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Töte mich - Osborne, J: Töte mich - Kill Me Once

Töte mich - Osborne, J: Töte mich - Kill Me Once

Titel: Töte mich - Osborne, J: Töte mich - Kill Me Once Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Osborne
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Fünfzehn Sekunden später untersuchte sie die nahe beieinanderliegenden Muster von Einschusslöchern in der Brust und im Kopf der Papierzielscheibe.
    Dana schloss die Augen und wischte sich den Schweiß von der Stirn, während sie sich ein Gesicht auf der Zielscheibe vorstellte. Ein Gesicht, das sie nicht kannte und doch jeden Tag sah. Seltsam, wie der Verstand manchmal arbeitet: Ausgerechnet das, was man am liebsten vergessen hätte, wird zum Einzigen, woran man sich erinnert.
    Dana schob ein frisches Magazin in die Glock und heftete eine neue Zielscheibe auf den Kugelfang, während sie in Gedanken ein weiteres Mal die Fakten des Falles durchging, angefangen bei der ersten Leiche in einem Müllcontainer hinter einem Lebensmittelmarkt im September bis hin zur Entdeckung des verstümmelten Leichnams von Jacinda Holloway auf der East Side von Cleveland in der vergangenen Nacht.
    Jedes der kleinen Mädchen war sexuell misshandelt worden, allerdings nicht durch Vergewaltigung durch den Täter selbst: Die vaginalen Verletzungen waren durch fremde Gegenstände hervorgerufen worden. Es gab kein Sperma – überhaupt keine DNS – an einer der Leichen.
    Der Cleveland Slasher war sehr vorsichtig, so viel stand fest. Und im Gegensatz zu vielen anderen Killern, denen Dana im Verlauf der Jahre auf den Fersen gewesen war, schien der Cleveland Slasher nicht das geringste Interesse daran zu haben, geschnappt zu werden.
    Das Fehlen von Sperma und DNS auf den Leichen bedeutete jedoch nicht, dass ihm die Morde keine sexuelle Lust bereiteten. Die meisten Serienkiller erregte das Gefühl von Kontrolle und Macht über ihre Opfer, nicht die sexuelle Handlung selbst.
    Trotzdem. Wie war es ihm gelungen, keinerlei Spuren am Tatort zu hinterlassen? Das war im Zeitalter der fortgeschrittenen Forensik nahezu unmöglich.
    Es sei denn, man wusste ganz genau, wonach die Spurensicherung suchte. Angesichts der Flut der Fernsehserien und Bücher über dieses Thema betrachtete sich heutzutage zwar jeder als Experte, doch dieser Killer hier kannte die winzigen Details, die eigentlich nur jemand wissen konnte, der beruflich mit diesen Dingen befasst war. Entweder das, oder er war tatsächlich unglaublich gerissen.
    Danas Herz schlug schneller, als ihr ein Gedanke kam. Es war zwar unwahrscheinlich, dass jemand so viel Dreistigkeit besaß, doch sie nahm sich vor, den Hintergrund sämtlicher Personen zu überprüfen, die bei den bisherigen Fällen an der Spurensicherung mitgearbeitet hatten. Sie war wütend auf sich selbst, weil sie nicht schon früher daran gedacht hatte. Wenn sie etwas von Crawford gelernt hatte, dann die Regel: Lass keine Möglichkeit aus. Ganz egal, wie fantastisch oder unwahrscheinlich etwas sein mochte – manchmal lag die Wahrheit genau dort. Dana konnte es sich nicht erlauben, einen Gedanken oder eine Idee zu ignorieren, weil sie im ersten Moment willkürlich erschien. Nicht, wenn Menschenleben davon abhingen, dass sie ihre Arbeit ordentlich machte.
    Als die neue Zielscheibe fünfzehn Meter entfernt war, verschoss sie ein weiteres Magazin. Diesmal trafen sämtliche Schüsse den Kopf.
    Zehn Minuten später verließ Dana die Schießanlage und überquerte den Campus in Richtung des vollen Hörsaals. Es war, als wäre sie nie weg gewesen, so vertraut erschien ihr alles. Im Saal lauschten hundert Studenten andächtig, wie Crawford Bell die bizarren Begleitumstände im Fall eines berüchtigten Serienkillers schilderte, der von der Presse den Spitznamen »Don Juan« erhalten hatte.
    Es war die gleiche Vorlesung, die Crawford seit Jahren hielt, doch Dana war immer wieder erstaunt über seine Fähigkeit, dem Stoff jedes Mal einen neuen Aspekt abzugewinnen, sodass er unverbraucht und interessant wirkte. Kein Wunder, dass der Mann mit seinen Büchern bereits fünf Mal auf der Bestsellerliste der New York Times gestanden hatte. Er war gut, verdammt gut. Zuerst schnappte er Bestien wie Eliot Ness, und hinterher schrieb er darüber wie Truman Capote. Eine ziemlich beeindruckende Kombination.
    Dana beobachtete ihn aus dem hinteren Teil des Saales. Er hatte sich nicht verändert in den Monaten, seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatte – äußerlich zumindest nicht –, doch irgendetwas war anders. Wahrscheinlich bemerkte sie es nur, weil sie ihn so gut kannte oder zu kennen glaubte, doch sie sah einen leicht abwesenden Ausdruck in seinen Augen, bemerkte eine Veränderung in seinem ganzen Verhalten. Dann war es wieder verschwunden, und

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