Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toggle

Toggle

Titel: Toggle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Felix Weyh
Vom Netzwerk:
Kein Chat untereinander bleibt verborgen.«
    Die Inderin senkte den Kopf und beschloss, auf weitere Extratouren zu verzichten.
    »Ein Buch findet den Weg in die Herzen der Menschen. Das wird nicht immer so bleiben, aber noch ist es so. Damit habt ihr auch die Antwort darauf, warum Toggle ein Buchscannprogramm durchführt. Es ist die Hülle, in die man schöne Legenden betten kann.«
    »Ich kenne da eine bessere Erklärung«, widersprach der rotgesichtige Österreicher. »Die geht so: Grin und Cage ließen sich nach dem Börsengang einen Swimmingpool mit Golden Eagles füllen, badetendarin wie Dagobert Duck, warfen die Münzen in die Luft und riefen: ›Wow, wir sind stinkreich! Wir haben mehr Geld als Bill Gates! Was würde Bill Gates nie tun? Alle Bücher der Welt scannen? Okay, dann machen wir das! Mann, wird der sich ärgern!‹«
    Die anderen lachten. Der Mann lächelte.
    »Nicht schlecht«, sagte er. »Die Anekdote verkennt zwar den untrüglichen Geschäftssinn eurer Firmengründer, der sich keineswegs vor dem eines Bill Gates verstecken muss, aber sie enthält ein Quäntchen Wahrheit. Tatsächlich gibt es auf der Welt mehr als nur Geschäftssinn.« Der Mann beugte sich vor, so dass sein Gesicht das ganze Videostreamfenster ausfüllte. »Die Leitung des Projekts Pandemie glaubte, Toggle Books zu benötigen, um Toggle Democracy darin unterzubringen. Kurzum: Tod .«
    Weil alle Englisch sprachen, störte sich niemand an dem Wort. Aber dem Mann gefiel es. Es stand für ein Ende.

[Menü]
    75
   A24 (Höhe Schwerin)
Freitag, 30.   Juli, 20   :   30
    »Computer? Mit Computern kannst du mich jagen!«, sagte das Mädchen, als ihr Kingfish die Frage nach seinem Beruf wahrheitsgemäß beantwortet hatte.
    Der Pole war von der Tramperin enttäuscht. Hundert Kilometer lang hatte sie geschwiegen, und kaum begann er von seinen Interessen zu erzählen, setzte sie eine genervte Miene auf. Andererseits galt das ungeschriebene Gesetz des Trampens, das dem Fahrer die Auswahl der Musik und der Gesprächsstoffe zuerkannte.
    »Wie alt bist du?«, hob er an. »Sechzehn? Siebzehn? In deinem Alter muss man sich für Computer interessieren!« Er kam sich beinahe wie ein Lehrer vor. »So wie man sich im Wilden Westen für Pferde zu interessieren hatte. Sonst war man aus dem Spiel.«
    »Das Spiel interessiert mich aber nicht.«
    »Also fangen wir mit einem Spiel an«, ging Kingfish darüber hinweg. »Erwartet ja keiner, dass du in Objective-C codest, das ist nurwas für Erwählte. Aber ein bisschen Spielfreude tut keinem weh. Ich zum Beispiel habe das Aquariumsspiel erfunden.«
    Jetzt hatte er mit einem Minimum an Höflichkeit einen Bogen zu seinem Lieblingsthema geschlagen. »Hast du einen Account bei Myface?«
    »Hä?«, machte Anna-Katharina. Natürlich wusste sie, wovon er sprach. Doch sie verachtete alle Gleichaltrigen, die das Herumgestammel im Internet als Freundschaftsbeweis akzeptierten. Myface erlaubte ja nicht mal richtige Tagebucheinträge, nach 420 Zeichen war Schluss. Da blieb sie lieber einsam.
    »Sehr gut!«, lobte Kingfish. »Die haben bei Myface einen Switch-Login-Schalter für ihre Mitarbeiter. Von jedem Computer in ihrer Zentrale aus können sie sich in jeden beliebigen User verwandeln und dessen Einträge lesen. Und ich kann dir versichern, dass die Myface-Idioten genau das den lieben langen Tag tun!«
    Er verschwieg, dass er dasselbe bequem von seinem Notebook aus erreichen konnte. Bis auf einige schmerzliche Ausnahmen im militärischen Bereich lag die Datenwelt wie ein offenes Gelände vor Kingfish.
    »Aber das nur am Rande. Ich wollte dir nämlich erzählen, dass ich auch mal ein soziales Netzwerk erfunden habe. Für Fische.« Er gluckste leise in sich hinein. »Das war lange, bevor es Myface und den ganzen anderen Mist überhaupt gegeben hat. Begann 1999, als wir gerade Toggle aus der Taufe hoben. Toggle – bekannt?«
    Anna-Katharina nickte widerwillig.
    »Na also! Aus dir wird doch noch ein Nerd! Alle sagten damals: Datenmeer, Datenmeer! Mehr Daten, Datenmeer! Noch mehr Daten, Datenmeer! Aber wo waren die Fische, hab ich mich gefragt? Da waren keine Fische. Bis ich alle Computer vernetzte und ein paar Fische reinprogrammierte. Die schwammen nachts von Computer zu Computer, vermehrten sich und waren glücklich.«
    »Ist das alles?«, fragte Anna-Katharina. Selbst als Computerlaie wusste sie, dass Aquariumsbildschirmschoner ein uralter Hut waren – fast so alt wie der Computer an sich. Außerdem hätte sie

Weitere Kostenlose Bücher