Tödliches Vermächtnis - Lethal Legacy
Gerichtshof infrage kommt, wenn man in Frankreich lebt. Da gibt es doch bestimmt irgendwelche Auflagen, was die Gerichtsbarkeit angeht.«
Ich sah von meinen Notizen auf und knabberte an meinem Füller, konnte mir aber ein Lächeln nicht verkneifen. »Michael Patrick Chapman. Ist es das, was dich so beschäftigt? Hast du Überstunden gemacht, um mein Liebesleben zu erforschen? Du hättest mich nur fragen müssen.«
Einer der erfahrensten Mordermittler der Stadt wurde oberhalb seines Hemdkragens puterrot.
»Ich musste da gar nicht großartig nachbohren, Blondie. Es steht dir ins Gesicht geschrieben. Wenn du mich fragst, ich fände es schade, den letzten Modeschrei aus Paris unter einer langen schwarzen Richterrobe zu verstecken«, sagte Mike. »Und außerdem ist der Rock, den du da trägst, viel zu kurz für Richter Moffett. Sein Defibrillator könnte einen Gang zu hoch schalten.«
Ich blickte an mir herunter. Das marineblaue Kostüm hatte ich mir vor kurzem auf der Avenue Montaigne gekauft, als ich Luc Rouget, mit dem ich seit dem Frühsommer liiert war, in Frankreich besucht hatte. Hauptsache, ich musste Mike nicht in die Augen sehen.
»Ich mach dir einen Vorschlag«, sagte ich. »Wir bringen diesen Griggs-Antrag hinter uns und dann reden wir beim Abendessen über alles. Ich hatte nie die Absicht, dir oder Mercer etwas zu verheimlichen. Aber als ich Luc kennenlernte, steckten wir gerade mitten in einer Mordserie, sodass mein Privatleben zu Recht in den Hintergrund rücken musste.«
»Du schuldest mir keine Erklärung«, sagte er und wandte sich ab. »Spar dir die Worte, ein gutes Essen reicht, Coop. Aber zieh dich vorher um. Dieses schicke Outfit ist zu mondän für meinen Geschmack.«
»Ich ruf Mercer an. Wir drei waren schon seit über einem Monat nicht mehr zusammen aus. Ich lade euch ein.«
»Und was ist, wenn es um perversen Sex geht?« Mike knüllte seine Serviette zusammen und warf sie über meinen Kopf in den Abfalleimer.
Jetzt war es an mir, zu erröten. »Was?«
»Nicht du und der Franzose. Tina Barr. Vielleicht hat er sie gefesselt, weil sie es wollte. Das würde auch erklären, warum sie nicht reden wollte.«
Als Ermittler in Sachen Sexual- und Morddelikte hatten wir schon alles gesehen. Aber gerade wenn einer von uns dachte, uns könnte nichts mehr schockieren, erfuhren wir von neuen Möglichkeiten, wie man sich zu zweit in den eigenen vier Wänden amüsieren kann.
»Weit hergeholt«, sagte ich. »Aber natürlich nicht ausgeschlossen.«
»Überleg doch mal. Sie wurde gefesselt und geknebelt - dafür gibt es Beweise -, aber sie erzählt dir, dass sie nicht vergewaltigt wurde. Falls sie eingewilligt hat, wird sie nicht die Cops rufen.«
Ich schlüpfte unterm Schreibtisch aus meinen hochhackigen Pumps, bevor Mike sich auch noch darüber auslassen konnte, und zog für unseren Gerichtstermin stattdessen robustere Schuhe an. »Möglich.«
»Was weißt du über Chloroform?«, fragte Mike. »Hast du darüber etwas von deinem Vater aufgeschnappt?«
»War das nicht das erste Narkosemittel, das man im neunzehnten Jahrhundert für gebärende Frauen verwendet hat? Bis die Ärzte dahinterkamen, dass es schädlich war?«
»Jedenfalls ist es immer noch im Umlauf. Allein im Norden von Manhattan hat es in den letzten anderthalb Jahren zu drei Todesfällen geführt.«
Um die polizeilichen Ermittlungen von unnatürlichen Todesfällen zu vereinfachen, hatte man den Bezirk New York - die Insel Manhattan - in zwei Bereiche aufgeteilt. Mikes Abteilung - das Morddezernat Manhattan Nord - war für alles zuständig, was sich nördlich der 59. Straße bis zum Spuyten Duyvil abspielte, während die Kollegen im Süden das Gebiet von Midtown bis zur Battery unter sich hatten.
»Redest du von einem Serienmörder?«
»Ach was.« Mike ließ seinem Bagel eine Handvoll roter Lakritzstangen folgen. »Das Phänomen nennt sich plötzlicher Schnüffeltod. Lieutenant Peterson hat mir erst gestern davon erzählt. Die Zutaten kann man kinderleicht im Internet kaufen. Chloroform wirkt betäubend auf das zentrale Nervensystem. Wenn es dich nicht umbringt, dann wird dir nach dem Inhalieren
schwindlig, du wirst müde und bekommst mörderische Kopfschmerzen.«
»Du glaubst also, dass Tina aus Versehen eine Überdosis erwischt hat, als sie sich für irgendwelche Sexspielchen in Stimmung bringen wollte? Ich weiß nicht, Mike. Sie hat behauptet, dass der Kerl sie umbringen wollte.«
»Vielleicht stimmt das ja, vorausgesetzt, man
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