Toedliches Verlangen
auf Glasrand traf. Den Türgriff noch immer so fest umklammert, dass seine Knöchel weiß wurden, hielt Ivar den Atem an, während er darauf wartete, dass der empfindliche Inhalt zur Ruhe kam.
Was mehr als lächerlich war.
Der Schutzanzug, den er trug, war luftdicht. Ein undurchdringliches Teil, das ihn Schicht um Schicht schützte. Warum er überhaupt Zeit damit vergeudete, ihn anzulegen, war ein Rätsel, das er erst noch lösen musste. Drachenblut reagierte nicht gleichermaßen auf Gifte wie die Menschen. Oder auf Viren.
Aber Vorsicht war besser als Nachsicht. Eine Infektion konnte er sich nicht leisten – aus mehr als den offensichtlichen Gründen –, und diese Viecher waren wahre Monster. Und er war sich nicht hundertprozentig sicher, ob er sie kontrollieren konnte.
Hinter seiner Maske lächelte Ivar, als er die Kühlschranktür zufallen ließ. Zur Hölle mit weltlichen Zwängen. Experimentierfreude. Innovation. Das waren die Wurzeln des Erfindungsgeistes!
Bald jedoch würde sein wissenschaftliches Projekt in die Testphase eintreten und die Ergebnisse analysiert werden müssen. Er würde ein paar seiner Arbeitssklaven in die Stahlkammer sperren – ein abgeschlossener, luftdichter Raum, der mit seinem Labor verbunden war – und ein oder zwei der Monster mal eine Runde drehen lassen.
Ivar summte »Born to Be Bad«, während er sein ganz in Weiß gehaltenes Labor durchquerte. Der Raum war makellos, wie aus einem Guss, und er gefiel ihm besser als das gesamte Razorback-Quartier zusammen. Es war sein Rückzugsort, sein Raum der Besinnung. Ein Ort, den zu betreten sich sonst niemand traute.
Und ja … der Angst-Faktor machte ihn echt an. Und das Beste an der ganzen Sache war: Seine Krieger verstanden seine Wissenschaft nicht. Hier unten konnte er tun, was er wollte: keine Einsprüche, keine Fragen.
Die Luftschleuse zischte, als Ivar sich näherte und die Doppelglastüren aufglitten. Mit stolzgeschwellter Brust trat er in die Dekontaminationskammer. Seine kleinen Arbeitssklaven hatten ihre Sache gut gemacht. Das Labor war reinste Perfektion, von den Hightech-Spielzeugen und den Edelstahlarbeitsflächen bis zu den geraden, glänzenden Wänden. Nur eines ärgerte ihn.
Diese Kammer.
Sicher, sie war nagelneu und auf dem letzten Stand der Technik. Aber sie war klein.
Mit einer Bodenfläche von eins zwanzig auf eins zwanzig passte er kaum hinein. Sogar bei guter Laune war sie ihm zu eng. Jesus, das Ding fühlte sich eher an wie ein Sarg als wie das, was es war … ein notwendiger Schritt auf dem Weg vom Labor ins Hauptquartier. Gott sei Dank litt er nicht an Klaustrophobie. Sonst wäre es wirklich die H-Ö-L-L-E , seinen Rückzugsort aufzusuchen. Und auch so hatte er schon mehr als genug Unannehmlichkeiten am Hals.
Er ließ die beruhigende Stille hinter sich und trat in die Mitte der Kammer. Als die Tür sich hinter ihm schloss, begann das Gebläse zu arbeiten. Der gewaltige Luftstrom zerrte an seinem Anzug, während Ivar darauf wartete, dass das ausgeklügelte System ihm ein »Go« gab. Das Licht über dem Ausgang schaltete von Rot auf Grün. Eine Sekunde später öffnete sich das Schloss mit einem Klicken, und die Glastür vor ihm glitt auf.
Frische Luft schlug ihm entgegen. Halleluja. Die stehende Luft im Inneren der Kammer machte ihn jedes Mal nervös. Sie roch zu sehr nach Tod. Oder vielmehr nach der Abwesenheit allen Lebens.
Mit einem tiefen Atemzug und einer kurzen mentalen Anstrengung entledigte Ivar sich des Schutzanzuges. Nackt stand er in einem Eingangsraum, der seinem Labor bis aufs Haar glich – nur ohne die zahllosen langen Arbeitstische –, ließ die Schultern kreisen und streckte seine Muskeln, ein Körperteil nach dem anderen.
Die schmerzenden Knoten in seiner Wirbelsäule lösten sich etwas, als er seine Kleider herbeirief. Ivar seufzte. Nach einem Nachmittag in der heißen Enge des Schutzanzuges fühlten sich die weiten Jogginghosen und das locker sitzende T-Shirt himmlisch an, ein Paradies aus Baumwolle.
Als die Nikes an seinen Füßen saßen, durchquerte Ivar den Vorraum. Ohne langsamer zu werden, rammte er die Doppeltür auf. Mit leisem Quietschen schlugen die Flügel zur Seite und spuckten ihn in den halb fertigen Flur.
Ivar blieb stehen, um sich die Scharniere anzusehen. Seine Miene verfinsterte sich. Die Angeln waren nicht anständig verschraubt worden, und jetzt waren die Metallstifte verbogen. Wer zum Teufel hatte …
Ein Schauder rann ihm den Rücken hinunter. Ah, gut. Die
Weitere Kostenlose Bücher