Töten ist ganz einfach: Thriller (German Edition)
sauber investieren. Die Baubewilligung, der Börsegang, die Investitionen in das Stadtteilprojekt, es gab so viel zu tun und Bogdan Drakovic wurde ein wenig nervös, wenn er an die arbeitsintensiven Wochen dachte, die vor ihm lagen. Doch wenn die Knochenarbeit vorbei war, dann konnte Royal International als börsenotiertes Unternehmen in das Ses-Corvetes-Projekt auf Mallorca investieren, auch in das riesige Fachmarktcenter in der Ukraine, dann war alles legal.
Vorsichtig tippte er die Glut seiner Zigarre in den großen silbernen Aschenbecher, der auf einem filigranen goldenen Dali-Vogeltisch stand und seinem Vater Igor gehörte. Sein Vater mit dem Vogeltick, mit diesen grässlichen Käfigen, die überall in seinem Palais in Palma herumstanden und die Bogdan Drakovic so verabscheute. Doch bald würden diese Vögel gemeinsam mit seinem Vater der Vergangenheit angehören, dann, wenn er, Bogdan Drakovic, als CEO die Macht über Royal International erlangt hatte, wenn er der Leitwolf war. Die Geschäfte mussten neu organisiert und über ein Netz an Beteiligungen und Tochterfirmen zu einer gigantischen Geldwaschanlage umfunktioniert werden.
Doch im Augenblick hatte die Baubewilligung für das Stadtteilprojekt in Linz absolute Priorität. Aus diesem Grund hatte er auch das Meeting mit dem Stadtrat Stanislaus Lange vereinbart. Die diversen Prüfer und Gutachter zogen den Bericht schon zu sehr in die Länge. Zwar wurden sie alle mit großzügigen Zuwendungen bedacht, doch die letzte Unterschrift war die von Stanislaus Lange.
Der Security-Mann winkte den Besucher desinteressiert durch und widmete sich sofort wieder dem Film, der auf einem kleinen portablen DVD-Player lief. Das blaue Licht, das die gläserne Liftkabine beleuchtete, warf Schatten über das Gesicht des Mannes, verlieh seiner Haut eine geisterhafte Blässe, die perfekt zu seinem Gemütszustand passte.
Stanislaus Lange war in das Royal International Headoffice gekommen, um reinen Tisch zu machen, um endlich einen Schnitt in seinem Leben zu setzen, eine Wendung, damit er am Ende vielleicht doch auf etwas Positives in seinem ansonsten nicht sehr rühmlichen Leben zurückblicken konnte. Er war über sich selbst überrascht. Überrascht war vielleicht nicht das richtige Wort: Er war erstaunt. Ein Telefonat, ein einziger Telefonanruf hatte ihm plötzlich vor Augen geführt, was für eine erbärmliche Existenz er doch war. Es war nicht irgendein Anruf gewesen – es war das Gespräch mit seiner Tochter Anna, mit der er einige Zeit lang kein Wort gewechselt hatte, die er komplett aus seinem Leben verdrängt hatte und deren wechselhafte Geschichte er nur von der Ferne beobachtet hatte, als unbeteiligter Zuseher, als jemand, der damit nichts zu tun hatte.
Doch jetzt war alles anders. Er würde nicht mehr mit Bogdan Drakovic zusammenarbeiten, nicht mehr Baubewilligungen, Gutachten und was sonst noch so an Gefälligkeiten von ihm erwartet wurde, erfüllen. Er würde Bogdan Drakovic aus seinem Gedächtnis streichen.
Im Radio hatte er gehört, das der Türke Üzkül Bordar Opfer eines Eifersuchtsmordes geworden war, also hatte er auch von dieser Seite nichts mehr zu befürchten. Bogdan Drakovic hatte kein Druckmittel mehr gegen ihn in der Hand, Bogdan Drakovic war ungefährlich, Bogdan Drakovic war für ihn Vergangenheit.
„Du hast mich warten lassen, Lange“, sagte Bogdan Drakovic, anstelle einer Begrüßung, als er das Büro betrat. Drakovics Augen glänzen, wahrscheinlich hat er sich mit einer Prise Kokain aufgeputscht, dachte Stanislaus Lange und erwiderte betont gleichgültig, während er sich ungefragt auf einen Stuhl setzte: „Ich hatte noch einiges zu erledigen!“
Wie immer trug er sein abgewetztes Tweedsakko mit der Rotarynadel am Aufschlag und seine ausgebeulten Cordhosen. Seine Kleidung stand in krassem Gegensatz zu dem gelackten Äußeren von Bogdan Drakovic, doch Stanislaus Lange wusste, dass er sogar jetzt noch mehr Format hatte, als dieser Drakovic jemals bekommen würde.
„Die Baubewilligung, warum zieht sich das so?“ Ärgerlich goss sich Drakovic einen großen Whiskey ein, trank das Glas in einem Schluck leer, schenkte sich sofort nach.
„Ich sage dir, Lange, lange sehe ich mir das nicht mehr an!“ Er lachte laut auf.
„Lange und lange, das ist gut!“ Mit dem Whiskeyglas deutete Drakovic auf ihn.
„Nächste Woche liegt die Bewilligung hier auf dem Tisch, sonst ...“ Drakovic ließ den Rest des Satzes unausgesprochen in der Luft
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