Tödliches Vermächtnis - Lethal Legacy
Ihres Bruders?«, fragte Mike.
»Weil ich mit Tallys erster Frau - seiner verstorbenen
ersten Frau - sehr eng befreundet war. Als sie noch lebte, war ich oft bei ihnen, um mir Schmuck auszuleihen, den sie von meiner Mutter geerbt hatte. Und ja, sie starb eines natürlichen Todes - nicht dass Sie denken, ich hätte ihm da nicht auf die Finger geschaut.«
»In meinem Ankleidezimmer steht eine Kommode, Detective. Ich habe das Buch dort in einem Geheimfach aufbewahrt. In einem verschließbaren Geheimfach im Sockel der Kommode.«
»Mit einem Schlüssel verschließbar?«
»Ja.«
»Haben Sie den noch?« Ich dachte an den Schlüssel, den wir in der Bibliothek gefunden hatten.
»Ja, er ist zu Hause. Sie können ihn gern haben.«
»War das Schloss defekt?«
»Nein. Vermutlich wurde es geknackt.«
»Wer weiß von dem Geheimfach?«
»Na ja, meine Frau natürlich.«
Minerva verschränkte die Arme und gab ein langes, leises »Muh« von sich.
»Ich glaube nicht, dass sonst noch jemand darüber Bescheid weiß.«
»Ihre Haushälterin?«
»Sie macht dort sauber, natürlich, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie irgendetwas damit zu tun hat. Sie arbeitet seit zwanzig Jahren für mich, Mr Chapman.«
»Sonst noch jemand?«, fragte Mike. »Handwerker? Techniker? Nachbarn?«
»Ich wohne in der Park Avenue. Das Gebäude ist sehr sicher. Und wir hatten keine Handwerker in der Wohnung.«
»Wer hat dir mit deiner Bibliothek geholfen?«, sagte
Minerva und arrangierte die französischen Tulpen in einer Vase neben dem Sofa. »Du hast doch immer jemanden für deine Bücher gehabt. Wer macht das jetzt, Tally?«
»Mein langjähriger Kurator. Sie können gern mit ihm sprechen. Er kommt nur einen Tag die Woche.«
Minerva Hunt brach einen Blumenstängel ab und sah ihren Bruder an. »Den meine ich nicht, Tally. Wer ist denn derzeit dein Bücherdoktor? Wer hat deine Restaurierungsgutachten gemacht? Die Risse repariert? Deine Buchkassetten überprüft?«
Talbot Hunt versuchte, Minerva zu ignorieren, aber sie kam gerade erst richtig in Fahrt.
»Ah, verstehe«, sagte sie. »Sag diesen netten Detectives doch, was sie wissen sollten.«
»Das hat damit nichts zu tun.«
»Tina Barr hat für meinen Vater gearbeitet, Mr Chapman. Wie Sie sich denken können, wurde sie hier gut behandelt. Dann hat sie plötzlich gekündigt. Von einem Tag auf den anderen.«
»Um für Alger Herrick zu arbeiten«, sagte Talbot.
»Nur in Teilzeit«, sagte ich. Das hatte uns Herrick erzählt.
»Du hast sie Vater ausgespannt, stimmt’s? Du wusstest, dass Tina alle Informationen über seine Sammlung hat, die du ihm selbst nicht abluchsen konntest. Wie nah hast du sie rangelassen?«
Tally hatte einen hochroten Kopf und sah aus, als hätte er seiner Schwester am liebsten ins Gesicht gespuckt.
»Sie wollte die zusätzliche Arbeit. Hier gefiel es ihr nicht. Das hier ist ein Mausoleum und keine Bibliothek. Ich habe ihr einen Gefallen getan, Minerva. Geht das in deinen Schädel?«
»Wie weit bist du gegangen, Tally? Mehr will ich nicht wissen.«
»Es ist nicht so, wie du denkst«, sagte er mit zusammengebissenen Zähnen.
»Du hast mit ihr geschlafen, stimmt’s?«
»Hör auf!«, schrie er Minerva an. »Wie kannst du nur so dumm sein!«
»So dumm, weil ich dahintergekommen bin oder weil ich es vor den Detectives ausgesprochen habe?«
Ich hatte Tina Barr nur einmal unmittelbar nach dem Überfall in ihrer Wohnung gesehen und konnte mir die verstörte junge Frau schwerlich als jemandes Geliebte vorstellen.
Talbot Hunt wandte sich in Richtung Flur.
Mike folgte ihm. »Ich hätte sie gar nicht für Ihren Typ gehalten, Mr Hunt. Also welchen Gefallen haben Sie ihr getan? Wie lange dauerte die Affäre?«
Hunt blieb stehen. »Man kann es kaum eine Affäre nennen, Detective. Tina hat mich angemacht, das war alles. Sie war einsam und … na ja, da ist es eben passiert.«
»Ich fühle mich auch manchmal einsam, Mr Hunt. Das heißt nicht, dass ich mit jeder Erstbesten ins Bett steige«, sagte Mike. »Was meinen Sie mit ›es‹? Hatten Sie eine sexuelle Beziehung?«
Hunt blickte wütend an Mike vorbei zu Minerva.
»Ich werde Josie nichts verraten«, sagte Minerva. »Sie müssen wissen, Mr Chapman, er hat eine Heidenangst vor seiner Frau. Er hat bereits zu viel vom Vermögen der Hunts in sie investiert, und sie setzt ihn damit unter Druck.«
»Haben Sie bei sich zu Hause, in Ihrem Schlafzimmer, mit Tina Barr geschlafen?«, fragte Mercer. »Dort, wo Sie das
Weitere Kostenlose Bücher