Töte, Bajazzo
er mir entgegen, es gab einen anderen Grund, und der war verdammt endgültig. Santini lebte nicht mehr. Bevor er zu Boden stürzte, fing ich ihn an der Schulter ab und spürte sofort die Nässe auf meiner Handfläche. Blut! Es stammte aus einer Wunde am Hals, die von der Mordklaue der Kreatur hinterlassen worden war. Santini konnte kein Arzt der Welt mehr helfen. Er hatte nach den Gesetzen der Kreaturen versagt, und dafür mußte er mit dem Leben bezahlen.
Ich stemmte den Toten wieder zurück in den Croma und blieb neben dem Fahrzeug stehen.
Es war kalt geworden. Von den Bergen im Norden her wehte der Wind in die Ebene hinein und durchwühlte mein Haar. Ich trug nur mein Jackett und eine Hose, keinen Mantel und auch keine Jacke, die mich geschützt hätte.
Was war zu tun?
Die Polizei benachrichtigen? Es mußte auch anders gehen.
Mir war klar, daß man den Toten finden würde. Man würde sich Gedanken machen, es würde spekuliert werden, und wahrscheinlich würde man diese Tat der Mafia in die Schuhe schieben. Etwas, das sehr oft passierte. Vielleicht würde man sich auch für die Lache interessieren und sich darüber wundern, wieso sie vor dem Fahrzeug lag. Das waren nicht meine Probleme…
Ich hatte viel versucht und war leider reingefallen. Offen und ehrlich mußte ich zugeben, daß man mich gelinkt hatte, denn von dem Treffen mit Santini hatte ich mir mehr versprochen als eine Todesfalle.
Da in der Ferne die Lichter eines Scheinwerferpaars erschienen, sorgte ich zunächst für eine gute Deckung. Neben dem Graben duckte ich mich in den Schatten des Fiat und wartete ab, bis das andere Fahrzeug – ein Transporter mit Anhänger – wieder in der Dunkelheit verschwunden war.
Mit dem Croma zurückfahren durfte ich nicht. Auch in Mailand waren Polizeistreifen unterwegs, und eine zerstörte Frontscheibe fiel auf.
Es blieb mir nichts anderes übrig, als mich zu Fuß auf den Weg zum Hotel zu machen. Vielleicht fand ich unterwegs ein Taxi.
Die leichten Wunden am Hals bluteten nicht mehr. Es würden Striemen zurückbleiben, die einzige Erinnerung an diesen Fall, auf die ich aber gern verzichtet hätte.
Ich war wieder einmal nicht weitergekommen. Aber ich hatte meine Gegner aufgeschreckt. Man wollte eben nicht, daß wir uns mit dem Verbleib der Bundeslade beschäftigten, doch die andere Seite sollte sich geirrt haben. Ich würde weitermachen, und ich war auch davon überzeugt, sie irgendwann zu finden. Das alles glich einem gewaltigen Puzzle, das aus sehr vielen kleinen Steinen bestand, die von mir und meinen Freunden zusammengelegt werden mußten.
Es war ungefähr ein Uhr am Morgen, als ich mich auf den Weg machte.
Ein einsamer nächtlicher Wanderer, der nach Möglichkeit das Licht der vorbeifahrenden Autos mied, denn wenn die bleichen Strahlen in meine Nähe gerieten, tauchte ich immer wieder in den Straßengraben.
Das Zentrum der großen Stadt schickte mir seinen Lichtgruß entgegen.
Ich marschierte auch nicht durch das leere Industriegebiet, sondern orientierte mich anhand gewisser Schilder, die mich in den Bereich der Innenstadt brachten.
Ich fand auch ein Taxi. Nur schaute mich der Fahrer mißtrauisch an, als ich einstieg. Ich zeigte ihm Geld.
Das überzeugte ihn, und die Nobeladresse, die ich ihm nannte, ließ sein letztes Mißtrauen schwinden.
Stunden später!
Gut hatte ich nicht geschlafen, sondern mehr in Etappen. Einmal tief und fest, dann wiederum sehr seicht, auch unruhig und geplagt von irgendwelchen Träumen, die mir nach dem Wachwerden allerdings nicht mehr in den Sinn kamen.
Es war auch egal, denn meine eigenen Träume interessierten mich nicht.
Ich hatte verloren, das stand fest. Die Reise nach Mailand war ein Schlag ins Wasser gewesen, wenn ich es realistisch betrachtete. Auf der anderen Seite allerdings wußte ich jetzt, daß mich gewisse Kräfte unter Beobachtung hielten und sogar versuchten, mir Fallen zu stellen, wie ich es erlebt hatte.
Ich war gespannt, was Sir James zu diesem ›Erfolg‹ sagte und rief ihn noch vor dem Frühstück von meinem Zimmer aus an. Auf der Bettkante sitzend wartete ich auf seine Stimme. Erst nach dem vierten Durchläuten hob er ab.
»Guten Morgen, Sir.«
»Ah – John. Sie sind noch in Mailand?«
»Ja, in meinem Hotel.«
»Und? Erfolg gehabt?«
»Nein.«
Ich hörte ihn durch die Leitung schnaufen, denn diese Meldung hatte ihm überhaupt nicht gefallen. »Nun ja, man kann nicht immer gewinnen. Sie wollen trotzdem berichten…«
»Deshalb rief ich
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