Ausstellern im Wiener Prater suchten. Die ersten Spielhallen hatten bereits geöffnet. Am Abend würden wieder busweise Touristen hierhergekarrt.
Das Rad drehte sich langsam weiter.
» Als Anrainer fühlt man sich manchmal wie ein Teil dieser künstlichen Welt, wenngleich uns nicht so viel Beachtung geschenkt wird wie dem Riesenrad, dem Watschenmann oder dem Calafati.«
Sie dämpfte die Zigarette in einem Aschenbecher aus, schloss das Fenster, kam zurück an den Tisch und setzte sich wieder.
» Ich glaube daran, dass jemand tot ist. So wie meine Eltern. Mein Vater war Wirt und gleichzeitig sein bester Kunde. Das hat einen hohen Tribut gefordert. Meine Eltern hatten ein kleines Gasthaus am Rand von Wien. Der Grund, warum ich meinen Traum,
Weitere Kostenlose Bücher