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Töten Ist Ein Kinderspiel

Töten Ist Ein Kinderspiel

Titel: Töten Ist Ein Kinderspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Waffender
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in Ordnung zu sein. Wer konnte schon von sich behaupten, die Frau geheiratet zu haben, die er wirklich liebte, und einen Job zu machen, der ihm tatsächlich gefiel? Dass Sandra und er keine Kinder bekommen konnten, hatte er nie als Problem empfunden, vielmehr hatte es ihm die Entscheidung abgenommen, eine Familie zu gründen oder nicht. Vielleicht würden sie eines Tages ein Mädchen adoptieren, dann, wenn er auf der Karriereleiter noch die ein oder andere Stufe nach oben geklettert und Sandra zu alt wäre zum Modeln. Im Moment war alles perfekt.
    Gewesen.
    Es hatte den Bruchteil einer Sekunde gedauert, bis er Erika erkannt hatte und einen weiteren, bis jedes noch so gut im Innern verpackte Gefühl an die Oberfläche getreten war und sich in ihm ausgebreitet hatte wie ein Flächenbrand. Mitten in Berlin stand er in Flammen, hatte ihn ein Funke entzündet, der beinahe zwei Jahrzehnte unerkannt in ihm geglimmt hatte. Ungeschützt erfasste ihn eine rasende Wut, ihm wurde übel und er musste sich an der Ampel festhalten, die Erika noch untersagte, sich auf ihn zuzubewegen. Dann sprang das Licht auf Grün, er ließ sie an sich vorbeigehen und sah ihr nach.
    Als er ihr das erste Mal folgte, fühlte er nichts außer seinem Herzschlag bis in die Schläfen. Sein Kopf vermeldete Triumph, Euphorie und Angst. Er war nach ihr in die S-Bahn gestiegen, hatte sie von Weitem beobachtet, wie sie in einer Zeitschrift blätterte und um zu lesen eine Brille aus der Tasche holen musste. Ihm war, als könnte er jede einzelne ihrer Bewegungen voraussehen, so vertraut war sie ihm, gerade auf die Distanz. Nie hatte er sie vergessen, sich immer gefragt, wie sie wohl aussähe, heute, wenn es so sein sollte, dass sie noch lebte. Sie war wie vom Erdboden verschluckt gewesen, nun wusste er auch, weshalb: Sie hatte so schnell einen anderen geheiratet, dass ihm selbst ihr Name entglitten war. Er las ihn an dem Gartentor, hinter dem sie verschwunden war.
    Mangold.
    Von da an, folgte er ihr, wann immer sich ihm eine Gelegenheit bot. Er fand heraus, wo sie einkaufte, wann sie wo arbeitete und was sie tat, wenn sie nichts zu tun hatte. Immer hielt er gebührenden Abstand, obwohl er beinahe enttäuscht darüber war, dass sie ihn nicht bemerkte. Nach ein paar Tagen war er davon überzeugt, dass sie ihn selbst dann nicht erkennen würde, wenn er vor ihr stünde: Sie hatte ihn damals ausradiert wie einen Fehler im System, und die Möglichkeit seiner Existenz, noch dazu in ihrer Nähe, musste sie für vollkommen ausgeschlossen halten.
    Erikas Beschattung brachte seinen ganzen Aufenthalt durcheinander. Statt um neun kam er erst gegen halb elf ins Büro, am Nachmittag verschwand er für zwei Stunden und am Abend parkte er unweit von ihrem Haus, um zu sehen, ob sie noch ausging. Er hätte nicht genau sagen können, warum er all das tat, weshalb er so fahrig, nervös und rastlos war. Selbst die Telefonate mit Sandra konnten ihn nicht beruhigen. Er fühlte sich getrieben, als ob er etwas zu Ende bringen müsste, etwas ihm Unbekanntes, das ganz sicher nichts mit dem erfolgreichen Manager zu tun hatte, der er noch bis vor Kurzem gewesen war. Ein Dämon war in ihm aufgestiegen, ein Dämon, den er gut kannte, der ihn anstachelte, dafür sorgte, dass er sich in seinen Leihwagen setzte, immer auf der Spur einer Frau, die nicht weniger gealtert war als er selbst und unnahbar. Und doch glaubte er, ihr in die Seele schauen zu können, wenn er nur lange genug hinsähe. Immer noch wollte er sie haben und es trieb ihm Nägel in die Brust, dass sie ihn immer noch verschmähte.
    Im Laufe der Tage und Wochen hatte er sich immer näher an sie herangewagt, bis er fast die Hand nach ihr hätte ausstrecken können. An einer Straßenecke in der Nähe der Kirche hatte sie sich dann beim Telefonieren unverhofft schnell umgedreht und ihm geradewegs in die Augen geblickt. Wie in Zeitlupe hatte sie das Handy sinken lassen und war einen Schritt zurückgewichen, so, als hätte sie den leibhaftigen Teufel gesehen. Valero hatte sich nicht vom Fleck gerührt. Er wusste, wohin auch immer sie würde flüchten wollen, sie könnte nicht mehr vor ihm fortlaufen.

Elf
    Es war einfach gewesen, abzudrücken. Ich musste bloß das Foto in mir aufsteigen lassen, das Hannes und mich halbnackt und gefesselt in meinem Bett zeigte, und ich wusste: Wer dazu fähig war, würde auch einen Schritt weitergehen. Oder zwei. Oder so viele, wie nötig waren, um sich wie Gott zu fühlen.
    Udo Erdmann fühlte gar

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