Tödliches Rendezvous - Maxian, B: Tödliches Rendezvous
leiden konnte.
Auf einmal fühlte sie sich sehr einsam.
Gabi betrat mit zwei großen Häferln Sarahs Büro, reichte ihr eines und ließ sich in den freien Sessel sinken, wo eben noch Conny gesessen war. Sarah hielt ihre Nase dicht über die Tasse und schnüffelte.
» Kannst ruhig trinken, ist Kräutertee. Ich weiß ja, dass du Früchtetee nicht magst. Geht’s dir wieder besser?«
Sarah umklammerte die Tasse, lehnte sich in ihrem Sessel zurück, schloss die Augen und atmete die Wärme und den Duft des heißen Getränks ein. » Danke, das tut gut«, sagte sie. Eine ähnliche Stille wie vor ein paar Tagen nach der Nachricht von Hildes Tod umfing sie. Aber diesmal war es anders. Sie sehnte sich nicht danach, die Ruhe durch Musik zu unterbrechen. Diesmal drängte sich eine vertraute Melodie in ihre Gedanken. » Volare, cantare … Nel blu, dipinto di blu. Felice di stare lassù …«
» Du bleibst an der Sache dran«, unterbrach Gabi die vermeintliche Stille.
Sie öffnete die Augen, lehnte sich vor und stützte sich mit den Ellbogen auf dem Schreibtisch ab. » Ich hoffe, dass wir bald beweisen können, dass deine Mutter keinen Selbstmord begangen hat.« Sie schaute auf die Uhr. » Schalt mal das Radio ein. Ich will wissen, was sie in den Nachrichten über den Mord an Katharina Mohn bringen.«
Die Nachrichten begannen mit dem Rücktritt einer lokalen Politikerin. Der Moderator sprach über einen Scherbenhaufen, den sie laut Opposition hinterlassen würde. Gefolgt von der Meldung über einen Wandertag des Senders, bei dem 200 Hörer einige Kilometer durch den Lainzer Tiergarten marschiert waren. Großartig. Das war doch mal einen Bericht wert. Irgendwie erinnerte sie das an » Mit Hansi Hinterseer unterwegs auf den Tiroler Bergen«.
Es folgten diverse Interviews mit Antworten auf Kindergartenniveau. Katharina Mohn war dem Lokalsender nur eine kleine Meldung wert. Ohne O-Töne, aber mit dem Hinweis, dass die Polizei derzeit von einem Mord durch einen Freier ausging. Alltag in einer Großstadt.
Langweilig.
Sarah drehte ab.
» Ich wollte dir auch noch sagen, dass ich froh bin, dass du Hildes Platz eingenommen hast.«
Gabi nahm Sarah die leere Tasse aus der Hand und ging.
*
Der Artikel nahm die ganze obere Hälfte der dritten Seite ein. Nur Text, kein Bild, kein Symbolfoto.
Macht Serientäter Wien unsicher?
Ist es möglich, dass in einer Stadt wie Wien eine tödliche Jagd auf arbeitslose Frauen gemacht wird?
Nur wenige Tage nach der Ermordung unserer allseits anerkannten Kollegin Hilde Jahn und der Auswertung ihrer Rechercheergebnisse müssen wir diese Frage leider mit einem eindeutigen JA beantworten. Deshalb wollen wir mit diesem Artikel alle arbeitslos gemeldeten Frauen ab dem vierzigsten Lebensjahr warnen.
Wir gehen davon aus, dass inzwischen fünf Opfer auf unterschiedliche Art getötet wurden. Die Polizei glaubt nicht an einen Serienmord, sondern spricht von Einzeldelikten, Unfällen und Selbstmord. Aber uns liegen Unterlagen vor, die vermuten lassen, dass es in allen fünf Fällen ein und derselbe Täter war, auch wenn dies auf den ersten Blick unwahrscheinlich klingt.
Der Artikel endete mit der Bitte nach sachdienlichen Hinweisen. Albo grinste verächtlich. » Wenn du meinst, dass dir das nützt, Schätzchen, hast du dich geirrt.«
Er ließ die Zeitung sinken und grübelte eine Weile. Woher wusste sie von seiner Vorgehensweise? Hatte Hilde Jahn doch mehr herausgefunden? Katharina Mohns Tod schob die Polizei jedenfalls einem Freier in die Schuhe. Das hatten sie in den Morgennachrichten gebracht.
Der Artikel war also nichts weiter als eine kühne Behauptung. Die Meldung würde morgen schon wieder vergessen sein. Es gab weder stichhaltige Beweise, noch wussten sie, wer er war. Die Polizei fischte im Trüben. Einzeldelikte, Unfälle, Selbstmord. Und dabei würde es auch bleiben. Niemals würde man hier auf einen Serientäter tippen. Kein Polizist, kein Profiler oder Psychologe würde Hilde Jahns Theorie folgen. Egal von welcher Seite sie die Fälle betrachteten. Es gab keine Übereinstimmungen, keine Verbindung, kein Fetisch, nichts, nichts, nichts.
Zugegeben, wenn man wollte, konnte man eine einzige Verknüpfung finden. Alle Frauen waren arbeitslos und über 40. Aber das war seiner Meinung nach kein Grund, dass die Polizei in diese Richtung ermittelte. Das konnte reiner Zufall sein. Und Hilde Jahn? Sie war nicht arbeitslos. Okay, sie hat an der Story gearbeitet. Die rege Phantasie einer Redakteurin,
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