Tödliches Vermächtnis - Lethal Legacy
sagte Bea. »Herrick ist nun mal ein Ptolemäus-Sammler. Er versucht alle wichtigen Ausgaben seiner Werke aufzukaufen.«
»Und Minerva?«, fragte ich.
»Ausschließlich Mercator.« Bea reichte Mike das Buch, damit er es wieder ins Regal legte.
»Entschuldigung. Ich verstehe nicht.«
»Mercator war einer der größten Geografen des sechzehnten Jahrhunderts, Alex. Mercatorkarten kennt doch jedes Schulkind.«
»Natürlich«, sagte ich und dachte an die Zylinderprojektionen, auf denen die Längen- und Breitengrade in einem strengen Rastermuster dargestellt waren.
»Gerardus Mercator. Seine Karten waren für die Seenavigation gedacht, damit Seeleute ihre Position auf See auch ohne Instrumente, nur mithilfe von Geraden bestimmen konnten.«
»Wie nennt man das noch mal, wenn Seeleute das tun?«, fragte ich.
Mike strich sich die Haare zurück. » Dead Reckoning .«
Bea Dutton drohte Mike mit dem Finger. »Genau das hat Eddy Forbes über Minerva gesagt. Damals dachte ich noch, er würde Witze machen. Er sagte, sie funktioniere selbst schon wie eine Mercator-Projektion.«
»Was hat er damit gemeint?«, fragte ich.
»Wenn man Minerva Hunt das Steuer überlässt, sagte er immer, dann wird jeder, der ihr in die Quere kommt und sich zwischen sie und ihr Ziel stellt, mit Sicherheit den Tod finden. Das meinte er mit Dead Reckoning .«
40
Um neun Uhr hatten sich die Kuratoren und Polizisten schubweise, wie nach einer Schatzsuche bei einem Kindergeburtstag, wieder vollzählig im Kartenraum eingefunden.
Bea durchsuchte jeden einzelnen der zusammengetragenen Prunkbände und Atlanten nach weiteren Teilen der verschollenen Karte, konnte aber nichts finden. Jill Gibson saß mit düsterer Miene in einer Ecke des Raums, wobei sie ihre Hauptliste mit den Fundstücken verglich und notierte, welche Titel als vermisst gemeldet wurden.
»Ich kann vor lauter Hunger nicht mehr klar denken«, stöhnte Mike.
»Es gibt ein paar Restaurants, gleich um die Ecke«, sagte Bea. »Wir könnten zu Fuß hingehen.«
»Dafür haben wir keine Zeit. Coop, hast du genug Bares, damit wir zirka acht Pizzen für die ganze Truppe holen können?«
Ich griff in meine Hosentasche und gab ihm Geld.
»Aber hier drinnen wird nicht gegessen, Mike«, sagte Bea. »Da müssten Sie mich schon festnehmen, bevor ich hier jemanden mit Essen reinlasse.«
»In Ordnung.« Er winkte einen jungen Cop zu sich.
»Schick deinen Partner los. Er soll uns für das Geld hier Pizzen holen. Mit allem, nur keine Sardellen. Holt ein paar Planen aus dem Tatortbus und breitet sie beim Lieferanteneingang auf dem Fußboden aus.«
Mike wandte sich an Bea. »Ein bisschen frisch für ein Picknick im Freien, aber das ist alles, was ich Ihnen anbieten kann.«
»Soll mir recht sein.«
Während wir auf das Essen warteten, fuhr Bea mit ihrer Begutachtung der Bücher fort, die hauptsächlich aus der Hunt-Sammlung stammten. Ich erhaschte flüchtige Blicke auf die fernöstlichen Sex-Litografien, die Curtis-Fotografien und mehrere Ausgaben von Marco Polos Tagebüchern. Die erotischen Zeichnungen waren visuell ebenso beeindruckend wie die Sepiadrucke der amerikanischen Ureinwohner und die genialen Aufzeichnungen des berühmten venezianischen Reisenden, aber keiner der inspizierten Bände förderte einen der ersehnten Bonus zutage.
Als knapp eine halbe Stunde später unser Essen eintraf, gingen wir - Mike, Mercer und ich - zusammen mit unseren müden Helfern hinaus zum Lieferanteneingang und versuchten uns beim Essen abzulenken.
»Bea, ich wette, Sie haben auch einiges an Trivialwissen auf Lager.« Mike saß im Schneidersitz auf einer Plane, und Bea hatte sich ein paar Meter von ihm entfernt auf einer Treppenstufe niedergelassen.
»Kommt drauf an. Warum?«
»Mercer, Coop und ich wetten, so oft es geht, auf die Final Jeopardy! -Frage. Wollen Sie meine Teampartnerin sein?«
»Das würde Ihnen nicht viel nützen.«
Mike aß sein zweites Stück Pepperonipizza. »Coop, ich weiß, dass du die gestrige Sendung nicht gesehen
hast, weil du zu der Zeit mit diesem Verrückten im Taxi unterwegs warst. Und Mercer war bei mir. Gut, dass ich einen DVD-Rekorder und kein Privatleben habe. Zwanzig Kröten. Ich nehm’s mir vom Wechselgeld, Coop.«
»Nur zu. Es wäre ja auch das erste Mal, dass du mir das Wechselgeld zurückgibst.«
»Die Kategorie lautet ›Tiere‹. Tiere, meine Damen und Herren.«
»Das ist nicht fair, Chapman. Du kennst die Frage und die Antwort«, sagte Mercer.
»Doppelt oder
Weitere Kostenlose Bücher