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Töten Ist Ein Kinderspiel

Töten Ist Ein Kinderspiel

Titel: Töten Ist Ein Kinderspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Waffender
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scharfen Ränder der Blätter in seine Haut schnitten, sein Fleisch durchdrangen und sich ihm in die Eingeweide bohrten. Er wollte die grünen Ketten sprengen, aber seine Kräfte hatten bereits nachgelassen, er spiegelte sich bereits in seinem eigenen Blut, in dem seine Füße badeten. Ganz tief aus ihm kam ein stummer Schrei, er kämpfte sich durch Mark und Bein, schließlich durch die Kehle und endete in einem lauten Stöhnen, von dem er zitternd erwachte.
    Die Dämmerung hatte den See und den Wald in silbriges Grau getaucht, trotz der anhaltenden Wärme schien es ihm, als hätte sich eisige Kälte auf ihn nieder gesenkt. Hastig sprang er auf, zog sich Hose und T-Shirt an und schlüpfte in seine Schuhe. Erst dann setzte er sich in den Sand, verschränkte die Arme auf den Knien und begann, nach einem tiefen Luftholen, zu weinen.
    Du verschwendest Wasser, Sánz, mahnte eine innere Stimme, doch Verónica schaffte es nicht, den breiten Strahl der Dusche, der sich in der genau richtigen Temperatur mit angenehmem Druck über ihre nackte Haut ergoss, abzudrehen und sich abzutrocknen. Mit geschlossenen Augen lehnte sie an der gekachelten Wand und versuchte an nichts anderes zu denken als an das gleichmäßige Rauschen, das sie umgab. Schaumige Wellen, wilder Wind, stürmische See. Das einzige, das nicht dazu passte, waren die stakkatoartigen hohen Töne, die sich durch den Spalt der geschlossenen Badezimmertür, die Verglasung der Duschkabine, an ihrem feuchten Körper hinauf zu ihrem Ohr drängten: Ihr Handy klingelte.
    Abrupt drehte sie das Wasser ab, wickelte sich ein Badehandtuch um die Hüften, riss die Tür auf, stürzte zum Bett, griff in die rechte Hosentasche ihrer Jeans, klappte das Handy auf und drückte auf die Taste mit dem kleinen grünen Hörer.
    „Sánz?“
    „Nowak.“
    „Hallo.“
    „Hallo.“ Inge räusperte sich. „Ich wollte fragen, ob es bei unserer Verabredung morgen bleibt?“
    „Von mir aus schon.“
    „Gut.“
    Verónica wusste, dass es an ihr war, jetzt etwas Versöhnliches zu sagen, aber nichts Freundliches wollte ihr über die Lippen. Sie hatte eine Entschuldigung erwartet, keine Terminabsprache.
    „Ich versuche, gegen sechs zu Hause zu sein, wenn nicht, weißt du ja, wo der Schlüssel liegt.“
    „Klar.“ Sie wusste, was es Inge gekostet haben musste, überhaupt anzurufen. Und doch konnte sie den Streit vom Morgen nicht einfach so ad acta legen. Die Kränkung hielt sie zurück, ein Entgegenkommen war nicht möglich.
    „Ich weiß“, Inges Stimme wurde dunkler, „das war keine Glanzleistung, heute morgen. Aber ich war einfach geschockt.“ Dann, schneller: „Und ich verstehe es einfach nicht.“
    „Vielleicht muss man nicht immer alles verstehen.“
    „Tut mir leid.“
    „Wirklich?“
    „Was meinst du damit? Reicht es dir nicht, wenn ich mich entschuldige?“
    „Mir geht es nicht darum, dass du die Schuld auf dich nimmst. Ich will wissen, ob du verstehst, was es mit mir gemacht hat.“
    „Was glaubst du wohl, was es mit mir macht, wenn ich meine Freundin unverhofft auf der Straße treffe, wo ich sie in einem anderen Land vermute?“
    „Aha. Jetzt geht es also um dich.“
    „Es geht vor allem nicht nur um dich.“
    „Vor allem, klar.“
    Aus ihren nassen Haaren liefen dicke Tropfen über ihr Gesicht und Verónica hätte sich dafür ohrfeigen können, unter der Dusche hervorgesprungen zu sein, um das Gespräch entgegenzunehmen.
    „Müssen wir schon wieder streiten? Kann ich nicht einfach einen Tag früher in Berlin sein und meine Sachen machen?“ Sie hatte den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, da wusste sie bereits, wohin er führen würde.
    „Ich habe es dir heute morgen schon gesagt: Du kannst machen, was du willst. Lass mich nur einfach wissen, wo die Grenze zwischen deinen und meinen Sachen ist.“ Inge holte Luft. „Und wundere dich nicht, wenn ich in Zukunft auch meine Sachen mache, ohne dich davon in Kenntnis zu setzen.“
    „Inge …“
    „Ich weiß, wie ich heiße.“
    „Wieso, verdammt, kannst du nicht einfach mal einen Fehler zugeben? Du bist nicht Señora Perfecta!“ Nun war es Verónica, die zum Angriff überging. „Immer gibt es einen Grund und eine Erklärung für dein Verhalten. Du verträgst einfach keine Kritik. Schon mal was davon gehört, dass die Medaille immer zwei Seiten hat? Für dich zählt immer nur eine: deine!“
    „Möchte nur mal wissen, was du mit einer solchen Egomanin wie mir eigentlich willst? Gute Kontakte zur deutschen

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