Töte mich - Osborne, J: Töte mich - Kill Me Once
Sie fertig?«
Der Fotograf verstand den Wink. »Ja, Ma’am. Sie gehört Ihnen.«
Dana schenkte ihm ein müdes Lächeln, das nicht bis zu ihren hellblauen Augen reichte. »Danke, Doug.«
Im Zimmer wimmelte es von gehetzt wirkenden forensischen Technikern, die sich gegenseitig anrempelten in ihrem Bemühen, auch die letzte Teppichfaser zu katalogisieren. Ein schneller Blick in die Runde verriet Dana alles, was sie wissen musste. Ein Ritualmord an einem Kind. Der Leichnam in einer bestimmten Pose drapiert. Groteske sexuelle Symbolik.
Es war der gleiche Perverse, der schon vier weitere kleine Mädchen in Cleveland und Umgebung getötet hatte.
Dana fuhr angewidert mit der Zunge über ihre Zähne. Sie jagten den Cleveland Slasher inzwischen seit drei Monaten, doch bis jetzt hatten sie keinen einzigen brauchbaren Hinweis, keine einzige Spur – sehr ungewöhnlich bei Serienmördern. Normalerweise waren diese Irren so sehr auf ihre steifen Schwänze fixiert, dass sie reichlich Spuren hinterließen, sodass man ihre Identität feststellen konnte. Nicht bei diesem Fall. Nicht bei diesem Typen. Er war anders. Ihn schien nicht der überwältigende Drang, Schwächere durch Sex zu unterwerfen, zum Töten zu treiben, sondern etwas anderes.
Aber was?
Dana schüttelte den Kopf, um den Gedanken zu verscheuchen, und konzentrierte sich wieder auf die vor ihr liegende Aufgabe. Mit einem Seufzer ging sie die bisher bekannten Fakten durch: fünf Leichen in neunzig Tagen. Alles Mädchen unter zehn Jahren. Alle mit einem Besenstiel vergewaltigt und der Länge nach aufgeschlitzt wie bei einer Autopsie.
Keinerlei Hinweise. Keine Spuren des Täters. Nichts. Es waren die saubersten Tatorte, die sie jemals vorgefunden hatten.
Aber vielleicht wurde selbst dieser Bastard, so gut er unzweifelhaft war, irgendwann nachlässig. In seiner offensichtlichen Eile, die Wohnung zu verlassen, hatte er diesmal die Mordwaffe vergessen: Ein Jagdmesser mit gezahnter Klinge, fleckig von hellrotem Blut, lag auf dem Boden, gleich neben dem kleinen Leichnam, den der Killer so brutal in Stück zerlegt hatte.
Fasziniert vom Anblick der Waffe bemerkte Dana dennoch, wie gewöhnlich und banal sie aussah. Kaum länger als fünfzehn Zentimeter und mit einem billigen Plastikgriff, war es ein Messer von der Sorte, wie man es bei Wal-Mart für weniger als fünfzehn Dollar bekam.
Wie kann etwas so Triviales einen so schrecklichen, irreversiblen Schaden anrichten?
Dana wandte sich an eine Technikerin und deutete auf das Messer. »Haben Sie das schon fotografiert?«
Die Frau nickte. »Ja, Ma’am.«
»Gut. Könnten Sie es für mich eintüten? Jetzt? Ich möchte, dass Sie es persönlich ins Labor bringen und analysieren lassen.«
Die Frau wirkte widerwillig, schien sogar ein wenig verärgert wegen des Auftrags.
Dana hob eine Augenbraue. »Gibt es ein Problem?«
Die Frau errötete. »Nein, Ma’am.«
»Gut. Danke. Ich weiß Ihre Hilfe wirklich zu schätzen.«
Während die Technikerin das Messer in einen Asservatenbeutel packte, ließ Dana den Blick rasch durchs Zimmer schweifen. Anderthalb Meter von dem ausgeweideten Leichnam entfernt stand eine billige Couch. Daneben entdeckte sie auf einem verschrammten Mahagonibeistelltisch mit abgestoßenen Ecken ein Foto in einem silbernen Rahmen. Gestern noch war Jacinda Holloway ein ausnehmend hübsches Mädchen gewesen. Ein süßes kleines Ding mit zahnlosem Grinsen. Nicht größer als eins zehn und höchstens fünfundzwanzig Kilo leicht. Ein rundes Engelsgesicht mit großen, glänzenden braunen Augen und kunstvoll geflochtenen kleinen Zöpfen mit bunten Haarspangen.
Das war vorbei. Für immer.
»Alles in Ordnung, Special Agent Whitestone?«
Verärgert wegen der Störung drehte Dana den Kopf und sah, wie sich ein Cleveland-Cop mit einer langen metallenen Greifzange vorbeugte, um einen blutigen weißen Latexhandschuh vom Boden aufzuheben. Sergeant Gary Templeton hielt den Handschuh hoch, um ihn eingehender zu inspizieren. »Dieser kranke Mistkerl hat die Innenseite wieder mit Feuchtigkeitslotion eingeschmiert.«
Templeton war Anfang vierzig und mit seinen fünfzehn Dienstjahren ein dekorierter Veteran der Cleveland Police. Ein hervorragender Cop und keiner von der Sorte, die so schnell das Flattern bekam. Kurz geschnittenes silbernes Haar, herbes Gesicht, durchdringend blaue Augen. Harte Muskeln spannten sich unter dem Stoff der navyblauen Hemdsärmel. Als Dana ihn vor drei Monaten zum ersten Mal gesehen hatte, hatte
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