Tödliches Vermächtnis - Lethal Legacy
Schenkung von J. P. Morgan. Das war für Hunt normalerweise ein Anreiz, eine Ausgabe zu finden, die genauso gut oder eleganter gebunden war. Ein Blick kann nicht schaden.«
»Dann los.«
Mike, Bea und ich waren jetzt mit den restlichen Polizisten allein im Raum. Ich stellte mir vor, wie die Bibliothek, ähnlich wie in Jane Eliots Geschichten, nachts zum Leben erwachte, während die Kuratoren und Polizisten die Bücherkäfige aufsperrten und die Lager- und
Magazinräume bis in den letzten Winkel durchstöberten.
Bea breitete die Kopie der Karte von 1507 auf einem der Tische aus. »Wir haben eine lange Nacht vor uns, Leute, aber vielleicht können wir einige Kartenabschnitte den entsprechenden Weltteilen zuordnen.« Sie putzte ihre Brille am Saum ihres Pullovers, dann nahm sie einen roten Marker aus ihrer Tasche und nummerierte die Kartenabschnitte von eins bis zwölf, wobei sie in der linken oberen Ecke anfing. »Sie sollten mich ebenfalls im Auge behalten, Mike. Ich habe auch ein paar Atlanten, die infrage kommen.«
»Ich würde Ihnen mein erstgeborenes Kind anvertrauen, Bea. Brauchen Sie Hilfe?«
»Sie können gern in meinen Käfig mitkommen.«
Wir durchquerten den Raum und folgten Bea vorbei an der Theke und ihrem Schreibtisch. Sie zog einen Schlüsselbund aus ihrer Hosentasche, suchte, bis sie den richtigen Schlüssel fand, und schloss die Tür zu einem Raum auf, der mich an einen Tresorraum erinnerte.
»Hier drinnen werden die ältesten Karten aufbewahrt«, sagte sie, während wir zwischen brusthohen Metallschränken mit großen horizontalen Schubladen hindurchgingen. »Die losen Karten natürlich.«
An der Rückseite des Raums, von der Theke aus nicht einsehbar, reihten sich Regale mit alten Büchern, alle in Übergröße und meist mit prachtvollen Verzierungen.
»Alle großen Kartografen sind hier vertreten«, sagte sie. »Mercator, Ortelius, Blaeu, Seller.«
»Suchen Sie jemand Bestimmten?«, fragte Mike.
»Einen meiner Lieblingskartografen, Detective. Claudius Ptolemäus.«
»Ich weiß. Ich weiß alles über Ptolemäus.« Mike blickte zu den Regalen über Beas Kopf. »Der Erste, dem wir ein mathematisches Bild des Universums verdanken. Einhundertfünfzig vor Christus, richtig?«
Er zitierte die Informationen, die wir von Alger Herrick bekommen hatten.
»Sie lernen schnell, Mike.«
Er bewegte den Kopf hin und her, während er die Regale absuchte. »Der Typ ist überall. Was genau suchen Sie?«
»Die Erfindung der Druckerpresse machte illustrierte Bücher aller Art verfügbar. Die Werke von Ptolemäus wurden aus dem Griechischen in alle europäischen Sprachen übersetzt. Die Römer wollten die Florentiner ausstechen, die Straßburger Gelehrten glaubten, die Karten schöner kolorieren zu können als die Ulmer. Vicenza, Basel, Venedig, Amsterdam - in allen Teilen des Kontinents lieferten sich die Druckwerkstätten einen Wettlauf, um Reiche und Adelige mit diesen Karten zu versorgen. Erst-, Zweit-, Drittausgaben. Das mag Ihnen recht viel vorkommen, aber jeder Band für sich genommen ist einzigartig.«
»Kommen irgendwelche von denen aus der Sammlung von Jasper Hunt?«, fragte ich.
»Das ist ein wunder Punkt, Alexandra«, sagte Bea.
»Warum?«
»Da ist er, Mike. Könnten Sie ihn mir bitte herunterholen?« Bea hatte den gesuchten Band gefunden. »Ein Straßburger Ptolemäus von 1513.«
Mike reichte ihr das große Buch, und sie trug es zu ihrem Schreibtisch, wobei sie liebevoll über den Einband strich. »Ein zeitgenössischer Nürnberger Einband aus blindgeprägtem Kalbsleder auf Holzdeckeln.«
Ein kunstvolles Lilienmuster mit einer Blattborte, vergoldeten Blumen- und Greifmotiven schmückte den Vorderdeckel und ließ den Atlas noch prunkvoller erscheinen.
»Von diesem Werk gibt es nur noch dreiunddreißig Exemplare«, sagte Bea. »Vor dem Zweiten Weltkrieg hatte unsere Bibliothek zwei Stück.«
»Ein Geschenk von Jasper Hunt?«, fragte ich.
»Damals ja. Aber er beschloss, sich einen der Atlanten zurückzuholen. Das war natürlich lange vor meiner Zeit, aber das zweite Exemplar tauchte nie wieder auf, obwohl es garantiert auf der Liste steht, die Jill Ihnen geben wird.«
»Klar, man soll ja nichts tun, was die Hunt-Erben nervös machen oder reizen könnte«, sagte Mike. »Warum gerade diese Ausgabe?«
»Weil es vielleicht genau die Art Idee war, die unseren exzentrischen Freund Jasper Hunt jr. amüsiert hätte«, sagte Bea. »Sie erinnern sich - bis 1507 war auf keiner Landkarte das Wort
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