Toedliches Verlangen
Möblierung erleiden zu lassen.
Oder auch nicht.
Wer wusste das schon? Vielleicht brauchten seine Arbeitsdrohnen zum Sterben nur Minuten statt der errechneten Tage.
Mit dem Geruch von frischer Farbe in der Nase trat Ivar um die letzte Ecke. Sieben Schritte später wandte er sich nach rechts und betrat den Kontrollraum der Kammer. Lothair lehnte neben dem Sichtfenster, eine Schulter an der Wand, den Blick auf die Menschen gerichtet, die auf der anderen Seite eingesperrt waren.
Ohne den Blick von ihren Versuchspersonen zu lösen, schüttelte er den Kopf. »Sie denken, sie dürfen nach Hause. Dekontaminationsräume, habe ich gesagt … bevor wir sie an die Oberfläche bringen.«
»Du bist ein guter Lügner.« Ivar warf Lothair einen belustigten Blick zu und richtete seine Aufmerksamkeit auf das Hightech-Computersystem.
»Besser als du.«
Kein Witz. Lothair war in dieser Hinsicht unschlagbar. Ivar grinste und legte die Notizbücher auf der Arbeitsplatte aus Granit ab, in der die Touchscreen-Steuereinheit saß. Mit Blick auf den Monitor machte er sich an die Arbeit und ließ die üblichen Tests durchlaufen.
Alle Werte in der Kammer waren normal. Die Luftschleuse … Check. Die Temperatur angenehme vierundzwanzig Grad und das geschlossene Ventilationssystem in Betrieb … Doppelcheck. Die Kameras und die Mikrofone angeschaltet … Dreifachcheck.
In Ordnung. Das Experiment »Supervirus« konnte beginnen.
Mit schnellen Fingern gab Ivar auf der virtuellen Tastatur seinen persönlichen Sicherheitscode ein. Der Drehmechanismus des Robotersystems zischte, und in der Wand zu seiner Linken erschien eine glänzende schwarze Tafel. Er öffnete die Hand und starrte auf das Röhrchen, das auf seinen Fingern lag. Er atmete tief ein, genoss den Moment, bevor er sein Baby losließ. »Gott sei mit dir«, flüsterte er, legte den Virusträger in die Roboterhand und sah zu, wie er in der Wand verschwand.
Die Kontrolleinheit leuchtete auf, wartete auf sein finales Daumen hoch.
Lothair stieß sich von der Wand ab und kam zu ihm herüber. Schulter an Schulter standen sie da. Ivar sah seinen Stellvertreter an und senkte kurz das Kinn. Sein Freund nickte, streckte die Hand aus und drückte auf den grünen Knopf. Es ging los.
Computer fuhren hoch, das Zischen der Mechanik ein leises Hintergrundgeräusch, während der Kolben geöffnet und das Virus in die luftdicht abgeschlossene Wohnung entlassen wurde.
Jetzt gab es nichts mehr zu tun, außer zu warten.
»Ich habe ein Geschenk für dich.« Lothair griff in die Hintertasche seiner Lederhose, zog ein Stück Papier hervor und reichte es Ivar.
»Weihnachten ist diesmal aber früh im Jahr.«
»Heute ist ein großer Tag. Ich dachte mir, ich sehe mal nach, ob ich an die Nummer zwei auf deinem Wunschzettel herankomme.«
Scharfe Kanten und glattes Papier raschelten, als er sein Geschenk auseinanderfaltete. Zuerst erblickte er das Bild der Frau und … zur Hölle. Was für eine Schönheit! Myst Munroe, die Frau mit der Wahnsinnsenergie. Eine hübsche kleine Blonde mit tiefblauen Augen und einem Mund, der nach Küssen schrie. Lecker. Die Hellhaarigen liebte er. Vor allem, wenn das ganze Blond sich nach Süden erstreckte, bis hin zum scharf umrissenen Dreieck zwischen ihren Oberschenkeln.
Er las die Liste unter ihrem Autokennzeichen. Praktizierende Krankenschwester. Aha. Das passte. Bastian stand schon immer auf die sauberen Mädchen. Für den Kerl gab es keine kleinen Gothic-Schlampen mit Nietenhalsbändern und Netz-Body.
»Wo steckt sie?« Ivar hielt das Papier mit der einen Hand fest und strich mit der Fingerspitze über das Gesicht der Frau.
»Denzeil sucht alles nach ihr ab. Bisher allerdings keine Spur.«
»Bastian hält sie an der kurzen Leine.«
»Sieht so aus. Aber den Daten nach hat sie ihren eigenen Kopf. Er wird es nicht schaffen, sie für immer zu verstecken.« Lothairs dunkle Augen glänzten, und er lächelte. Es war kein freundliches Lächeln. Fast hatte Ivar Mitleid mit der Kleinen. Lothair genoss jede Herausforderung, und wenn der Krieger sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, verfolgte er sein Ziel mit Hartnäckigkeit. Es würde nicht lange dauern, bis Bastians mächtiges Weibchen genau da war, wo Ivar es haben wollte … hinter Gittern in Zellenblock A. »Wir haben Kameras in ihrer Wohnung installiert. Denzeil durchforstet alle behördlichen Datenbanken. Sobald sich auch nur eine Haarspitze von ihr zeigt, haben wir sie.«
Ivar faltete das Papier und steckte es ein.
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