Tödliches Rendezvous - Maxian, B: Tödliches Rendezvous
ergänzte Kunz. » Was hier herinnen besprochen wird, darf nicht nach draußen gehen. Ich glaube aber, dass es wegen der Dimension, die diese Geschichte annimmt, gut wäre, wenn generell ein oder zwei Kollegen der Sarah zuarbeiten würden. Wir müssen Gas geben. Der Typ schlägt garantiert wieder zu.«
Sarah runzelte die Stirn. Es war zwar durchaus lobenswert, was Kunz da vorhatte, aber es würde auch böses Blut machen. Bis vor wenigen Tagen war sie eine unbedeutende Journalistin, hatte Befehle von jedem und jeder ausgeführt, und plötzlich erhob er sie in den Stand einer Ressortleiterin. Das konnte nicht gut gehen.
» Ich finde die Idee gut, Herbert«, hörte sie plötzlich Grubers Stimme.
Verdammt. Nicht er auch noch. Jetzt konnte sie davon ausgehen, dass ihre Kollegen ihr ein Verhältnis mit Gruber andichteten.
» Wen schlägst du vor?«, fragte er Kunz.
» Fotos kann Simon machen. Einen Teil der Recherche und Redaktion …«
» Ich würde gern«, meldete sich Conny zu Wort. Ein Raunen ging durch den Konferenzraum. Ausgerechnet die Gesellschaftstussi, das stand in einigen Gesichtern geschrieben, die hat ja wohl gar nichts damit zu tun.
» Ich kenne einen Freier der Toten.«
17
Du kennst einen ihrer Freier?«, fragte Sarah kurz danach, als sie beide allein in Sarahs Büro saßen. Gruber und Kunz hatten sich einverstanden erklärt und es im Endeffekt sogar als gute Idee bezeichnet. Der Rest der Mannschaft war abgezogen, manche erleichtert, alle überrascht, einige wütend.
» Ich wusste ja nicht, dass du die Mohn kennst!«, antwortete Conny.
Das stimmte.
» Und woher kennst du sie?«
» Ich kenne sie eigentlich nicht, nur ihren Namen.«
» Von wem?«
» Oliver Wallner.«
» Oliver Wallner?«, wiederholte Sarah erstaunt. » Von Freudmann & Co, der Oliver Wallner?«
» Genau der.«
» Hat er dir erzählt, dass er alle seine Leute über 40 auf die Straße setzt? Oder wie? Oder willst du mir sagen, dass Oliver Wallner …«
» Jetzt hast du’s endlich. Wallner war Kunde bei der Mohn. Und er hat auch nicht damit hinterm Berg gehalten. Jedenfalls nicht, wenn er genug getankt hat an einem Abend, was häufig der Fall war. Wallner, der Partylöwe.«
» Was hat er erzählt?«
» Wie geil es sei, von einer ehemaligen Angestellten einen geblasen zu bekommen, wie gut sie das könne im Gegensatz zu den jungen Pupperln, die sich da oft zieren. Und dass er ja so sozial sei. Immerhin würde er einer alten Kellnerin damit noch einen schönen Lebensabend ermöglichen. Er zahlt sozusagen ihr Gehalt weiter, freiwillig. Dieser Schwachsinn hat immer für Lacher gesorgt, ab drei Uhr morgens, wenn sie alle besoffen an der Bar herumhingen.«
» So ein Arschloch«, ereiferte sich Sarah. » Glaubst du, wir können aus dieser Info was machen, ohne dass er uns verklagt?«
Sie hatte eine unbändige Wut. Was nahm sich dieser Scheißkerl eigentlich heraus? Menschen wie Dreck zu behandeln, sich über sie lustig zu machen, sie zu demütigen in aller Öffentlichkeit. Nur weil er in eine angesehene Familie hineingeboren worden war, hatte er nicht das Recht, andere mit Füßen zu treten.
Conny zuckte mit den Schultern. » Mal sehen. Werde heute noch ein paar Leute anrufen, die Wallner nicht ausstehen können.«
» Wir werden aber keine Geschichte machen, die diese Frau anprangert. Ich will ihren sozialen Hintergrund. Hier hat Hilde schon gut vorgearbeitet. Ich habe die Aufzeichnungen mit meinen Notizen ergänzt.« Sie schob Conny ihr Dossier über den Tisch. » Ich möchte die Geschichte in Hildes Sinn aufziehen. Wir leben in einer Wohlstandsgesellschaft. Warum muss eine 52-jährige Frau in einem Land wie Österreich als Geheimprostituierte arbeiten? Sie war offiziell arbeitslos gemeldet und bekam Geld vom Staat. Kann man damit vielleicht gar nicht überleben? Solche Fragen möchte ich aufwerfen, Conny. Meines Wissens hat sie 500 Euro im Monat gehabt. Den genauen Betrag findest du in den Aufzeichnungen. Ruf bei der Hausverwaltung an. Frag, wie hoch ihre Miete war, was sie für Strom und sonstige Nebenkosten zahlen musste. Wenn du alle Fixkosten hast, listen wir auf, was und wie viel man sich vom Rest leisten kann, wenn da überhaupt noch ein Rest bleibt. Was hältst du davon?«
» Klingt gut. Wenn wir dann noch nachschieben, was Wallner so im Durchschnitt hat.« Conny erhob sich und verließ das Büro. Sarah blickte ihr nach. Es war ein eigenartiges Gefühl, mit jemandem zusammenzuarbeiten, den man im Grunde genommen nicht
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