Toedliches Versprechen
solcher Dilettanten stand, würde es keine Kunst sein, sie zu kidnappen.
Er warf noch einen Blick auf Winters Haus. Von Hannah aus war er hierher gefahren. Von ihr hatte er allerdings nichts zu sehen bekommen. Mittlerweile setzte die Dämmerung ein und im Haus wurde Licht eingeschaltet und Vorhänge zugezogen. Und da war sie, endlich. Mit einer zweiten Frau und einem kleinen Mädchen trat sie aus der Tür und blickte sich wachsam um. Die andere Frau sagte etwas, was sie lächeln ließ. Dann umarmten sie sich wie alte Freundinnen, sie strich dem Kind über den Kopf und schloss mit einem kurzen Winken die Tür. Ihre Besucher stiegen in einen schicken SUV und fuhren davon.
Griffin überlegte, ob er ihnen folgen sollte, um herauszufinden, wer sie waren. Doch dann entschied er sich, lieber ein paar Straßen entfernt Stellung zu beziehen und auf die Nacht zu warten. Winters würde sicher bald nach Hause kommen. Einmal am Tag sein Schicksal herauszufordern war mehr als genug.
*
Februar 2002
Der Regen prasselte gegen die Fenster und ließ die Scheibenwischer auf Hochtouren arbeiten. Griffins Wagen röhrte durch die Dunkelheit, sein Kühlergrill immer nur einen Meter von Nadines Heck entfernt. Sein Wagen war höher als ihrer und er hatte die Scheinwerfer extra hoch eingestellt, um sie zu blenden. Diese verdammte kleine Schlampe hatte tatsächlich versucht, sein Leben zu zerstören. Heute hatte sie noch einmal einen Termin bei der Polizei gehabt, um eine einstweilige Verfügung gegen ihn zu erwirken.
Er konnte es immer noch nicht glauben. Sie hatte eine Kamera in ihrem Zimmer installiert und ihn gefilmt. Die Bilder waren grob und körnig, zeigten aber trotzdem eindeutig ihn, wie er ihre Unterwäschekommode durchwühlte. Er war auf der Suche nach einem hübschen Set gewesen, dass die Nutte tragen sollte, die mittlerweile zu seiner Stammhure geworden war. Sie war bereit, die Perücke zu tragen, hatte ungefähr Nadines Figur – ein Großteil der Kilos, die sie sich zu Beginn des Studienjahres angefressen hatte, waren wieder verschwunden – und zog ohne groß zu murren die Unterwäsche an, die Griffin ihr mitbrachte. Das half ihm, seine Fantasien auszuleben. Das hatte er jetzt schon ein paar Mal praktiziert. Nadine hatte nichts davon mitbekommen, weil er die Höschen und BHs nach seinen Ausflügen ins Rotlichtmilieu fein säuberlich an ihren Platz zurücklegte. Aber diesmal hatte sie ihn dank dieser verdammten Kamera erwischt und sofort bei der Polizei Anzeige gegen ihn erstattet.
Natürlich nicht bei der Campuspolizei, sondern bei der richtigen. Auf dem Campus hätte er diesen kleinen Zwischenfall regeln können. Bei den richtigen Cops war das nicht möglich. Nadine hatte ihm in die Eier getreten.
Das College hatte ihm eine offizielle Rüge erteilt, eine verdammte Ermahnung, die jetzt in seiner Personalakte stand. Und sie war dabei, eine einstweilige Verfügung gegen ihn zu erwirken. Sie glaubte, das würde helfen, ihn von ihr fernzuhalten. Aber da hatte sie sich gründlich geschnitten. Jetzt würde er ihr zeigen, was passierte, wenn man ihn herausforderte.
Auf dem Weg von der Polizeiwache zu ihrem Wohnheim begann er mit seiner Mission. Er hatte in einer Seitenstraße gewartet, bis sie an ihm vorbeifuhr und sich dann an ihren Wagen gehängt. In der Dunkelheit und bei dem Regen konnte sie sein Kennzeichen nicht erkennen. Man würde ihm nichts nachweisen können. Aber sie würde Angst haben. Und Panik. Seine Lichter blendeten sie, was bei dem Wetter wirklich übel war. Er bedrängte sie. Fast glaubte er, ihre aufgerissenen Augen im Rückspiegel erkennen zu können. Es war ein bisschen wie bei den Anrufen. Am Anfang hatte sie noch souverän geklungen, doch je öfter er sie anrief, ohne etwas zu sagen, umso ängstlicher und panischer klang ihre Stimme. Mittlerweile ging sie nachts nicht mehr ans Telefon. Aber sie saß in ihrem Zimmer und starrte den Apparat an.
Als er Nadine kennenlernte, hatte er geglaubt, das unbändige Verlangen nach ihr wäre das stärkste Gefühl, das er jemals empfunden hatte. Aber inzwischen hatte er begriffen, dass ihm die Angst, die sie vor ihm hatte, eine Macht über sie verlieh, die um vieles erregender war. Er konnte sie erschrecken, verfolgen, quälen, bis sie zusammenbrach. Vielleicht brachte sie sich um. Die Anzahl der Schlaftabletten, die sich in ihrem Zimmer sammelten, war bei jedem seiner heimlichen Besuche größer gewesen. Vielleicht erlöste sie die Welt von ihrem
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