Toedliches Versprechen
vorhanden war, was man zum Backen brauchte.
»Was für Kekse sollen wir backen, Tanya?«, fragte Liz.
» Chocolate-Chip-Cookies «, rief die Kleine begeistert und hüpfte mit Fudge um die Kücheninsel.
»Gute Wahl«, lobte Marcia. »Hannah, Sie messen die Zutaten ab.« Sie schob die Zutaten und die Küchenwaage zu ihr herüber und sagte die Mengen auf, die Hannah akribisch genau abmaß.
In Gedanken war Hannah bei dem Telefonat, das sie gerade geführt hatte. Sie wusste nicht, wie sie das Gespräch mit ihrem Klinikleiter einschätzen musste. In einem Krankenhaus sollte eine Atmosphäre von Vertrauen und gegenseitigem Respekt herrschen. Auch wenn sich nun alles zum Guten wenden könnte, war sie sich nicht sicher, ob sie im Angesicht dessen, was geschehen war, noch dort arbeiten konnte. Es würde immer ein Hauch von Zweifel in der Luft liegen. Bei jedem Patienten, dem sie nicht helfen konnte, bei jedem Patienten, der sterben würde, würde man sie mit schiefen Blicken ansehen und genau überprüfen, was passiert war, ob sie möglicherweise einen Fehler gemacht hat. Man würde sie nie mehr wie früher behandeln.
Ein Zupfen am Saum ihres T-Shirts riss sie aus ihren düsteren Gedanken. Tanya stand neben ihr, hob die Hände und wackelte grinsend mit den Fingern. »Wir müssen den Teig mit den Händen kneten. Das ist immer eine Riesensauerei, sagt Mommy. Hilfst du mir?«
Hannah konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Die Kleine verstand es meisterhaft, Erwachsene mit ihrem Engelsgesicht um den kleinen Finger zu wickeln. »Natürlich helfe ich dir. Wollen wir doch mal sehen, ob wir es ohne Sauerei schaffen.«
Tanya lachte hell auf. »Das glaub ich nicht.«
Sie sollte recht behalten. Ehe Hannah sich versah, zierte ein Schokoladenfleck ihr Shirt, Fudge nieste mit Mehl auf seiner Nase und Tanyas teigverschmierter Mund plapperte ununterbrochen.
Hannah begann, sich zu entspannen und die Anwesenheit der Frauen und des Kindes zu genießen. Sie lachte über Liz’ Witze, lauschte Marcias Rezepturen für die perfekte Lotion und ihre Hexentinkturen und genoss den kleinen Wirbelwind, der sie alle auf Trab hielt.
Als der Nachmittag voranschritt und Tanya wegen ihres fehlenden Mittagsschlafs und den vielen Keksen in ihrem Bauch zu quengeln begann, stellte sie fest, dass sie den Tag über nicht an Griffin Gordon gedacht hatte. Sie hatte keine Angst gehabt und sich keine Sorgen gemacht.
Liz versprach zum Abschied, sie am nächsten Tag wieder zu besuchen – und Hannah freute sich darauf. Joshs Schwester und seine Nachbarin umarmten sie zum Abschied, und Tanya drückte ihr einen schokoladigen Kuss auf die Wange.
Sie wartete, bis sich die Tür hinter ihren Gästen schloss. Dann strich sie Fudge, der schwanzwedelnd zu ihr aufsah, über den Kopf. »Sie sind nett«, sagte sie zu dem Hund und er gab ein verständiges Bellen von sich, das sie zum Lachen brachte. »Na los, sehen wir, ob wir etwas zu fressen für dich finden. Dann machen wir es uns gemütlich, bis dein Herrchen nach Hause kommt.«
*
Josh drehte noch eine Runde durch Hannahs Viertel. Nachdem Judy in Griffin Gordons Quartier eingetroffen war, war er in Hannahs Wohnung zurückgekehrt, hatte die Rosen entsorgt und weitere Kleidung zusammengesucht. Hannah würde auf keinen Fall sein Haus verlassen, solange dieser Irre draußen herumlief. Er würde ihr von der ermordeten Frau erzählen müssen. Sein Magen zog sich bei dem Gedanken zusammen. Es nützte aber nichts, sie hatte die Wahrheit verdient, musste wissen, woran sie war.
Ihm fiel nichts Verdächtiges auf. Er fuhr nach Hause und überprüfte die Straßen seiner Wohngegend. Nichts.
Josh parkte seinen Wagen in der Garage und betrat das Haus durch die Verbindungstür zur Küche. Hannah und er hatten sich den Tag über mehrfach angerufen. Sie schien sich mit seiner Nachbarin, seiner Schwester und seiner Nichte gut amüsiert zu haben. Auf der Anrichte stand eine große Platte frischgebackener Kekse, deren Duft ihm schon an der Tür entgegengeschlagen war. Von Hannah war nichts zu sehen oder zu hören.
Lizzy hatte sein Haus vor etwa einer Stunde verlassen. Sie hatte bei Tanya einen keksbedingten Zuckerschock diagnostiziert und sich dazu entschlossen, das quengelnde, übermüdete Mädchen ins Bett zu verfrachten. Von ihrem Wagen aus hatte sie ihn angerufen, um ihn wissen zu lassen, dass er es sich bloß nicht mit Hannah verderben sollte. Hannah war ihrer Meinung nach eine fantastische und faszinierende Frau. Und
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